Mülheim. Gerade erst die neue Deutschland-Zentrale am Flughafen Essen-Mülheim bezogen, stehen bei Pitstop große Veränderungen an. Was das bedeutet.

Noch sehr frisch ist die neue Heimat an der Brunshofstraße am Flughafen Essen-Mülheim, da stehen für die Werkstattkette Pitstop wegweisende Veränderungen ins Haus: Ein großer Versicherer wird Hauptgesellschafter.

Wenn die Kartellbehörde zustimmt, übernimmt die HUK-Coburg Mobilitätsholding GmbH, eine Tochter des Versicherungskonzerns HUK-Coburg, ab dem 2. Januar mehrheitlich die Anteile an Pitstop. Die HUK-Tochter war bereits seit 2022 mit 25,1 Prozent an der Werkstattkette beteiligt. Jetzt will sie auf 84,9 Prozent aufstocken. Der bisherige Mehrheitsgesellschafter Stefan Kulas, gleichsam Geschäftsführer des Unternehmens mit Hauptsitz auf den Raadter Höhen, will seine Firmenanteile komplett abtreten. Als Minderheitsgesellschafter neben der HUK bliebe dann nur Reifenhersteller Bridgestone (15,1 Prozent), der wie der Versicherer seit Ende 2022 an Bord ist.

Bisheriger Mehrheitseigner trennt sich komplett von seinen Pitstop-Anteilen

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Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärte Kulas jetzt seine Beweggründe für die Entscheidung, sich komplett von seiner Mehrheitsbeteiligung zu trennen. „Wir glauben, die Herausforderungen, die wir haben, mit der Kooperation besser bewerkstelligen zu können“, sagt er und prognostiziert, dass aus der engeren Verzahnung mit dem größten deutschen Autoversicherer (nach eigenen Angaben mehr als 13 Millionen versicherte Fahrzeuge) Synergien zu ziehen sein werden. Außerdem, so bemerkt Kulas nebenbei, sei nie geplant gewesen, die eigenen Kinder in die Verantwortung für Pitstop zu zwängen.

„Für mich persönlich kommt es zehn Jahre zu früh“, sagt Kulas zwar zum angepeilten Übergang seiner Pitstop-Anteile an die HUK, er ist erst 48 Jahre alt. Doch strategisch-wirtschaftlich sei es jetzt der richtige Zeitpunkt, mit der HUK etwa den Datenaustausch zu intensivieren oder über die Kooperation dauerhaft zu mehr Kunden zu kommen. Der Versicherungskonzern werde auch helfen, „die Bürokratie, die für uns im Mittelstand kaum noch zu schultern ist“, zu bewältigen, so Kulas mit Blick etwa auf geforderte Umweltreportings oder Anforderungen aus dem Lieferkettengesetz.

Kooperation mit Versicherer HUK-Coburg soll Pitstop stärker wachsen lassen

Pitstop hat erst in jüngerer Vergangenheit seinen Firmensitz von Essen-Kettwig nach Mülheim-Raadt verlegt und dort am Flughafen neu gebaut.
Pitstop hat erst in jüngerer Vergangenheit seinen Firmensitz von Essen-Kettwig nach Mülheim-Raadt verlegt und dort am Flughafen neu gebaut. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Kulas bleibt Geschäftsführer bei Pitstop. Als zusätzliche Kraft ins dann fünfköpfige Team der Geschäftsleitung rückt Florian Riedel nach. Er ist bisher verantwortlich für das Beteiligungs- und Kooperationsmanagement bei der HUK-Coburg und wäre künftig dann die direkte Nahtstelle zum neuen Hauptgesellschafter.

Mit der HUK zusammen glaubt Kulas noch mal stärkeres Wachstum für Pitstop möglich machen zu können. Man habe zuletzt schon getestet, welche Verzahnung in Zukunft möglich werden könne. So habe man gemeinsam eine neue Pitstop-Niederlassung in St. Augustin geplant - mit einem HUK-Kundenbüro im Haus. „Das läuft sehr erfolgreich“, sagt Kulas und kündigt an, dieses Modellprojekt ausrollen zu wollen. An immer mehr Standorten wollen Pitstop und HUK-Coburg im Duett präsent sein.

