Gladbeck / Gelsenkirchen. Prof. Bernhard Planz, Chefarzt der Urologie in Gladbeck, spricht über Krebsbehandlungen, Medizin im Wandel und die richtige Vorsorge.

Aller guten Dinge sind drei. Zum dritten Mal ist Prof. Bernhard Planz, Urologe am Gladbecker St.-Barbara-Hospital und am Gelsenkirchener Marienhospital von der Zeitschrift Focus als Top-Mediziner in seinem Fachbereich ausgezeichnet worden. Im Interview berichtet er, wie sich die Urologie im Laufe der vergangenen Jahre verändert hat und wie die beiden Krankenhäuser für die Zukunft aufgestellt sind.

Herr Prof. Planz, Sie sind vom Focus erneut als Top-Mediziner in mehreren Bereichen ausgezeichnet worden: Was bedeutet Ihnen das?

Ich muss ganz ehrlich sagen: Für mich persönlich hat das gar nicht eine so große Bedeutung. Ich war überrascht, dass ich die Auszeichnung – nun schon zum dritten Mal – in drei Bereichen Prostatasyndrom, Harnsteine und Prostatakrebs erhalten habe. Aber es ist schön zu erfahren, dass man im Bereich Harnsteine zu den 40 besten Medizinern in Deutschland gehört, im Bereich Prostatakrebs zu den besten 100.

Wie kommt man zu so einer Auszeichnung?

Der Focus macht in ganz Deutschland eine Erhebung. Er fragt zum Beispiel nach Publikationen, man muss regelmäßig Fachveranstaltungen moderieren, der Focus befragt Haus- und Fachärzte – bei mir sind’s die Urologen – und schaut sich die Fallzahlen und die Art der Behandlungen und Operationen an. Man muss zertifizierte Zentren nachweisen, von denen wir im St. Barbara-Hospital mit dem Kontinenz- und Beckenbodenzentrum, dem Prostata-, dem Harnstein- und dem Blasenkrebszentrum gleich vier bereitstellen. Und dann wird auch noch die Klinikstruktur unter die Lupe genommen…

Es gibt auch Kritik an diesen Rankings.

Die Focus-Auszeichnung wird gerne insbesondere von denen, die sie nicht bekommen haben, schlechtgeredet und es wird behauptet, dass sie gekauft ist. Dem ist aber nicht so. Lediglich das Siegel, das wir zum Beispiel ins Wartezimmer hängen oder mit dem wir Werbung betreiben können, müssen wir kaufen. Das hat mit der eigentlichen Auszeichnung, der Wertschätzung der Arbeit nichts zu tun.

In der Medizin hält immer mehr die Technik Einzug, die Künstliche Intelligenz ist aus den Operationssälen nicht mehr wegzudenken. Wie viel menschliche Leistung steckt noch in einer solchen Auszeichnung?

Es ist und bleibt der Mensch, der operiert. Das ist auch bei dem Da-Vinci-Roboter so, der bei uns im Haus zum Einsatz kommt. Ich mache weiterhin die Bewegungen, das Instrument hilft mir nur und entlastet zum Beispiel meine Schultern. Und es liefert mir zehnfache Vergrößerungen des Bereichs, in dem wir operieren. Der Durchschnittsoperateur wird durch den Da-Vinci-Roboter auf jeden Fall besser.

Wie lange muss man trainieren, bis man die Technik beherrscht?

Das ist schon eine sehr lange Lernkurve. Es dauert bis zu zwei Jahre, bis man alleine die Technik beherrscht.   

Wie sehr hat die Technik die Urologie verändert?

Die Urologie war immer ein sehr schnelllebiges Fach mit vielen Innovationen. Gerade bei uns sind viele neue Methoden, aber auch viele neue Gerätschaften entwickelt worden. Zum Beispiel sind wir seit 2005 bereits mit roboterassistierten Instrumenten aus Japan oder Frankreich 3 D und HD unterwegs und jetzt mit dem Da-Vinci oder mit MRT-Fusionsbiopsien, mit hoch fokussierter fokaler Ultraschallzerstörung von Krebs, hyperthermischen Chemotherapien und Miniaturinstrumenten zur Nierensteinentfernung. Im Jahr 2005 bin ich Chefarzt in Gladbeck geworden. Wenn ich überlege, was sich seitdem verändert hat – das war schon sehr rasant.

