Mülheim. Beim Großbrand im Mülheimer Hafen blieb die Tankstelle knapp verschont. Kaum war das Feuer gelöscht, kamen Einbrecher. Der Inhaber blickt zurück.
Am Tankcenter im Mülheimer Hafen herrscht längst wieder Alltagsbetrieb. Wagen fahren vor, Menschen ziehen Zapfpistolen aus den Säulen oder huschen zum Bezahlen in den hellgrauen Container. Auf dem Gelände gleich nebenan, wo in der Nacht zum 8. Februar 2021 der Großbrand wütete, liegt umzäunte freie Fläche, dahinter das neue Hafencenter.
Die Autowaschanlage gibt es nicht mehr, sie ist abgebrannt. Und auch die Tankstelle hätte es fast erwischt. Betrieben wird sie von der Garant Mineralölhandelsgesellschaft, einem Mülheimer Familienunternehmen. Matthias Bindschus (39), einer der beiden Geschäftsführer, erinnert sich an bange Stunden.
Großbrand: Mülheimer Tankstellenbetreiber bekam frühmorgens Fotos
Von dem gigantischen Feuer, den extrem kräftezehrenden Löscharbeiten, dem Großaufgebot an der Weseler Straße, haben Bindschus und sein Team in der Nacht gar nichts mitbekommen. Erst in den frühen Morgenstunden wurden ihnen erste Fotos aufs Handy geschickt, berichtet Bindschus. Eine Tankstellenmitarbeiterin machte sich an dem Februarmorgen sogar auf den Weg zur Arbeit, fand sich vor Absperrungen, Feuerwehrwagen, schwelenden Trümmern wieder.
Die Feuerwehrleute hatten schon gegen 0.30 Uhr bei der Anfahrt ins Hafengebiet gesehen, wie heftig es dort brennt. Der Einsatzleiter rief sogleich eine höhere Alarmstufe aus, die Lagerhalle stand bereits komplett in Flammen, riesige Rauschwaden zogen von Speldorf in Richtung Saarn, orangefarbener Feuerschein war kilometerweit sichtbar.
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Einsatzkräfte aus Mülheim, Essen und Duisburg rückten an, später auch aus Düsseldorf und anderen Städten, am Ende bis zu 350 Leute. Größte Gefahr drohte durch die Tankstelle direkt neben der brennenden Gewerbehalle, ein Übergreifen der Flammen auf die Treibstofftanks musste mit aller Kraft verhindert werden. „Das war unser Hauptaugenmerk“, schilderte der Mülheimer Feuerwehrsprecher später in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Die Tankstelle sei massiv mit Wasser gekühlt worden.
Kraftstoff in Zapfsäulen und Rohrleitungen - Feuerwehr verhinderte Explosion
Unterirdisch lagern vier große Treibstofftanks, erklärt Garant-Geschäftsführer Matthias Bindschus. Sie fassen je 20.000 Liter. Auch die Zapfsäulen und Rohrleitungen stehen voll mit Treibstoff, daher schirmte die Feuerwehr die Säulen ab. „Es gibt ein Sicherungssystem, ein Rückschlagventil, zu den Tanks. Gegen Brände solchen Ausmaßes schützt dies aber auch nur bedingt. Letztlich wurden die Tanks vor einer Explosion bewahrt.“ Selbst wenn die Benzintanks nicht komplett gefüllt sind, enthalten sie gefährliche brennbare Gase. „Daher haben die Einsatzkräfte alles Menschenmögliche getan, um die Flammen fernzuhalten.“
Über deren Arbeit spricht Bindschus mit tiefem Respekt: „Wir können der Feuerwehr gar nicht genug dankbar sein. Was die geleistet haben.“ Die Einsatzkräfte kämpften stundenlang gegen Flammen und Eis. Auf minus fünf Grad sank das Thermometer in der Winternacht. Feuerwehrleute löschten in hart gefrorener Kleidung und mit vereisten Visieren, an den Drehleitern hingen lange Zapfen, Schläuche setzten sich mit Eisstücken zu. Ein harter, herausfordernder Einsatz.
