Autowerkstätten-Betreiber Pitstop verlagert seine Zentrale von Kettwig zum Flughafen Essen-Mülheim. Die Idee vom Gewerbepark dort lebt auf.
Eine rar gewordene gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Mülheim: Die bundesweit tätige Autowerkstatt-Kette Pitstop siedelt mit ihrem Hauptsitz am Flughafen Essen-Mülheim an. Die Grundstücksverhandlungen mit der Stadt sind abgeschlossen.
Wie der geschäftsführende Gesellschafter von Pitstop Deutschland, Stefan Kulas, im exklusiven Gespräch mit dieser Redaktion verkündete, plant sein Unternehmen auf einem direkt am Flughafen-Parkplatz angrenzenden Grundstück einen neuen Hauptsitz mit 2700 Quadratmetern Nutzfläche. Mehr als vier Millionen Euro werde man investieren. Ziel sei, im Dezember 2021 vom bisherigen Standort in den Scheidtschen Hallen in Essen-Kettwig an die Brunshofstraße umzuziehen.
Pitstop betreibt 320 Autowerkstätten und will wieder weiter wachsen
Pitstop betreibt in Eigenregie 320 Autowerkstätten. Der Umsatz liegt nach Unternehmensangaben bei rund 110 Millionen Euro im Jahr. Zur Belegschaft zählen 1172 Mitarbeiter, davon 1090 in den Werkstätten, und 356 Meister. Nach einem vor fünf Jahren erfolgreich beendeten Sanierungskurs ist angepeilt, insbesondere im Südwesten Deutschlands sowie in Österreich und der Schweiz zu expandieren, so Kulas.
Die neue Zentralverwaltung am Flughafen soll Platz haben für 100 Mitarbeiter, aktuell beschäftigt sind am Hauptsitz 70. Das anvisierte Wachstum fokussiere sich insbesondere auf die starken Chancen im Bereich von Digitalisierung und E-Commerce, sagt Kulas.
Verwaltung mit Schulungszentrum und Hotelzimmern
So will Pitstop in seine neue Zentrale eine Schulungsakademie für das Training im Umgang mit neuer Technik, insbesondere künftige Antriebstechniken, integrieren, in dem sich gleichzeitig 20 Fachkräfte technisch und theoretisch weiterbilden können. Eine Mensa soll es geben, auch 16 Hotelzimmer für die Schulungsteilnehmer, weil Pitstop die Erfahrung gemacht hat, seine Schulungsteilnehmer gerade zu Messezeiten in Essen und Düsseldorf nicht adäquat und nah unterbringen zu können.
Im Oktober wird die Stadt Pitstop das Grundstück abtreten. Von der Brunshofstraße aus soll sich der dreigeschossige Bau in der Länge hin zum Flughafen-Areal ausdehnen. Die Investoren planen mit einer begrünten Fassade und Parkplätzen auf eigenem Grund. „Es wäre auch noch ausreichend Platz für eine Erweiterung“, so Kulas.
Pitstop war im Herbst 2019 an die Wirtschaftsförderung herangetreten
Nur wenig Kurzarbeit bei Pitstop
Pitstop hat laut Geschäftsführer Stefan Kulas Einbußen im einstelligen Millionenbereich zu verkraften. Man merke die Konsumzurückhaltung. Kunden, die im Home Office arbeiteten oder in Kurzarbeit seien, führen nun mal weniger mit ihrem Auto.
Pitstop hat laut Kulas aber „nur“ Mitarbeiter an acht Filialstandorten in Kurzarbeit schicken müssen. Der Anspruch als Familienunternehmen sei es, alle Mitarbeiter in der Krise in Beschäftigung zu halten.
Im Gegensatz zur Konkurrenz habe man allerdings davon profitiert, dass Serviceleistungen im Vorfeld komplett online zu buchen seien. Nun hoffe man, dass eine zweite Infektionswelle ausbleibe.
Pitstop wäre gerne in Kettwig geblieben, eine Erweiterung am aktuellen Standort sei aber technisch nicht möglich gewesen, so Kulas. Auch habe die Stadt Essen kein Grundstück im Essener Süden anbieten können, zu dem Mitarbeiter weiter nicht so weite Anfahrtswege gehabt hätten. So sei man im Herbst 2019 an die Mülheimer Wirtschaftsförderung herangetreten.
Über den Klee lobt Kulas die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsförderung und Fachämtern. „Das hat uns einen schlanken und zügigen Prozess ermöglicht.“ Eine derartige Effizienz von Genehmigungsbehörden habe er „so noch nicht erlebt“. Kulas spricht von einem „unglaublichen Dienstleistungs-Level“. Nebenbei habe man mit der Stadt verabredet, Elektro-Mietfahrzeuge im Stadtgebiet aufstellen zu wollen.
Pitstop-Chef: Flughafen und A52-Nähe sind „erheblicher Wettbewerbsvorteil“
Den Standort am Flughafen bezeichnet Kulas als ideal. Viele Lieferanten aus dem europäischen Umfeld, aber auch die eigenen Mitarbeiter nutzten das Mobilitätsangebot dort ohnehin schon. Man sei sich bewusst, dass der Flugbetrieb nach jetzigem Stand 2034 eingestellt wird. Kulas würde es aber begrüßen, wenn der Flughafen vor der Tür der neuen Zentrale langfristig bleibt. Er und die nahe Anbindung zur A52 seien „ein erheblicher Wettbewerbsvorteil“, der die hohe Gewerbesteuer in Mülheim kompensiere. Nach langem Stillstand lebt nun die Idee vom Gewerbepark an der Brunshofstraße wieder auf.