Gelsenkirchen. An der Einbürgerungsbehörde in Gelsenkirchen gab es in der Vergangenheit viel Kritik. Das müssen die Mitarbeiter dort jeden Monat abarbeiten.
Hunderte Anrufe, kein Erfolg: Nachdem die WAZ im Sommer über den Riesen-Frust von potenziellen Neubürgern berichtet hatte, die vergeblich versucht hatten, ihre Angelegenheiten bei der Einbürgerungsbehörde zu klären, versuchte die Wähler Initiative NRW (WIN) mehrmals, einen Sachstand zum Thema auf die Tagesordnung in der Lokalpolitik zu bringen. Denn auch man selbst erhalte „eine Vielzahl von Beschwerden“ und nehme eine „große Unzufriedenheit“ mit den Einbürgerungsprozessen in Gelsenkirchen war. Nachdem die Große Koalition aus SPD und CDU sowie andere Fraktionen entsprechende Anträge von mehreren Tagesordnungen gewischt hatten, hat die Verwaltung nun im Ordnungsausschuss schriftlich Stellung genommen. Eine Erkenntnis daraus: Die Stadt hat personell aufgestockt – aber die Bearbeitungszeit der Einbürgerungsanträge liegt weiterhin bei rund zwölf Monaten.
104 fertig bearbeitete Einbürgerungsanträge im Monat in Gelsenkirchen
Immerhin ist mittlerweile aber die Wartezeit bei den Terminen entfallen. Wie berichtet, gibt es seit September die Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit in Gelsenkirchen online ohne vorherige Terminvergabe zu beantragen. Von Anfang Januar bis Ende September 2024 wurden nach Angaben der Stadtverwaltung zirka 940 Anträge abschließend bearbeitet. In 730 Fällen kam es zur Einbürgerung, 210 Anträge mussten abgelehnt werden – etwa weil die Antragsteller ihren eigenen Lebensunterhalt nicht sichern können, weil Sprachkenntnisse fehlen oder Straftaten aktenkundig sind.
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„Für das laufende Jahr kann somit von durchschnittlich ca. 104 vollständig bearbeiteten Anträgen pro Monat ausgegangen werden“, heißt es. Das ist eine deutliche Steigerung zum letzten Jahr: 2023 waren es lediglich 76 abgeschlossene Fälle pro Monat und 2022 sogar nur 66 Fälle. Erreicht werden konnte das augenscheinlich durch eine Aufstockung im Stellenplan: 5,75 Vollzeitstellen waren es Mitte 2023, 9,75 sind es heute.
Abarbeiten müssen diese Verwaltungsmitarbeiter einen immer größer werdenden Aktenberg: Schon im September 2024 war von 3000 offenen Anträgen die Rede, vor allem bei den Syrern schnellten die Anträge in den letzten Jahren und Monaten nach oben.
Einbürgerungen: Stadt Gelsenkirchen geht von 30.000 zusätzlichen Berechtigen aus
Seit Juni 2024 gilt das neue Staatsangehörigkeitsrecht, das es beispielsweise grundsätzlich ermöglicht hat, neben dem deutschen auch den alten Pass zu behalten. Auswertungen in Gelsenkirchen hatten ergeben, dass durch die doppelte Staatsangehörigkeit zirka 20.000 Personen zur Antragstellung in der Einbürgerungsbehörde motiviert werden könnten. Hinzukommen zirka 5000 Personen mit Flüchtlingsstatus, die – vor allem mit Blick auf ihre Aufenthaltsdauer in Deutschland – eine Kernbedingung erfüllen.
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„Ab Anfang 2025 wird sich dieser Personenkreis noch einmal um ca. 5000 Personen erhöhen, so dass von einem potentiellen Anspruchsberechtigtenkreis von 30.000 Personen ausgegangen werden kann“, hält die Verwaltung fest. Nicht auswerten könne man jedoch, ob neben den zeitlichen auch die weiteren Voraussetzungen für den deutschen Pass erfüllt werden und wie viele Personen letztendlich wirklich einen Antrag stellen.
Ausländerbehörde kann nicht entlastet werden durch mehr Einbürgerungen
Die WIN-Fraktion um Fraktionsgeschäftsführer Ali-Riza Akyol fordert seit Jahren eine „Einbürgerungsoffensive“ in Gelsenkirchen. Die Idee dahinter ist, auch die chronisch überlastete Ausländerbehörde zu entlasten. Denn wer einmal eingebürgert ist, der hat eigentlich nichts mehr mit der Behörde zu tun. Die Stadtverwaltung allerdings glaubt nicht an diesem Zusammenhang. Die Einbürgerungen würden „langfristig nicht zu einer signifikanten Entlastung der Strukturen bei der Ausländerbehörde führen“, ist man im Hans-Sachs-Haus überzeugt.
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Der Grund dafür: „Alle Personen, für die eine Einbürgerung in Frage kommen, sind mindestens im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Der Großteil dieses Personenkreises verfügt sogar bereits mit der Niederlassungserlaubnis über ein Daueraufenthaltsrecht“, so die Stadt. Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis stehe beispielsweise nur alle drei Jahre an. Und: „Da die Ausländerbehörde bei jedem Antrag auf Einbürgerung durch Auswertung der kompletten Ausländerakte beteiligt wird, kann kurzfristig durchsteigende Antragszahlen eher von einer Mehrbelastung ausgegangen werden.“