Mülheim. Die Grundsteuer-Reform wird Mülheimer Eigentümern 2025 mitunter eine höhere Steuerbelastung bringen. Was sich jetzt schon prognostizieren lässt.

Die Grundsteuer-Reform wird auch den Mülheimer Eigentümern von Häusern, Wohnungen und anderen Bauten große Veränderungen bringen. Einige Eigentümer werden stärker zur Kasse gebeten werden, andere weniger.

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Bund 2018 verpflichtet, das Grundsteuer-System grundlegend neu zu gestalten. Jahrzehnte lang wurde die Steuer nach dem Einheitswert von 1964 berechnet. Das führte im Laufe der Zeit laut Gericht zu einer übermäßigen Ungleichbehandlung von Eigentümern, zumal die im damaligen Einheitsbewertungsgesetz eigentlich vorgesehene Neubewertung aller Grundstücke in einem Sechs-Jahres-Turnus ausgeblieben war.

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Laut Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack hat dies dazu geführt, dass auf ein und derselben Straße Eigentümer von großen Altbauten mit großem Garten aktuell mitunter deutlich weniger Grundsteuer zu zahlen haben als der Nachbar, der dort auf relativ bescheidenem Niveau neu gebaut hat. Die Wertsteigerung von Altimmobilien im Laufe von bis zu einem halben Jahrhundert seien bei der Grundsteuer unberücksichtigt geblieben – es sei denn, es wurde an Ort und Stelle neu oder umfassend umgebaut, so dass in der Regel eine neue Baugenehmigung nötig war. Aber Altimmobilien blieben selbst dann nach alter Regelung von 1964 bewertet, wenn sie Eigentümerin oder Eigentümer wechselten.

Bis 2025 soll die Grundsteuer-Berechnung nun auf komplett neue Füße gestellt werden; die Steuer soll gerechter bemessen werden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich dafür entschieden, dem Bundesmodell von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zu folgen.

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Neue Berechnung: Es ist nicht mehr egal, wo in Mülheim Bürger Eigentum haben

Für die Neubewertung ihrer Besitztümer werden Bürger vom Finanzamt aufgefordert werden, aktuelle Daten zu ihren bebauten Grundstücken zu melden. Auch behördliche Daten fließen in die Berechnung der neuen Einheitswerte ein. Maßgeblich sind nun der Bodenrichtwert, eine sogenannte Mietniveaustufe, der Mülheim zugerechnet wird, die statistische Nettokaltmiete, die Grundstücksgröße, die Art und das Baujahr der Immobilie.

So wird etwa die Berücksichtigung der Bodenrichtwerte dafür sorgen, dass Eigentum im Norden Mülheims weniger hoch bewertet wird als das im Süden. Die Bodenrichtwerte in Mülheim schwanken nämlich enorm. Liegt der Bodenrichtwert für ein Quadratmeter Bauland an der Straße „Am Hang“ in Saarn, wo bis zu sechs Geschosse hoch gebaut werden darf, aktuell bei 680 Euro, so sind Bereiche entlang der Augustastraße in Styrum, wo ein- bis zweigeschossige Bauten Platz haben, nur mit 185 Euro pro Quadratmeter ausgewiesen. Für sozialen und Geschosswohnungsbau wirken Abschläge jedoch mindernd.

„Dort, wo die Bodenrichtwerte hoch sind, wird es starke Veränderungen geben“

„Dort, wo die Bodenrichtwerte hoch sind, wird es starke Veränderungen geben. Und in Wohnquartieren mit vielen Einfamilienhäusern sind die Bodenrichtwerte oft höher“, sagte der Geschäftsführer von Haus & Grund NRW, Werner Weskamp, schon im Frühjahr im Gespräch mit dieser Redaktion. Vor allem Besitzer von Einfamilienhäusern hätten ab 2025 mit deutlichen Mehrkosten zu rechnen.

Einheitswerte in Mülheim werden in der Tendenz auch höher liegen als in anderen Revierstädten, denn das Bundesmodell sieht vor, auch die unterschiedlichen Mietniveaus in Städten und Gemeinden zu berücksichtigen. Zwischen sechs Niveaustufen wird unterschieden. Mülheim etwa ist laut Kämmerer Mendack in Stufe 4 eingeordnet, Düsseldorf im höchsten Niveau (6), Oberhausen und Duisburg liegen in Stufe 3, Gelsenkirchen in Stufe 2 oder aber Ratingen in Stufe 5.

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Noch keine Berechnungsformeln festgelegt: Modellrechnungen noch nicht möglich

Modellrechnungen sind laut Mendack noch nicht möglich, weil keine Berechnungsformeln festgelegt sind. Erkennbar sei aber die Tendenz: Für Altbauten sei mehr zu zahlen; insbesondere Bürger aus Mülheims besseren Wohngegenden im Süden müssten hierfür mit Mehrkosten rechnen, weil dort in der Vergangenheit die Wertsteigerung vergleichsweise hoch ausgefallen sei. Für Besitzer von Neubauten insbesondere im Norden der Stadt rechnet Mendack mit einer Steuerentlastung. Vielleicht komme dies gar auch im Süden zum Tragen. Entscheidend werde wohl der Zeitpunkt sein, zu dem der Grundbesitz in der Vergangenheit bewertet worden sei.

Am Ende aber soll die Reform für die Steuerbelastung der Eigentümer-Gesamtheit in Mülheim weniger eine Rolle spielen als eben der Hebesatz, den die Stadt Mülheim selbst festlegt und mit dem der vom Finanzamt festgelegte Grundbesitzwert (Messbetrag) multipliziert wird. Aktuell hat Mülheim mit 890 den zweithöchsten Hebesatz in NRW, nur Witten (910) liegt höher.

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Mülheims Kämmerer: Wir werden die Reform nicht zur Einnahmen-Mehrung nutzen

Kämmerer Mendack sagt aber deutlich, dass er die Grundsteuer-Reform keinesfalls zur Mehrung der Steuereinnahmen (aktuell rund 60 Millionen Euro pro Jahr) ausnutzen wird; das sei auch eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes gewesen. Man werde der Politik für das Jahr 2025 einen neuen Hebesatz zum Beschluss präsentieren, mit dem das summierte Steueraufkommen auf vorhandenem Niveau gehalten werden könne.

Letztlich muss Mülheims Politik prüfen, ob sie im Zuge der laufenden Haushaltsanierung darüber hinaus womöglich Spielräume sieht, um die drastische Erhöhung aus dem Jahr 2019, gegen die sich massiver Bürgerprotest formiert hatte, wieder abzumildern.