„Alle arbeiteten unter Hochdruck. Wir waren machtlos.“
Er selber und sein Bruder, so Bindschus, seien erst später zur Brandstelle gefahren, als alle Löscharbeiten abgeschlossen waren. „Alle haben unter Hochdruck gearbeitet. Wir waren machtlos.“ Gegen Abend dann eine erste Bestandsaufnahme vor Ort, auf dem weiß verschneiten und schwarz verkohlten Areal, mit Tankstellentechnikern und den Eigentümern des Grundstücks.
Mülheimer Familienunternehmen
Das Tankcenter im Hafen besteht seit mehr als 30 Jahren und wird betrieben von der Garant Mineralölhandelsgesellschaft mbH, einem Mülheimer Familienunternehmen.
Die Firma entstand aus einem Kfz-Zubehör- und Kraftstoffhandel, den Senior Egon Bindschus 1961 eröffnete. Sie wird heute in zweiter Generation geführt durch die Brüder Wolfgang und Matthias Bindschus.
Garant betreibt ein eigenes Tanklager in Wesel sowie acht Tankstellen, drei davon in Mülheim. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben mehr als 50 Beschäftigte.
Diese hatten von einem „richtigen Drama“ gesprochen, aber früh die Hoffnung geäußert, dass sie nur einen Teil des Gebäudes verloren geben müssen. So ist es letztlich auch gekommen, da eine zentrale Brandschutzmauer Stand hielt. Die Tankstelle musste lange geschlossen bleiben. Zunächst war alles durch das Löschwasser mit dicken Eisschichten überzogen, danach dauerten die Abrissarbeiten an. „Wir hatten lange keinen Strom“, berichtet Bindschus, „daher war auch keine Alarmaufschaltung möglich.“
Einbruch nach dem Großbrand - „die üblichen Verwüstungen“
Die Folge: Kaum hatte es leicht getaut, vielleicht drei Tage nach dem Feuer, wurde in den Container eingebrochen. „Die Täter haben Zigaretten geklaut und versucht, an Bargeld zu kommen, was ihnen aber nicht gelang. Ansonsten - die üblichen Verwüstungen.“
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Der Großbrand selber habe an der Tankstelle vergleichsweise geringe Schäden angerichtet, berichtet der Geschäftsführer. Der Sachschaden lag gleichwohl im mittleren fünfstelligen Bereich. Das Dach hat etwas abbekommen, war aber weiterhin tragfähig, die Zapfsäulen waren beschädigt. Die Versicherung habe alle Schäden beglichen, sagt Bindschus. Hinzu kam der Umsatzausfall. Erst nach sechs, sieben Wochen, als die Abrissarbeiten in unmittelbarer Nähe erledigt waren, konnte das Tankcenter in Hafen wieder öffnen. Wie genau das verheerende Feuer entstanden ist, ließ sich nicht mehr ermitteln.
Eigentümer versichern: Es wird auf der abgebrannten Fläche etwas Neues geben
Im hinteren Teil des Gebäudes, der stehen geblieben war, wurde Ende Oktober das neue Hafencenter mit Edeka Paschmann als Ankermieter eröffnet - es hätte schon im Sommer kommen sollen. Der vordere, abgebrannte Teil ist umzäunt, ansonsten freie Fläche. Dies soll nicht so bleiben, versichern die Eigentümer: „Dort wird es auf jeden Fall etwas geben.“ Man werde jetzt erste Gespräche führen und vielleicht im Frühjahr 2022 eine Perspektive haben. Vorher nicht.
Wie das Familienunternehmen Paschmann, hat sich auch die Firma Garant bei der Mülheimer Feuerwehr bedankt - allerdings bewusst nur im privaten Rahmen. Eine Mitarbeiterin brachte kleine Präsente zur Wache. Was Matthias Bindschus bemerkenswert fand, was sich ihm eingeprägt hat: „Die Feuerwehrleute sagten, dass sich jemand für ihre Arbeit bedankt, sei nicht gang und gäbe.“