Hattingen. In Hattingen steht eine teure Grundreinigung an. Die in Deutschland seltene Stahlhuth-Orgel im Wennischen Dom schimmelt massiv. Was das bedeutet.
Staub, Schimmel - hier steht eine absolute Grundreinigung an. Und die wird teuer. Mindestens 100.000 Euro muss die Pfarrei aufbringen, um einen ihrer historischen Schätze zu retten: die Stahlhuth-Orgel im Wennischen Dom, die deutschlandweit eine Seltenheit ist.
+++ Sie wollen keine Nachrichten mehr aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
1913 wurde die Stahlhuth-Orgel, die in der katholischen Kirche St. Mauritius steht, gebaut. Jetzt ist sie dringend renovierungsbedürftig. Vor allem ein massiver Schimmelbefall an der Rückseite macht dem Instrument zu schaffen. Musikalisch und historisch ist sie „ein außergewöhnlichen Schatz der Pfarrgemeinde, ein hervorragendes Instrument“, sagt Moritz Unger, seit Dezember 2023 koordinierender Kirchenmusiker der Pfarrei St. Peter und Paul in Hattingen.
„Es handelt sich um einen ganz anderen Schimmel als den Hausschimmel, den man kennt.““
Der Wert der Orgel ist kaum zu beziffern. Würde man heute eine Orgel dieser Größenordnung neu bauen, kostete das schnell 2,5 Millionen Euro, weiß der 26-jährige Unger, der selbst gelernter Orgelbauer ist. Doch vor allem der historische Wert ist unermesslich. Deutschlandweit habe die Orgel aus dem Dom eine große Bedeutung, gebe es doch nur noch eine Handvoll dieser Stahlhuth-Orgeln, die weitestgehend noch Originale sind.
Das letzte Mal restauriert wurde die Orgel vor einem Vierteljahrhundert. Eine Reinigung der Tausenden Pfeifen sei etwa alle 25 Jahre nötig, weiß Moritz Unger. Jetzt aber steht eine größere „Operation“ an. Denn die Rückseite der Orgel schimmelt massiv. Schimmel an Orgeln sei weder ungewöhnlich noch gesundheitsschädlich, betont der Kirchenmusiker. „Es handelt sich um einen ganz anderen Schimmel als den Hausschimmel, den man kennt“, erklärt er.
Geschichte der Stahlhuth-Orgel
Der größte Teil der Orgel in St. Mauritius in Niederwenigern wurde von der renommierten Orgelbaufirma Stahlhuth erschaffen, Teile des Gehäuses sind sogar noch deutlich älter. Die Orgel steht in ihrer heutigen Gestalt seit 1913 in der Kirche. Das hochromantische Orgelwerk wurde von der Orgelbaufirma Stahlhuth aus Aachen erschaffen, die zur damaligen Zeit zu den angesehensten Orgelbaufirmen in Deutschland zählte.
Unter der Leitung von Eduard Stahlhuth wurde im Mauritiusdom ein Musterinstrument des romantischen Orgelbaus gebaut. Das Gehäuse der Orgel ist noch deutlich älter als das im Inneren befindliche Werk. Das neugotische Gehäuse der Orgel stammt von Orgelbaumeister Wilhelm Küper aus Bochum-Linden. Er erschuf 1878 das erste Orgelwerk für den damals neu erbauten Mauritiusdom. „Den Berichten aus Zeitungen und der Überlieferung mancher Einheimischer zufolge soll dies ein recht monumentales Orgelwerk gewesen sein“, hat Moritz Unger recherchiert. Leider seien heute nur noch das Gehäuse sowie lediglich fünf Register erhalten, die beim Neubau 1913 wieder Verwendung fanden.
Die Orgel wurde zuletzt 1999/2000 restauriert. Die Renovierungsmaßnahmen kosteten damals 400.000 Mark.
In Studien sei bereits untersucht werden, dass sich der Orgelschimmel nicht ausbreitet und auch beim Spielen des Instruments keine gefährlichen Sporen in den Kirchenraum geblasen werden. „Selbst wenn der Schimmel in den Windkästen säße, reicht der Luftzug gar nicht aus“, weiß der Experte. „Am meisten schadet der Schimmel dem Instrument selbst.“
>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Deshalb hofft die Pfarrei jetzt auf Spenden für die Restaurierung. Denn die wird mit mindestens 100.000 Euro zu Buche schlagen. Immerhin müssen alle 2359 Pfeifen - viele aus Metall, einige große auch aus Holz, ausgebaut und gereinigt werden. Dabei wird der Schimmel nicht nur entfernt, sondern auch sein Nachwachsen mit einem Fungizid verhindert. „Da wächst dann 35 bis 40 Jahre kein Schimmel mehr“, ist Unger überzeugt. Nach der Behandlung folgt der Wiedereinbau und abschließend muss die Orgel neu gestimmt werden.
Auch die Technik muss überarbeitet werden, denn immer wieder fallen Spieleinrichtungen aus. „Der Spieltisch muss komplett abgebaut werden und in seine Einzelteile zerlegt werden. Nur so kann man gewährleisten, dass das Instrument auch in den nächsten Jahrzehnten fehlerfrei funktioniert“, sagt Moritz Unger, der einiges bereits selbst repariert hat.
Lesen Sie auch
- Warnsystem der Sparkasse dreht durch: Großalarm in Hattingen
- Große Nachfrage: Darauf warten Hattinger bis zu sieben Jahre
- Dieses Fest ist „das Geilste, was es in Hattingen gibt“
- Mauritius-Kirmes: Hully Gully ist Kult - und eine Seltenheit
- „Und es geht rückwärts“: Alle Bilder der Mauritius-Kirmes
- Gummiwerke-Brand löst Giftgas-Alarm in Hattingen aus
- Wohnen in Hattingen: Blick in eine Immobilie mit Penthouse
- Mafia in Hattingen: Nach Großrazzia jetzt Anklage erhoben
- Vom Polizeihund skalpiert: „Er hat nichts falsch gemacht“
Weil nie auszuschließen sei, dass bei der Demontage ungeliebte Überraschungen zutage treten, werden zu den 100.000 Euro vermutlich weitere Kosten hinzukommen. Um die Summe zusammenzubekommen, plant Moritz Unger besondere Orgelkonzerte und -führungen. Genaue Termine stehen aktuell noch nicht fest. Die Führungen würden sich samstags nach der Vorabendmesse am besten anbieten, überlegt der Kirchenmusiker. Auch hier will er Konkretes noch bekanntgeben.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.
Weil zunächst das Geld beschafft werden muss, gibt es auch noch keinen Zeitplan, wann die Sanierung starten kann. Fest steht aber, dass sie etwa ein halbes Jahr dauern wird. „Am besten also nach Ostern, dann sind wir Weihnachten fertig“, meint Unger. Doch da müssten auch die Orgelbauer mitspielen, denn dieser Zeitraum ist nicht nur in Niederwenigern beliebt.