Gelsenkirchen. Wie tickt Adrianna Gorczyk? Was motiviert die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gelsenkirchener Rat sich zu engagieren? Das WAZ-GEspräch.
Adrianna, gerufen Ada, Gorczyk bestellt für sich ein vegetarisches Käse-Frühstück. Die Co-Ratsfraktionsvorsitzende der Gelsenkirchener Grünen hat sich das Café Faber an der Hauptstraße als Ort für das WAZ-GEspräch ausgesucht. Hier fühlt sie sich wohl, hier kehrt sie gerne ein und hier redet sie nun darüber, wie sie tickt, was sie bewegt und warum sie bei den Grünen ihre politische Heimat gefunden hat.
Gorczyk ist vor bald 35 Jahren im polnischen Rybnik geboren. „Einer Stadt, die in ihrer Bergbaugeschichte, Gelsenkirchen ähnelt“, sagt sie. Als sie viereinhalb Jahre alt ist, ziehen ihren Eltern und Großeltern mit ihr nach Gelsenkirchen, ihr Vater hat damals Verwandtschaft in Bottrop, das Ruhrgebiet wird fortan zur neuen Heimat der polnischen Spätaussiedler - und für Adrianna zur Herzensangelegenheit.
Gelsenkirchener Grünen-Politikerin über ihr Motto: Sich gegenseitig verstehen wollen
Gorczyk versteht zwar noch polnisch, sprechen kann sie es aber nicht. Daheim wurde eben in erster Linie deutsch gesprochen, außer wenn Oma da war. Dann hieß es: Großmutter spricht polnisch, Ada antwortet auf deutsch. „Das ist kein Problem. Wir verstehen uns gut“, sagt die 34-Jährige. Man müsse sich nur gegenseitig verstehen und aufeinander zugehen wollen!
Das ist auch, was für Gorczyk über allem steht, was sie antreibt: Die Suche nach dem Weg zu einer toleranten und friedlichen Gesellschaft, in der die Menschen Verständnis füreinander haben, ohne Armut, ohne soziale Unterschiede.
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Die studierte Philosophin und Theaterwissenschaftlerin hat sich immer schon mit den Fragen zum großen Ganzen beschäftigt, wie sie sagt. Sie hat sich Gedanken über soziale und ökonomische Unterschiede gemacht, sinniert, wie Gesellschaften funktionieren und wie es anders – in ihren Augen besser – gehen könnte. Gorczyk will ihren Teil dazu beitragen, die Gesellschaft dahingehend zu verändern. „Deshalb engagiere ich mich in der Politik“, sagt sie.
Adriana Gorczyk: „Sozial- und Umweltpolitik sind keine Entweder-oder-Fragen“
Die Gelsenkirchenerin zählt sich selber zum linken Flügel der Grünen und gibt zu, dass sie als Jugendliche, als sie sich der Grünen Jugend anschloss, durchaus auch bei der Linkspartei hätte landen können. Dass auf ihrem T-Shirt das Zitat „Das ist nicht links, sondern logisch“ des Komödianten Moritz Neumeier gedruckt ist, ist gewissermaßen die modegewordene Unterstreichung dessen, wie Gorczyk denkt und lebt. Angesichts der vergleichsweise geringeren Relevanz der Partei Die Linke und der parteiinternen Querelen ist sie heute aber froh, dass sie nicht dort, sondern bei den Grünen gelandet ist, wie Gorczyk verrät.
Die soziale Frage war und ist für die Geschäftsführerin der Grünen Nachwuchsorganisation in NRW persönlich zwar wichtiger als Umweltschutzpolitik. Das ist aber keine ’Entweder-oder-Frage’“, stellt Gorczyk klar. „Man kann sich gleichzeitig für Umweltpolitik, für Tierschutz und die Bekämpfung von Armut, Rassismus, Diskriminierung, Chancenungleichheit und mehr engagieren“, unterstreicht die 34-Jährige ihren Standpunkt, und will das auch als Botschaft verstanden wissen.
„Ich verstehe nicht, warum uns die Leute manchmal fragen, ob wir in Gelsenkirchen denn keine dringenderen Probleme sehen würden, wenn wir uns beispielsweise für eine autofreie Innenstadt starkmachen. Natürlich wissen wir auch um die Müllprobleme oder um das manchmal schwierige Miteinander mit Zuwanderern aus Südosteuropa, um die hohe Arbeitslosigkeit usw.. Und wir bringen uns in diesen Themen ebenso ein.“ [Lesen Sie auch:Etwa 10.000 Bulgaren und Rumänen leben in Gelsenkirchen zumeist friedlich mit ihren Nachbarn, doch allzu oft gibt es auch Probleme. Ein Dossier.]
Gelsenkirchener Ratsfrau mit Faible für Fakten, von Vernunft geleitet
Die Politikerin geht aber nicht auf Konfrontationskurs, sondern versucht zunächst sich und ihre Partei selbst zu hinterfragen. So wie es grundsätzlich ihre Art sei. „Ich bin immer offen für andere Argumente und habe auch kein Problem damit, meine Positionen zu korrigieren, wenn ich aufgrund von Fakten eines besseren belehrt werde“, sagt Gorczyk. Pragmatisch, nicht dogmatisch also? „Auf jeden Fall Vernunft geleitet“, antwortet die junge Frau aus Schalke.
Aber auch die sonst rationale Strategin, die eigentlich lieber hinter den Kulissen in ihrem Düsseldorfer Büro die Parteiarbeit der Grünen Jugend organisiert, als auf der politischen Bühne zu stehen, erlaubt sich manch’ ausgefallenen Traum. „Ich wollte eigentlich immer ein Katzen-Café haben“, sagt sie. Ein was? „Na ja, ein Café, in dem Katzen herumlaufen. Ich liebe Katzen“, gesteht Gorczyk und berichtet von ihren beiden Vierbeinern.
Ihrer Tierliebe wegen ernährt sie sich seit einigen Jahren auch vegetarisch, was zwar jedes Weihnachten zur Diskussion mit der lieben polnischen Oma führe, wie das Kind denn nur den Braten verschmähen könnte. „Doch inzwischen mache ich für meine ebenfalls vegetarische Schwägerin und mich einen fleischlosen Braten“, so die Politikerin. Womit der Hausfrieden bei den Gorczyks auch zu Weihnachten gewahrt bleibe. Toleranz und Verständnis füreinander – das stehe ja schließlich über allem.
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