Mülheim. Der Großbrand in Mülheim hat das geplante neue Hafencenter zerstört. „Da wird es keinen Laden mehr geben“, fürchtet ein Betroffener. Oder doch?
Im Sommer sollte das neue Hafencenter an der Weseler Straße eröffnet werden - schick, modern, mit mehreren bekannten Händlern unter einem Dach. Der Großbrand in der Nacht von Sonntag auf Montag hat diesen Plan zerstört und vieles mehr. Das ehemalige Real-Gebäude, 150 mal 100 Meter lang, ist vollständig ausgebrannt. Tiefes Entsetzen bei den betroffenen Geschäftsleuten.
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Für die betroffenen Firmen im Mülheimer Hafen „eine ganz bittere Pille“
Mit als erste vor Ort waren die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma WSS: Dort ist die Brandmeldeanlage des Logistikunternehmens Vehar aufgeschaltet, das an der Weseler Straße Lagerräume angemietet hat. Einer der Mitarbeiter sei schon kurz nach Ausbruch des Feuers zum Gelände geeilt, berichtet Kevin Boldt, Leiter der Notrufzentrale bei WSS. Er selber war gegen 1.30 Uhr an der Weseler Straße: „Da stand schon das ganze Objekt in Flammen.“ Für die Logistikfirma und die anderen betroffenen Unternehmen sei das „natürlich eine ganz bittere Pille“.
Für die Immobilie selber ist nach Einschätzung des Sicherheitsfachmanns aber noch nicht alles verloren. Dort sei eine Brandschutzmauer eingezogen worden, um die Großbaustelle für das neue Center von den bestehenden Mietern zu trennen. „Und diese Mauer hat getan, was sie sollte“, so Boldt.
Fraglich ist, ob die Brandschutzmauer das neue Center retten konnte
Genau darauf gründet sich auch die Hoffnung des Eigentümers: Rainer Schell, Chef der gleichnamigen Mülheimer Grundstücksgesellschaft, wurde gegen halb drei in der Nacht alarmiert. Am Montagmittag standen er und sein Sohn immer noch auf dem halb weiß verschneiten, halb schwarz verkohlten Gelände. „Ich bin auf der Baustelle“, sagte Schell ins Mobiltelefon, um sich sofort zu korrigieren: „Am Objekt.“
Eigentümer: „Ein richtiges Drama, das man nicht erleben will“
Der Hausherr klingt tief betroffen: „Ein richtiges Drama ist es“, sagt er, „das man wahrlich nicht erleben will.“ Doch völlig verloren gibt er das Gebäude noch nicht. Aufgrund der erwähnten Brandschutzmauer sei nur ein Teil abgebrannt, Schell nennt es „die große Lagerhalle“, in der sich unter anderem die Tankstelle, Waschanlage, Scooterverleih, Dogstyler und der Textildiscounter KiK befanden. „Die werden wir erst mal nicht mehr haben.“ Dieser Teil muss komplett abgerissen werden.
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Was den anderen Teil angeht, der seit fast einem Jahr entkernt und aufwändig umgebaut wurde, wagt der Eigentümer noch keine Prognose. „Ein Statiker hat sich das schon angesehen und wird eine Einschätzung abgeben.“
Edeka Paschmann wartet, was die Experten sagen
Besonders groß wollte Edeka Paschmann an der Weseler Straße einsteigen, wollte das neue Hafencenter mit einem 4500-Quadratmeter-Supermarkt dominieren. Ob dafür noch eine Chance besteht, konnte Junior-Chef Falk Paschmann am Montag noch nicht sagen. „Das können wir nicht beurteilen, sondern müssen die Einschätzung der Experten abwarten.“
Brandursache noch völlig unklar
Ob zumindest Teile des Gebäudes zu retten sind, kann auch die Feuerwehr noch nicht sagen.
Tatsächlich habe aber die Brandschutzmauer „gute Dienste geleistet und scheint relativ stabil zu sein“, erklärte Feuerwehrsprecher Thorsten Drewes am Montagnachmittag.
Auch die Brandursache ist noch völlig unklar, sie wird jetzt durch die Polizei ermittelt.
Kaum war das Feuer gelöscht, rückten die ersten Abrissbagger an, damit die Feuerwehr Zugang zu Glutnestern bekommt. Auch die Reste des Dogstyler-Ladens werden fallen. Inhaber Michael Heikamp, der die letzten Stunden des Feuerwehreinsatzes live erleben musste, hätte auf diese Erfahrung liebend gerne verzichtet. „Ganz Speldorf riecht nach Großbrand. Alles ist heruntergebrannt, das Dach runtergekommen. Da gibt es keinen Laden mehr“, glaubt er. Jedenfalls in den nächsten zwei, drei Jahren nicht.
Dogstyler-Inhaber: „Gnadenschuss kurz vor Ende der Ziellinie“
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Da er mit Hundezubehör handelt, durfte der Dogstyler auch im Lockdown bis zuletzt geöffnet bleiben, als einziger Händler auf dem Grundstück an der Weseler Straße, zuletzt lief der Verkauf aber nur halbtags. Michael Heikamp klingt bitter: „Wir haben dort schon fast anderthalb Jahre gelitten, seit der Schließung von Real. Wir haben gekämpft, um nicht ins Minus zu kommen.“ Alle hätten sich so sehr auf die Neueröffnung des Hafencenters gefreut, „und jetzt kriege ich so eine Art Gnadenschuss, kurz vor Ende der Ziellinie“.
Über einen möglichen Neustart anderswo in Mülheim kann Heikamp momentan noch nicht ernsthaft nachdenken. „Das muss ich jetzt erst mal verarbeiten. Zum Glück habe ich eine vernünftige Versicherung abgeschlossen. Ob ich aber dafür einen neuen Laden bekomme...“