Pitstop-Chef Kulas: Garantie für Standort am Flughafen Essen-Mülheim für „mindestens 15 Jahre“

Jeder der Partner soll seine ureigene Expertise ins Gemeinschaftsprojekt einbringen. Etwa will Pitstop laut Kulas das komplette, bislang von Düsseldorf aus gemanagte Geschäft des HUK Autoservice unter sein Dach nehmen. Das Pitstop-Konstrukt werde ansonsten unangetastet bleiben, sagt der 48-Jährige.

Für die neue Firmenzentrale am Flughafen Essen-Mülheim gebe es „das Agreement, mindestens die nächsten 15 Jahre hier zu bleiben“. Für die rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon circa 90 in der Mülheimer Zentrale, ändere sich unter dem neuen Mehrheitsgesellschafter nichts.

Stefan Kulas, Geschäftsführer der Werkstattkette Pitstop.

„Es gibt das Agreement, mindestens die nächsten 15 Jahre hier zu bleiben.“

Stefan Kulas
Pitstop-Geschäftsführer

„Durch die Mehrheitsbeteiligung vollziehen wir konsequent den nächsten Schritt in der Ausrichtung der HUK-Coburg als Serviceanbieter rund um Mobilität“, sagt Klaus-Jürgen Heitmann, Sprecher des Vorstands der Versicherungsgruppe, zum angestrebten Deal, dem nur noch die Kartellbehörde zustimmen muss. Angesichts zukünftiger Veränderungen bei privater Mobilität sei es essenziell, für Kunden relevant zu bleiben. „Mit dem nun breiteren Spektrum an Dienstleistungen rund um das Auto sind wir direkt an der Kundenschnittstelle, die über das Versicherungsgeschäft hinausgeht.“ Die HUK betreibt etwa auch die Online-Börse „Autowelt“ für Gebrauchtwagen.

Trotz Kooperation mit Kfz-Versicherer: Pitstop plant keine Unfallreparaturen

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Mit einer Fehlinterpretation, die dieser Tage durch die Medienwelt geistert, will Pitstop-Chef Kulas aber aufräumen: Seine Werkstattkette werde auch in Zukunft beim reinen Autoservicegeschäft bleiben, „wir werden keine Unfallschäden betreuen“. Die rund 300 eigenen Werkstätten in gut 200 deutschen Städten würden auch in Zukunft nicht etwa mit Lackierkabinen ausgestattet, auch Karosseriewerkstätten seien nicht geplant.

Pitstop hatte 1971 seine erste Filiale eröffnet. 2013 setzte Kulas zum Management-Buy-Out an und wurde zum alleinigen Gesellschafter der Werkstattkette. Er erinnert daran, dass er mit diesem Invest seinerzeit einen geplanten Verkauf von Pitstop „an eine Heuschrecke“ verhindert habe.

Die Übernahme der Mehrheitsanteile durch den Versicherungskonzern HUK-Coburg soll bei der am Flughafen Essen-Mülheim ansässigen Werkstattkette Pitstop keine Auswirkungen für Beschäftigte haben.
Die Übernahme der Mehrheitsanteile durch den Versicherungskonzern HUK-Coburg soll bei der am Flughafen Essen-Mülheim ansässigen Werkstattkette Pitstop keine Auswirkungen für Beschäftigte haben. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Nach dreijähriger Sanierungsphase schreibe das Unternehmen seit 2014 schwarze Zahlen. Der Umsatz sei im vergangenen Geschäftsjahr um neun Millionen auf 133,6 Millionen Euro geklettert. „Das operative Ergebnis in diesem Jahr liegt im niedrigen zweistelligen Millionen-Bereich und ist so gut wie in den letzten 20 Jahren nicht“, so der Geschäftsführer, der die Werkstattkette auch im Vergleich zur Konkurrenz sehr gut aufgestellt sieht.

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