Gladbeck. Gladbecker Siedlungsbewohner haben einige Wünsche. Fachleute hörten sich in einem Workshops Anliegen an und informierten über Möglichkeiten.
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„Redet miteinander und mit Euren Siedlungsvorsitzenden. Denkt daran: Es geht immer um Euer Geld.“ Diesen dringlichen Appell richtete Klaus Rottmann, Vorsitzender des Kreisverbandes Wohneigentum, an die rund 30 Interessenten, die sich zu einem Workshop in der Stadtbücherei Gladbeck eingefunden hatten. Im Kern dreht es sich bei diesen Runden mit Fachleuten um die Frage: Was ist baulich in Gartensiedlungen erlaubt und möglich? Was nicht?
Nach der Kamp-Kolonie, Ellinghorst II und der Siedlung Erlenstraße ging es diesmal um die Arbeitersiedlungen Zweckel sowie Schultendorf und die Zechensiedlung Uechtmannstraße. Die Siedlungsverbände, der Verein für Orts- und Heimatkunde Gladbeck und die Stadtverwaltung haben gemeinsam mit dem Aachener Stadtplanungsbüro RHA die Workshopreihe initiiert. Büro- und Projektleiter Christoph Klanten (RHA) erklärte zunächst die Zielsetzungen dieses Abends: „Wir wollen von Ihnen erfahren, wo ist Änderungsbedarf und was wollen wir bewahren?“
Stadtverwaltung Gladbeck: „Prozess soll im zweiten Halbjahr 2023 abgeschlossen sein“
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Dabei setzte er drei Schwerpunkte, an denen sich die Diskussion orientieren sollte: Die Bausubstanz und ihre Gestaltung sind für alle wichtige Anknüpfungspunkte, stammen doch die Häuser aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts. Beim Stichwort Nutzungen und Gemeinschaft geht es um die sozialen Aspekte des Zusammenlebens, um Spielplätze und Treffpunkte beispielsweise. Die Begriffe Freiraum und Historie fassen die Fragen nach dem Erhalt des Gartenstadtcharakters der Siedlungen zusammen. Dazu gehören die Vorgärten oder mögliche Erweiterungsbauten im rückwärtigen Bereich.
Seitens der Stadtverwaltung begrüßte Karsten Fuchte, Leiter des Amtes für Planen, Bauen und Umwelt, die Anwesenden. Auf die direkte Frage aus dem Publikum, wie es denn nach den Workshops weitergehe, hieß es, das Aachener Planungsbüro werde die Anregungen der Hausbesitzer zusammenfassen und für die Stadt fachlich fundierte Empfehlungen formulieren: „Dieser Prozess soll im zweiten Halbjahr 2023 abgeschlossen sein.“ Dann sei die Politik gefragt, so der Amtsleiter. Passend zu den Siedlungen waren drei Diskussionstreffpunkte innerhalb des Lesesaals mit dem dazugehörigen Kartenmaterial fixiert. Die Mehrheit der Besucher sammelte sich um die Siedlungen Zweckel und Schultendorf.
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Die Uechtmannstraße lieferte offenbar nicht so viel Diskussionsstoff. Hier wurde die dezente und relativ einheitliche Farbgestaltung positiv hervorgehoben. Sowohl in Zweckel als auch in Schultendorf führte das Thema Erweiterung zu einigen Diskussionen. Für beide Siedlungen existieren Gestaltungssatzungen, die, im Gegensatz zur „Gestaltungsfibel“, bindenden Charakter haben. Da war an diesem Abend auch schon mal von „Schwachsinn“ die Rede, als es um Erweiterungswünsche im hinteren Bereich ging, die aufgrund dessen nicht immer zu realisieren sind.
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Eine Besucherin fragte: „Wie sieht es mit Photovoltaik aus?“ In der Diskussion wurde viel Unsicherheit bei diesem Thema deutlich. Hier müssten Planungsbüro und Verwaltung mehr an die Zukunft denken und eventuell Bebauungspläne ändern, wenn es um Energiefragen gehe, hieß es. Häufig ließen auch die Vorgaben zu wenig Spielraum für die Erweiterung von Bädern oder den Anbau eines weiteren Kinderzimmers. Die ehemaligen Stallungen wurden bisher dafür genutzt.
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Martin Ehm baut seit einiger Zeit an seinem Haus an der Schultenstraße und moniert die fehlende Kontrolle der Stadtverwaltung: „Es halten sich längst nicht alle an die Vorgaben der Gestaltungssatzung.“ Auch werde das vorgeschriebene Tempo 30 kaum eingehalten. „Wie kann ich mein Haus dämmen?“, war eine weitere Frage, die die Gemüter erregte. Oft käme es zu Schimmelbildung, wurde beklagt. Fachmann Klanten erläuterte, dass die Mauerwände mit häufig mehr als 40 Zentimetern Durchmesser gar keine Dämmung benötigten. „Lediglich das Dach und die Anbauten können gedämmt werden“, stellte er klar.
Letzter Workshop
Gladbeck verfügt über mehr als 20 Gartenstadtsiedlungen. Davon hat das Planungsbüro RHA in Absprache mit der Stadtverwaltung für ihre Empfehlungen neun Siedlungen identifiziert, die zunächst untersucht werden.Der dritte und letzte Workshop beginnt am Mittwoch, 21. Juni, um 17.30 Uhr in der Stadtbücherei, Friedrich-Ebert-Straße 8. Es geht dann um die Gebiete Köhnestraße, Brauck A und Brauck B. Weitere Informationen: www.rha-planer.eu
Ein großes Problem scheint auch die Barriere(un)freundlichkeit der alten Bergarbeitersiedlungen zu sein. Claudia Bartels ist in ihrem Haus aufgewachsen. Nun leben dort mit dem Ehepaar, ihrer betagten Mutter und den zwei erwachsenen Kindern drei Generationen unter einem Dach. „Das wird nicht mehr lange so gehen können“, ist Bartels überzeugt. „Das Haus an sich ist so schmal und hat diesen hohen Sockel, da kommt kein Rollator hoch oder durch.“
Nach der dritten Veranstaltung wird das Planungsbüro zu einem Fazit kommen. Doch die Workshops haben bisher bereits gezeigt, dass den Menschen, die dort leben, zwar die Historie ihrer Häuser und deren Bewahrung wichtig ist, aber die zukunftsgerichtete und bezahlbare Lebensqualität spielt ebenfalls eine große Rolle.