Gelsenkirchen. Am 10. Februar soll groß in Gelsenkirchen demonstriert werden. Ist das „linke Meinungsmache“ oder „Mobilisierung für die Demokratie“?
Wenn in Gelsenkirchen „für Demokratie“ auf die Straße gegangen werden soll, dann mag das auf den ersten Blick eine Überschrift sein, unter dem sich fast alle politischen Kräfte versammeln könnten. Aber ein Jahr nach der großen Anti-AfD-Demo in der Gelsenkirchener Innenstadt und Tage nach der historischen Abstimmung zu den Asyl-Plänen der CDU im Deutschen Bundestag, geht es jetzt erneut um die Frage, welcher Rahmen angemessen ist für eine Kundgebung, wie sie am 10. Februar erneut in Gelsenkirchen stattfinden soll. Und wer eigentlich der Richtige ist, um zu so einer Veranstaltung einzuladen.
Da ist zum einen das „Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung“, das jetzt wieder zur Demo aufgerufen hat. Das 2018 gegründete Netzwerk stand schon hinter der Demonstration gegen die AfD im vergangenen Jahr. Vorne mit dabei sind die SPD-Landtagsabgeordnete Christin Siebel und die Co-Fraktionschefin der Grünen-Ratsfraktion in Gelsenkirchen, Adrianna Gorczyk. Auch die Linkspartei und progressive Gruppen wie das „Klimakollektiv“ unterstützen das Bündnis, genauso wie Gemeinden unterschiedlicher Konfessionen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände. Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) sprach bei der Demo vor einem Jahr und will es auch 2025 wieder tun.
Veranstalter: Protest in Gelsenkirchen ist „keine Anti-CDU-Demo“
Man mag sich beim Bündnis bemüht haben, den entsprechenden Aufruf zu der „Demonstration für Menschenrechte“ am 10. Februar nicht wie einen Protestappell gegen CDU-Chef Friedrich Merz wirken zu lassen. „Was uns vereint, sind die Grundrechte und Grundwerte, die unsere Gesellschaft ausmachen: Humanität, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Pluralismus, Solidarität und Teilhabe“, heißt es da etwa. Doch der Zeitpunkt der Demo-Anmeldung – der Freitag, 31. Januar – machte es dann doch schwer, die Veranstaltung nicht auch ein Stück weit als Antwort auf die Asyl-Programmatik der CDU zu verstehen, von der sie bekanntlich einen Teil erfolgreich mit den Stimmen der AfD durchsetzen konnte.
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Adrianna Gorczyk, die am 10. Februar wieder zusammen mit Siebel die Versammlungsleitung übernimmt, sagt dennoch: „Die Demo war tatsächlich vor den Ereignissen im Bundestag geplant und dient der allgemeinen Mobilisierung für eine demokratische Wahlentscheidung.“ Sie sei keineswegs als „Anti-CDU-Demo“ zu verstehen, grenze sich aber klar und deutlich gegen Faschismus ab. „Jeder kann persönlich entscheiden, ob er sich von unserem Demoaufruf angesprochen fühlt.“
FDP Gelsenkirchen kritisiert: „Hier geht es um links orientierte Meinungsmache“
Nicht wirklich angesprochen fühlen von dem Bündnis scheinen sich jedenfalls CDU und FDP – die schon vor einem Jahr beklagten, bei der Anti-AfD-Demo sei es zu wenig darum gegangen, „die bürgerliche Mitte“ einzubeziehen.
„Die Einladung zur ,Demonstration für Menschenrechte und Demokratie‘ vom Aktionsbündnis gegen Rassismus überrascht die FDP-Fraktion. Hier geht es nicht, wie von den Organisatorinnen suggeriert, um den Zusammenschluss der demokratischen Kräfte. Hier geht es, wie bereits im vergangenen Jahr, um vornehmlich links orientierte parteipolitische Meinungsmache - und das ganze 13 Tage vor der Bundestagswahl“, zeigt sich etwa die FDP in einem Pressestatement an die WAZ verärgert.
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
„Auch die FDP bekräftigt ihr Bekenntnis zur Demokratie als beste Staatsform“, sagt Susanne Cichos, die Vorsitzende der FDP-Ratsfraktion in Gelsenkirchen, und bezieht sich damit auf den Demoaufruf. „Das heißt im Gegenschluss aber nicht, dass alle die, die der Einladung des Aktionsbündnisses nicht folgen werden, unsere Demokratie aushöhlen oder abschaffen wollen.“ Ob die FDP dennoch an der Demo teilnehmen werde, könne man noch nicht sagen. „Eine Einbindung in die Planungen hätte unsere Entscheidung durchaus erleichtert“, meint Cichos.

Wenig angetan von den Plänen ist man auch bei der CDU. Wie auch schon vor einem Jahr kritisiert Parteichef und Bundestagskandidat Sascha Kurth, dass man nicht innerhalb der „Demokratischen Initiative“ (DI) frühzeitig für eine Pro-Demokratie-Kundgebung geworben habe. Der bereits 1992 gegründete Zusammenschluss aus Vereinen, Gewerkschaften, Polizei, Festkomitee, sozialen Einrichtungen und Parteien (die Linke ist nicht dabei, dafür die CDU und FDP) hat schon viele Gedenk- und Protestveranstaltungen durchgeführt.
Demokratische Initiative Gelsenkirchen: Wäre sie das richtige Netzwerk für eine Pro-Demokratie-Demo?
„Die CDU begrüßt jede Aktion zur Stärkung der Demokratie, insbesondere auch vor Wahlen“, meint Kurth. Doch man habe erst sehr kurzfristig über die Presse von der Demo am 10. Februar erfahren. „Die im letzten Jahr vereinbarte frühzeitige Beteiligung der ,Demokratischen Initiative‘ als gemeinsame Institution der demokratischen Kräfte hat offenbar nicht funktioniert, sodass auch eine Mitwirkung nicht möglich war“, sagt Kurth. Man beteilige sich jedoch „gerne weiterhin an jeder gemeinsamen und parteiübergreifenden Aktion der ,Demokratischen Initiative‘“. Beim Aktionsbündnis hingegen will die CDU nicht mitmischen.
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
„In der DI sind über 30 Mitgliedsorganisationen zusammengeschlossen, denen einigen, wie etwa der Polizei, gerade in Wahlkampfzeiten besondere Zurückhaltung auferlegt ist“, sagt hingegen Adrianna Gorczyk. „Mir ist nicht bekannt, dass sich die CDU, anders als andere Parteien, im Arbeitskreis der ,Demokratischen Initative‘ engagiert, wo alle geplanten Aktivitäten regelmäßig gemeinsam besprochen werden.“ Es habe auch keine Ansprache der CDU in die Initiative hinein ergeben, eine Aktion anlässlich der Bundestagswahl zu initiieren. Gorczyk findet es daher „schwer nachvollziehbar, warum man dann beanstandet, wenn das Aktionsbündnis eine solche Verantwortung spürt.“
Ob dieser Vorab-Streit die Mobilisierung schmälert oder gar befördert? Angemeldet ist für den 10. Februar jedenfalls eine Teilnehmerzahl von 500 Personen.