Mülheim. Die Grundsteuer-Umverteilung zulasten von Wohngrundstücken käme manche Mülheimer Eigentümer teuer zu stehen. Drei Exempel zur Kostenexplosion.
Die Modellrechnungen des Landes zur Grundsteuerreform 2025 sind veröffentlicht, in Mülheim droht Eigentümern von Wohnimmobilien (und mittelbar über die Nebenkostenabrechnung auch Mietern) ein weiter wachsender Grundsteuer-Hebesatz von bis 1069 Prozent. Schon macht sich in sozialen Netzwerken Ärger Luft, ein neuerlicher Massenprotest in der Stadt ist nicht ausgeschlossen.
Weil Wohngrundstücke durch die Berechnungsformel der neuen Grundsteuer im Vergleich zu Nichtwohngrundstücken (etwa Gewerbe) deutlich höher bewertet sind, würde in Mülheim laut Stadtkämmerer Frank Mendack ein Einnahmeloch von rund zehn Millionen entstehen, beließe es die Stadt bei ihrem einheitlichen Grundsteuer-Hebesatz von 890 Prozent. Das Land hatte nun vorgerechnet, dass die Stadt diesen Hebesatz auf 1069 Prozent anheben müsste, um das Loch zu stopfen und genau so viel Geld zu vereinnahmen wie bisher (rund 60 Millionen Euro).
Grundsteuer: Jetzt können Mülheimer Bürger ausrechnen, welche Belastung ihnen droht
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Nun können sich Mülheimer Eigentümerinnen und Eigentümer erstmals mithilfe ihrer Bescheide zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrages ab 2025 ausrechnen, welche Mehrbelastung ihnen droht, sollte Mülheims Politik nicht noch einlenken und etwa über Einnahmeverzicht oder ausdifferenzierte Hebesätze für Entlastung von Wohngrundstücken sorgen.
Für Kopfschütteln sorgte jener Bescheid schon im Dezember etwa bei Hannes Fechner. Mit seinem Bruder in einer Erbengemeinschaft ist Fechner Eigentümer des elterlichen Wohnhauses am Bauerfeld. Das Grundstück hat eine Besonderheit: Es liegt mit dem Teil, auf dem das Zweifamilienhaus steht, in Oberhausen. Der 598 Quadratmeter große Garten, der nur leicht mit einem Teil der Garage überbaut ist, liegt auf Mülheimer Stadtgebiet.
Gartenland in Mülheim-Dümpten: Steuerlast droht sich mehr als zu vervierfachen
Fechner staunte nicht schlecht, als das Finanzamt ihm für dieses Gartenland vor Jahresfrist den neuen Grundsteuermessbetrag mitteilte. Er sollte um ein 3,6-faches höher liegen als der alte, nämlich 50,83 Euro statt 13,96 Euro betragen. Entsprechend konnte Fechner sich ausrechnen, dass er entsprechend mehr Steuerlast würde tragen müssen, sollte es bei einem Mülheimer Hebesatz von 890 Prozent bleiben. Jetzt drohen im schlimmsten Fall gar 1069 Prozent und eine Steigerung der Steuerlast um das 4,4-fache.
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In Zahlen, wohlgemerkt ohne Berücksichtigung des bebauten Oberhausener Teils des Grundstücks: Zahlten die Fechners bislang jährlich nur 124, 24 Euro Grundsteuer für ihr Gartenland, so wären es bei besagtem Hebesatz von 1069 Prozent ab dem kommenden Jahr 543,37 Euro.
4,4-fach höhere Bewertung von Gartenland: „Das ist Wucher, das geht gar nicht“
Hannes Fechner stand zuletzt ungläubig hinter seinem Elternhaus. „Das ist Wucher, das geht gar nicht“, ärgerte er sich insbesondere darüber, dass es mit der Grundsteuerreform nicht möglich ist, den hinteren, unbebauten Teil seines Grundstückes als Gartenland zu deklarieren. So wird es quasi als Bauland bewertet, mit dem aktuellen Bodenrichtwert von 250 Euro. Und das, obwohl jene 598 Quadratmeter Gartenland nicht ansatzweise für eine Bebauung erreichbar wären, weil eine etwaige Erschließung zugebaut ist, im Südwesten zieht sich ein Waldstreifen zwischen Siedlung und A40.
Fechner hat wie viele andere Bürgerinnen und Bürger Einspruch gegen seinen Steuerbescheid eingelegt, rechnet aber damit, dass „es teuer wird“ ab 2025. Er nennt die neue Wertbemessung für sein Grundstück „unsozial, das kriegt man gar nicht auf seine Mieter umgelegt“, sagt er. Fechner und sein Bruder, beides Rentner mit Durchschnittseinkommen, erwägen gar den Verkauf des Hauses.
Hohe Last für große Gartengrundstücke am Mülheimer Saarnberg
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Die Verwerfungen durch die neue Bewertungsmethodik sind auch anderswo in Mülheim ein Ärgernis. Klar war ohnehin, dass alte Wohnhäuser in besseren Wohngegenden Mülheims mehr belastet werden würden. Doch gerade jene Eigentümer mit großen, aber unbebaubaren Gartengrundstücken werden stärker zur Kasse gebeten. Ortswechsel zum Saarnberg, wo viele eben dieses schon vor Monaten nach Erhalt ihres Steuermessbescheids erahnen konnten.
So ein Bürger mit gut 750 Quadratmeter großem Grundstück, das ebenfalls nur zu einem Bruchteil bebaut ist und bebaut werden kann. Auch sein Steuermessbetrag, so teilte es ihm das Finanzamt mit, soll sich mehr als verdoppeln, von 46,60 auf 113,21 Euro. Zahlte der Bürger bislang 414,74 Euro Grundsteuer im Jahr, so wären es bei einem vom Land errechneten Hebesatz von 1069 Prozent in Zukunft rund 1210 Euro.
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Widerspruch: Finanzamt soll Wert von Gartenland deutlich niedriger ansetzen
Dass Gartenland mit der Grundsteuerreform wie Bauland bewertet wird, ließ auch in der Nachbarschaft jenes Bürgers Widerspruch entstehen, zumal hier in Saarn die relativ hohen Bodenrichtwerte zusätzlich ins Kontor schlagen. Der Redaktion liegt etwa der Widerspruch eines Ehepaares vor, das darauf pocht, den Teil Gartenland ihres Grundstücks (etwa die Hälfte der insgesamt gut 700 Quadratmeter) nicht mit 510 Euro laut Bodenrichtwert in die Bemessung einzubeziehen, sondern nur mit 76,50 Euro. Die Eigentümer verweisen zur Begründung etwa darauf, dass eine Bautiefe von 40 Metern ortsüblich sei, für das darüber hinausragende, nicht bebaubare Grundstück seien deshalb nur 15 Prozent des Bodenrichtwertes für die Wertermittlung heranzuziehen. Das Paar beruft sich dabei auf Aussagen des Gutachterausschusses.
Tatsächlich aber verzichtete der Gutachterauschuss der Stadt auch an dieser Stelle darauf, die Grenzen der Bodenrichtwertkarte enger zu ziehen und das unbebaubare Hinterland der Siedlung nicht mit eben jenen hohen Werten zu belegen. Dieses Problem haben etliche Eigentümer mit großen Gärten jetzt in Mülheim, zeigt sich mit einem Blick auf die Bodenrichtwertkarte.
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