Herne. Nach der Stadt Herne kehren alle Parteien und ihre wichtigsten Akteure der Plattform X den Rücken. Nur eine Partei bleibt dem Kanal treu.

Immer mehr Menschen, aber auch Kommunen, Hochschulen, Vereine und Organisationen ziehen sich von X (ehemals Twitter) zurück. Nachdem die Stadt Herne ihren Abschied von der Social-Media-Plattform bestätigt hat, zeigt sich nun: Auch Herner Parteien und Parteifunktionäre kehren dem Kanal den Rücken. Bleiben will dort nur - die FDP.

Das Netzwerk X gerät im Zuge der politischen Aktivitäten des umstrittenen Eigentümers Elon Musk zunehmend in die Kritik. Auch Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann will X verlassen, kündigt er gegenüber der WAZ an. Die aktuelle Entwicklung des Netzwerks und der Menschen, die dahinter stehen, seien „besorgniserregend“, begründet er. Das Netzwerk verschärfe aktiv den Tonfall in politischen und gesellschaftlichen Debatten. Die Partei SPD war eh nie bei X: Der Kanal besitze für die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern keine Relevanz, so Bollmann, der auch Bundestagskandidat der SPD ist.

Herne: Weitere Spaltung der Gesellschaft

Seine Aktivitäten bei X hat auch Hernes SPD-Landtagsabgeordneter Alexander Vogt eingestellt. Dort war er immer sehr aktiv. „Eine Plattform, die Falschinformationen, Extremismus und Hassrede als freie Meinungsäußerung ansieht, möchte ich nicht als Kommunikationskanal nutzen“, begründet er. Auch er nennt die Entwicklungen auf X „aus demokratischer Sicht äußerst besorgniserregend“. Was einst ein wichtiger Ort für den gesellschaftlichen Diskurs und den Austausch von Informationen war, habe sich zu einem Raum entwickelt, „in dem radikale Inhalte eine größere Bühne erhalten als seriöse Beiträge“. Das trage zur weiteren Spaltung der Gesellschaft bei.

Abschied von X: Hernes SPD-Landtagsabgeordneter Alexander Vogt (l.) und Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann.
Abschied von X: Hernes SPD-Landtagsabgeordneter Alexander Vogt (l.) und Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Auch die Tage der CDU Herne und CDU-Fraktion Herne auf X sind gezählt. „Wir werden die beiden Accounts zeitnah löschen“, kündigt CDU-Kreisvorsitzender und -Fraktionschef Christoph Bußmann an. „Die Plattform hat sich in den vergangenen Jahren sehr zum Negativen gewandelt und ermöglicht kaum noch einen sachlichen Diskurs“, so Bußmann, der auch Bundestagskandidat der CDU ist.

+++ Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch: +++

Ähnlich äußern sich die Grünen. „Die Entscheidung, X zu verlassen, wurde bereits getroffen und umgesetzt“, sagt die neue Grünen-Co-Vorsitzende Sarah Schanz. „Fake-News stellen eine Gefahr für unsere Demokratie dar“, begründet sie. Das habe X-Besitzer Musk zuletzt in seinem Gespräch mit Kanzlerkandidatin Weidel auf seiner Plattform X noch einmal sehr deutlich gemacht. Dabei nannte Weidel Hitler einen Kommunisten. „Das ist nicht nur eine absolute Verzerrung der deutschen Geschichte, diese Aussage untergräbt auch, dass unter dem NS-Regime neben Millionen weiterer Opfer auch zehntausende Kommunisten verfolgt und ermordet wurden“.

Dass Musk zudem seine Reichweite dazu nutze, die Bundestagswahl Wahl zu beeinflussen, „dem können wir als Herner Grüne nicht zustimmen“, fügt Schanz an. Zugleich ruft sie „alle Demokratinnen und Demokraten“ dazu auf, dem Kanal ebenfalls den Rücken zu kehren.

Herner Pirat: „Schon immer ein schwieriges Pflaster“

Auch die Piraten ziehen eine Schlussstrich unter X und planten den Ausstieg sagt Piraten-Ratsherr Lars Wind. X und vorher Twitter seien „schon immer ein schwieriges Pflaster gewesen“, nun sei der Kanal nicht mehr akzeptabel.

Als einzige Partei nicht den Ausstieg plant die FDP - zumindest vorerst nicht. Kritik an X äußert zwar auch FDP-Chef Thomas Bloch: Seit der Übernahme durch Elon Musk nehme seine Partei „eine zunehmende toxische Atmosphäre auf X wahr“, sagt er. Hate Speech, Fake News und Trolle hätten sich zu einem Problem entwickelt, und auch Änderungen beim Datenschutz seien keine positive Entwicklung.

Trotz aller Kritik will die FDP auf X bleiben, sagt Parteichef und Ratsherr Thomas Bloch.
Trotz aller Kritik will die FDP auf X bleiben, sagt Parteichef und Ratsherr Thomas Bloch. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Dennoch sei X immer noch eine der größten Social-Media-Plattformen und biete Möglichkeiten, sich mit Gleichgesinnten, Experten und Influencern auszutauschen. Auch bekomme man auf X einfach Zugang zu bestimmten Nischen-Communities wie zum Beispiel aus den Bereichen Tech, Politik, Wissenschaft. Und nicht zuletzt sei X für Echtzeit-News und Trends relevant. Kurz: Die FDP Herne wolle X vorerst nicht verlassen - aber mit Vorsicht verwenden. 

Nicht weg von X müssen übrigens AfD und Die Linken in Herne. Beide haben keine Accounts beziehungsweise die Linkspartei nur ein uraltes „Phantom-Account“ ohne Logo und Tweets.