Was wird sich in Zukunft tun?

Die Urologie ist auf einem sehr guten Weg. Ich rechne damit, dass das operative Geschäft ein wenig zurückgehen und die medikamentöse Behandlung von Tumoren fortschreiten wird. Aber abgesehen davon gilt die Urologie ist das Fach, das in den nächsten 15, 20 Jahren die höchsten Wachstumsraten verspricht.

Warum das?

Die Zunahme erklärt sich durch das steigende Alter der Menschen. Wenn früher die Männer mit 70 Jahren gestorben sind, dann hat sich der Prostatakrebs gar nicht erst entwickeln können. Ein weiterer Grund: Prostata-, Blasen-, Nieren- und Hodenkrebs sind unter den zehn häufigsten Krebsarten in Deutschland.

Warum haben Sie sich seinerzeit für die Urologie entschieden?

Ich wollte eigentlich Herzchirurg werden und habe in dem Fach auch meine Doktorarbeit geschrieben. Die Urologie, in der ich auch immer wieder tätig war, hat mich für sich durch einen sehr komplizierten Fall gewinnen können, den ich sowohl im Krankenhaus als auch später bei Kongressen habe vorstellen dürfen. Man hat mich gefördert – und so bin ich in den Bereich hineingerutscht, den ich partout nicht machen wollte, weil auch mein Vater Urologe gewesen ist. Und dann ist es doch anders gekommen. Fleiß und Leistung muss man auch bringen, aber letztlich sind die Menschen, die einen fördern, unterstützen und prägen entscheidend. Das war, wenn ich zurückblicke, in meinem ganzen Berufsleben so.

Was zeichnet die Urologie aus?

Es ist ein breit aufgestelltes Fach. In 60 Prozent der Fälle geht es um Krebserkrankungen, zehn bis 15 Prozent sind Steinbehandlungen, 20 Prozent Kontinenz- und Beckenbodenbehandlungen wie Bänder, Netzeinlagen oder Botox und Blasenschrittmacher. Es gibt die Kinderurologie und die plastisch-rekonstruktiven Eingriffe wie zum Beispiel die Penisprothesen oder die künstlichen Schließmuskeln. Und die Urologen sind seit jeher Feinchirurgen. Wir arbeiten zum Beispiel viel mit Miniaturendoskopen.

Muss man als Urologe ein gewisses Faible für Technik haben?

Auf jeden Fall. Entscheidend ist zudem, dass man handwerklich begabt ist. Ich war, als ich Chefarzt in Gladbeck wurde, einer der ersten Schlüssellochoperateure in Nordrhein-Westfalen, und wir haben Live-Übertragungen aus dem OP in den Konferenzraum gemacht. Ich habe übrigens viel in Boston an der Urologischen Klinik des Massachusetts General Hospital gelernt, wo ich zum einen bei Operationen mitgearbeitet habe, zum anderen im Forschungslabor der Harvard Medical School tätig war. Kleine Episode am Rande: Mein Zeugnis hat die spätere US-Außenministerin Condoleezza Rice unterschrieben, die an der Harvard Universität Dekanin war.

Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte?

Das sind sicherlich die minimalinvasiven Operationen, bei denen auch der Da-Vinci-Roboter zum Einsatz kommt, das sind die verschiedenen Laserverfahren bei Steinbehandlungen, bei Prostataerkrankungen und in der Endo-Urologie. Und eigentlich auch die Kinderurologie. Aber das ist immer schwieriger geworden, weil wir in Gladbeck keine eigene Kinderstation mehr haben. Trotzdem führen wir diese Operationen noch durch. Ich habe früher jährlich rund 20 Fehlbildungen operiert, wo wir mithilfe von Mundschleimhaut neue Harnröhren gebildet haben.

Hat man als Chefarzt einer Klinik im St.-Barbara-Hospital oder im Gelsenkirchener Marienhospital noch Zeit zur Forschung?

