Mülheim. Es wird eine der herausragenden Mülheimer Firmenansiedlungen 2021 werden. Die Werkstattkette Pitstop baut am Flughafen ihre neue Zentrale.
Am Flughafen haben die Bauarbeiten für einen neuen Hauptsitz von Autowerkstätten-Betreiber Pitstop begonnen. Das Unternehmen will noch in diesem Jahr von Essen nach Mülheim umsiedeln.
Die Baustelle an der Brunshofstraße in Raadt ist eingerichtet, Erdarbeiten bereits abgeschlossen, aktuell schalen Bauarbeiter die Bodenplatten: Die neue Pitstop-Zentrale am Flughafen soll in den kommenden Monaten zügig Gestalt annehmen. Noch in diesem Jahr will die Pitstop-Verwaltung mit gut 80 Mitarbeitern von Kettwig nach Mülheim rübermachen. Trotz etwas Zeitverzugs auf der Baustelle, bedingt durch den Wintereinbruch zuletzt, ist Pitstop-Geschäftsführer Stefan Kulas „guter Dinge“, im Laufe des Frühjahrs zurück in den gesteckten Zeitplan zu kommen.
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Pitstop investiert insgesamt 5,3 Millionen Euro am Flughafen Essen-Mülheim
Pitstop investiert laut Kulas 4,3 Millionen Euro in den Neubau, die gesamte Investition samt Grundstückskauf umfasst noch mal eine Million Euro mehr. Der Werkstatt-Riese mit seinen weit mehr als 300 Autowerkstätten und rund 1330 Mitarbeitern will künftig von Mülheim aus seine Geschäfte steuern. Das Unternehmen setzt auf weiteres Wachstum. Die neue Firmenzentrale ist auf 20 Prozent mehr Verwaltungsmitarbeiter ausgelegt, hat Platz für 100 Büroarbeitsplätze. Das Grundstück bietet noch Platz für mögliche Erweiterungen.
Dazu ist ist eine firmeneigene Schulungsakademie eingeplant, in der Werkstatt-Mitarbeiter aus Nah und Fern in Theorie und Praxis fit gemacht werden können im Umgang mit technischen Neuerungen, insbesondere mit neuen Antriebstechniken. Das Trainingszentrum wird aber wohl erst im Laufe des Jahres 2022 ihren Betrieb aufnehmen. Auf zunächst geplante 16 Hotelzimmer für Schulungsteilnehmer verzichtet Pitstop denn doch. Das Unternehmen setzt hier auf Kooperationen mit der örtlichen Hotellerie. Im Foyer des Neubaus soll es aber die Möglichkeit zum Catering für Schulungsteilnehmer geben, sagt Architekt Martin Smyk vom Mülheimer Architektürbüro Smyk-Fischer, das die Pitstop-Zentrale geplant hat.
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Mülheimer Architekt verspricht Anmutung von Leichtigkeit
Die mit ihrer Längsseite zum Flugfeld führende Kubatur des dreigeschossigen Gebäudes wird in ihrer Erscheinung stark von einer Lamellenstruktur geprägt sein, die die beiden Obergeschosse erfasst. Smyk spricht davon, dass man sich in der Gestaltung an der Form eines Propellers, von Flügeln orientiert habe, um den Sitz am Flughafen auch in der Architektursprache zum Ausdruck zu bringen. Das Gebäude werde eine Anmutung von Leichtigkeit haben. Die Lamellen übernehmen gleichzeitig die Funktion von Wind- und Sonnenwächtern und dienen der energetischen Steuerung.
Das Erdgeschoss ist dort, wo nicht Gebäudetechnik oder Lagerräume untergebracht sind, offen und transparent geplant. Es wird laut Smyk Einblicke in Foyer und Schulungsbereiche ermöglichen. Zum Flugfeld hin sind Terrassenbereiche geplant. In diesem Bereich soll die Fassade begrünt sein.
Pitstop-Chef verfolgt Diskussion um Zukunft des Flughafens „mit Argusaugen“
Baufortschritte werden laut Smyk und Kulas schnell zu sehen sein, es wird in Skelettbauweise mit Fertigbauteilen gearbeitet. Als Erstes werden gebäudehohe Stützen in den Himmel ragen.
Nicht herausragend findet Pitstop-Chef Kulas die aktuelle Debatte um das Aus für den Flughafen. Zum Zeitpunkt, als man das Grundstück von der Stadt erworben habe, seien die Signale pro Flughafen doch größer gewesen. Man verfolge die Diskussion um Masterplan und Flugbetrieb „mit Argusaugen“, so Kulas, denn für Pitstop sei der Flughafen ein wichtiger Standortvorteil.
„Es fehlt seitens der Verantwortlichen der Wille, die Sache anzupacken und zu lösen“
„Wir sind relativ stabil durch die Krise gekommen“
„Wir sind relativ stabil durch die Krise gekommen, haben keine Verluste geschrieben“, bilanziert Pitstop-Geschäftsführer Stefan Kulas das Corona-Geschäftsjahr 2020. Es habe keine betriebsbedingten Kündigungen geben müssen.
Die Corona-Zeit habe Pitstop genutzt, um einige Projekte schneller voranzutreiben. „Wir haben 2020 ungewollt genutzt, uns komplett zu digitalisieren“, so Kulas. Eine neue, cloudbasierte Software sei ausgerollt für das operative Geschäft in den Filialen und in der Zentrale. So sei ein neues „Herzstück der Werkstätten“ geschaffen, „unglaublich flexibel und transparent“.
Kulas mahnt an, der Wirtschaft vor Ort eine verlässliche Perspektive zu schaffen. In der Mülheimer Debatte steckt ihm zu viel „Schwarz-Weiß-Denke“. Das blockiere eine Kompromisslösung, die gleichermaßen die Interessen von Wirtschaft, Stadt und Anwohnern berücksichtige – und sicher möglich sei, wenn die Flughafen-Gesellschafter Essen und Mülheim etwa ihre Blockadehaltung zu Investitionen aufgeben würden. So lasse sich das Thema Lärm mit relativ geringen Investitionen in eine GPS-basierte Lande- und Abflugsteuerung angehen. . . „Es fehlt seitens der Verantwortlichen der Wille, die Sache anzupacken und zu lösen“, stellt Kulas fest.
Pitstop nutzt den Flughafen schon lange, „mehrfach die Woche“. Lieferanten steigen in Raadt in den Flieger, auch Kulas selbst. Wenn er am jetzigen Unternehmenssitz in Kettwig die Entscheidung treffe, nach XY fliegen zu wollen, könne er über den Flughafen Essen-Mülheim eine halbe Stunde später in der Luft sein und jedes Ziel in Deutschland in gut einer Stunde erreichen. Das könne ihm und den zahlreichen anderen Managern, die von Mülheim aus abhöben, der Düsseldorfer Airport nicht bieten.