Mülheim. Sie trugen Mülheimer Punk weit über Stadtgrenzen hinaus. Nach vier Jahrzehnten lösen sich die Lokalmatadore auf. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Sie sind eine Institution der deutschen Punkszene und ihr Name ist Programm: die Lokalmatadore. Gegründet in einer Zeit, als der Mauerfall noch in weiter Ferne lag, wird sich die Mülheimer Band im nächsten Jahr, nach vier Abschiedskonzerten, auflösen. Wir blicken gemeinsam mit Ihnen zurück - auf mehr als 40 Jahre Band-Geschichte.

Christof „Fisch“ Schneiderbanger ist der Sänger der Band und stieß vor 37 Jahren dazu. In den ersten Jahren seit der Gründung 1982 hatte noch Michel „Bubba“ Toenges sowohl für Gitarre, als auch Gesang verantwortlich gezeichnet. „Singen, Gitarre und Saufen war dann aber irgendwann eins zuviel“, lacht „Fisch“, der den Gesangspart übernahm und seit 1987 bei den Lokalmatadoren am Mikrofon steht.

Mülheimer Bands: Von der Pissrinne zur Bluttat und den Lokalmatadoren

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„Bubba“ Toenges, der einer der kreativen Köpfe der Band war und viele Songs der Band geschrieben hat, konzentrierte sich von diesem Moment an auf das Gitarrenspiel. Vor einem knappen Jahrzehnt musste er aus gesundheitlichen Gründen seine Band-Aktivitäten einstellen. Vor der Gründung der Lokalmatadore war er bereits Mitglied bei der Punk-Band Pissrinne gewesen, aus der später die Band Bluttat hervorging. Die Bekanntschaft zwischen ihm und Lokalmatadore-Bassist „Rommel“ war es, die zur Gründung der Band führte.

Jörg „Blüm“ Neuenfeldt ist „erst“ seit etwas mehr als 30 Jahren dabei. Der erste Schlagzeuger aus den Tagen der Gründung hatte 1992, unmittelbar nach einem Konzert in der Freilichtbühne, seinen Austritt aus der Band erklärt, „und Jörg stand zufällig im Backstage-Bereich rum“, erinnert sich „Rommel“ mit einem Blick auf seinen Band-Kollegen, der heute die Drumsticks fliegen lässt.

Gründungsmythen des Punk: Schlagzeuger beim Bier „überrumpelt“

Der kann sich noch gut an den Moment seines Einstiegs erinnern. „Ich stand da und hab‘ in Ruhe mein Bier getrunken und dann haben die mich einfach überrumpelt und gefragt, ob ich in zwei Wochen, beim nächsten Auftritt, Schlagzeug spielen möchte – und ich habe dann einfach ‚OK‘ gesagt“, grinst „Blüm“ und ergänzt lachend, dass bei dieser leichtfertigen Zusage vielleicht auch die Menge des bis zu diesem Moment konsumierten Bieres eine Rolle gespielt haben könnte.

Ungeachtet dessen schaffte er sich 20 Lokalmatadore-Songs drauf, absolvierte seinen ersten Auftritt mit seiner neuen Band erfolgreich und wurde ein Lokalmatador. Der Auftritt sei OK gewesen, erinnert sich. „Wir haben ihn uns schön gesoffen“, wirft Fisch lachend von der Seite ein. Für eine Tour seiner neuen Band kündigte „Blüm“ sogar seinen damaligen Job.

„Normi“ ist der Benjamin der Band. Er kam 2015 für „Bubba“ Toenges zu den Lokalmatadoren. „Wir kannten uns aber schon zwanzig Jahre länger, weil wir unsere Probenräume im selben Gebäude hatten“, erinnert er sich. So kam dieser Kontakt zustande und wurde er schließlich ebenfalls ein Band-Mitglied.

Süßer wohl die Glocken nie klangen: Im Alten Schilderhaus stimmten 2011 die Lokalmatadore auf Weihnachten ein.
Süßer wohl die Glocken nie klangen: Im Alten Schilderhaus stimmten 2011 die Lokalmatadore auf Weihnachten ein. © Christoph Wojtyczka / WAZ FotoPool | Christoph Wojtyczka

Viel erlebt - „aber wir können uns nicht mehr erinnern“

In ihrer langen Geschichte hat die Punk-Formation sehr viel erlebt. „Wir können uns aber nicht mehr an alles erinnern“, lacht „Fisch“, was an dem damaligen ausufernden Alkoholkonsum gelegen habe, sagt er, der seit 2001 selbst gar keinen Alkohol mehr trinkt. Die Lokalmatadore traten bundesweit auf, spielten in Österreich, der Schweiz und auch einmal in den Niederlanden und Prag.

Geprobt wurde einige Zeit in den Räumlichkeiten des Kinos am Kassenberg, wo auch das unter Mülheimer Punk-Fans legendäre Silvester-Konzert 90/91 stattfand. „Wir haben damals selbst ne Holzbühne gebaut und dann waren ungefähr 300 Punks da, die bis auf die Straße standen“, erinnert sich „Rommel“, als sei es gestern gewesen. „Da gab´s gar keine Toiletten. Wer pinkeln musste, ist zum Ruhr-Ufer runtergegangen.“

Angesichts dieser Gesamtsituation war wohl niemand wirklich überrascht, als irgendwann die Polizei auftauchte. Das Gespräch sei eher kurz gewesen. „Die standen vor der Wahl uns zu bitten, von der Straße zu gehen und keine Scheiße zu bauen oder ein Konzert mit 300 Punks zu beenden und zu räumen“, grinst „Rommel“. Das Konzert ging weiter.

„Viel erlebt“: 2010 lieferten die Lokalmatadore wieder mal eine neue Platte ab - nach zehn Jahren.
„Viel erlebt“: 2010 lieferten die Lokalmatadore wieder mal eine neue Platte ab - nach zehn Jahren. © Lokalmatadore

Nur vier Abschiedskonzerte geplant: „Wir müssen ja arbeiten“

So kam in über vier Jahrzehnten Band-Geschichte eine Menge zusammen. Lebensschwerpunkte änderten sich und die Jahre und Jahrzehnte forderten unerbittlich ihren Tribut. Obwohl sich die Band auflösen wird, sind einige ihrer Mitglieder weiterhin in anderen Formationen unterwegs, so dass es Gelegenheiten geben wird, den einen oder anderen Lokalmatador auf der Bühne wiederzusehen.

Zunächst waren zwei Abschiedskonzerte geplant. Die waren aber so schnell ausverkauft, dass zwei weitere Termine angesetzt wurden. Wer die Band gemeinsam auf der Bühne sehen möchte, der muss sich aber trotzdem bereits eine Karte für eines der vier Konzerte vom 13.-16. Februar gesichert haben, denn auch die Tickets für die beiden zusätzlichen Konzerte waren binnen weniger Tage vergriffen. Fisch erklärt‘s so: „Wir hätten noch mehr Konzerte spielen können, aber wir müssen ja arbeiten“

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