Wenig. Man hat immer mal wieder Ideen, man nimmt an klinischen Studien teil, für die Forschung selbst bleibt keine Zeit. Da hätte ich mich an der Universität bewerben müssen, aber das wäre nicht mein Weg gewesen, obwohl ich nach Durchlaufen eines Assessment-Centers bereits den Vertrag und die Leitung der Forschungsabteilung von Schwarz Pharma innehatte. Ich habe mich damals bewusst für Gladbeck entschieden, wo ich 2005 einen kleinen Bereich mit rund 1000 stationären Fällen jährlich übernommen habe, den ich heute auf 2700 Fälle ausgebaut habe und mehr als 3000 ambulanten Patientenkontakten. Und dabei waren wir eine der Kliniken in Nordrhein-Westfalen, die immer wieder Neues ausprobiert haben und die immer wieder in neue Technik investiert hat. Die Klinikleitung hat mich dabei stets unterstützt.

Die Krankenhausstrukturreform setzt, vereinfacht gesagt, auf eine Spezialisierung der Kliniken. Wird Gladbeck in Sachen Urologie eine solche Spezialklinik sein?

Wir sind das schon. Mit 2700 Fällen gehört unsere urologische Klinik im St. Barbara-Hospital mit Sicherheit zu den Top 100 Kliniken in Deutschland. Mit Blick auf die Krankenhausplanung NRW haben wir in Gladbeck die Urologie, eine große Neurologie, die Innere Medizin, die sich auf Gastroenterologie und Endokrinologie spezialisiert hat, wir haben die Kardiologie, die Allgemein- und die Unfallchirurgie – damit sind wir als Haus insgesamt wirklich gut aufgestellt. Sicher ist aber auch zu ergänzen, dass die von mir im Marienhospital Gelsenkirchen geführte Klinik für Urologie nach den Planungen des Landesministers, einer von insgesamt nur sieben urologischen Standorten im NRW-Versorgungsgebiet 8 ist. Dies ist eine starke Bestätigung für die Arbeit, die wir als Team in Gladbeck und in Gelsenkirchen leisten. Auch im Marienhospital Gelsenkirchen steigen die Zahlen rapide, sodass wir dieses Jahr bereits 2000 stationäre Fälle erreichen. Nächstes Jahr sind durch die Zentralisierung der urologischen Standorte 2900 Fälle geplant.

Zum Abschluss die Frage: Was müssen wir Patienten tun, welchen Lebenswandel müssen wir führen, um möglichst lange nicht bei Ihnen vorsprechen zu müssen?

Das A und O ist auf jeden Fall die Vorsorge. Ab dem 40. Lebensjahr sollte man einmal im Jahr zum Urologen und den PSA-Wert, den Tumormarker für Prostatakrebs, bestimmen lassen. Urinuntersuchungen sollten regelmäßig auf der Agenda stehen, der Ultraschall für die Nieren ebenfalls. Die Hoden sollten die Männer regelmäßig abtasten und bei Auffälligkeiten gleich einen Arzt aufsuchen. Sportlich aktiv sein, gesunde, abwechslungsreiche Ernährung nicht zu vergessen – das sind gute Grundlagen für ein gesundes Leben.

Zur Person

Prof. Bernhard Planz stammt aus Freiburg in Breisgau. Er hat in Antwerpen, Berlin, Boston und in Aachen studiert. Er war als Oberarzt unter anderem an urologischen Großkliniken wie in Wien (80 Betten) und in Düsseldorf-Golzheim, der größten Urologischen Klinik in Europa mit 125 Betten, tätig.

Seit 2004 ist er Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am St.-Barbara-Hospital in Gladbeck und seit dem 1. Februar 2023 am Marienhospital in Gelsenkirchen. Beide Krankenhäuser gehören zur Katholische Einrichtungen Ruhrgebiet Nord GmbH (Kern).

Planz hält regelmäßig Vorträge auf nationalen und internationalen Kongressen und veranstaltet im Jahr mehr als 30 Patienten- und Arztveranstaltungen. Der 59-Jährige ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.