Essener Süden. Heimspiel für die Autoren des „Currywurst“-Buches aus dem Klartext-Verlag: In Essen-Werden veranstalteten Tim Koch und Gregor Lauenburger ein Tasting.

In Deutschland werden jährlich 800 Millionen Currywürste verspeist. Nun wurde die wahre Geschichte der Kult-Leckerei aufgedeckt. Gregor Lauenburger ist Schulseelsorger am Werdener Mariengymnasium und hat herausgefunden, dass der Snack nicht etwa erst 1949 in Berlin erfunden wurde, sondern bereits 1936 in Duisburg-Marxloh erhältlich war. Auf den Trichter brachte ihn seine „Omma“ Gertrud: „Currywurst haben wir schon vor dem Krieg gegessen.“

Der Kettwiger Tim Koch ist seit mehr als 30 Jahren in Gastronomie und Hotellerie zuhause, brachte mehrere Ketchup- und Currywurstsaucen in den Handel. Zusammen mit Lauenburger hat er im Essener Klartext-Verlag das launige Buch „Alles Currywurst – oder was?“ veröffentlicht. Ein Kassenschlager.

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Das Buch ist eine Mischung aus nerdigem Nischen-Wissen, historischer Detektivarbeit, witzigen Storys und auch scharf gewürzter Bildsprache. Denn Illustrator Dirk Uhlenbrock (aus Werden) ist hier zur Bestform aufgelaufen.

Die Lesung wird mehr und mehr zum Talk mit den Gästen

Ins „Haus Wunderbar“ an der Werdener Rittergasse haben die beiden Autoren eingeladen zum Tasting mit Gesprächsanteilen. Ist die wahre Curry- nun eine Brat- oder eine Brüh-, oder gar eine Bockwurst? Wie schneidet man sie? Mit Schere oder Maschine oder gar nicht, sondern erst auf dem Teller? Fragen über Fragen, die das Autorenduo nur zu gerne und ausführlich beantwortet. Die angekündigte Lesung wird so mehr und mehr zum Talk.

Klassisch: Currywurst mit Brötchen. Zur Lesung mit Tasting gab es allerdings die vegane Variante in kleinen Schüsseln.
Klassisch: Currywurst mit Brötchen. Zur Lesung mit Tasting gab es allerdings die vegane Variante in kleinen Schüsseln. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Wie auf Knopfdruck sprudeln unbezahlbare Anekdoten aus diesen erklärten Fans des würzigen Kultobjektes. Zunächst stellen die beiden klar: „Hinterfragt Qualität und Herkunft.“ Koch ist zwar keiner, zaubert aber eine vegane Alternative. Die „Vürste“ sind von einem Hamburger Startup und erbsenproteinbasiert. Ausgiebig darf probiert werden, mit Nachschlag.

In der VW-Kantine wird die Wurst ungeschnitten serviert

Dass es ein großes Publikum gibt für die schönste Wurstsache der Welt, ist unbestritten. So manche Lesung haben die beiden schon hinter sich. Etwa in Braunschweig, wo man auf die „VW-Wurst“ setzt. Bitte was? Da holt Tim Koch ein wenig aus. Die Volkswagen-Currywurst, übrigens eine Bockwurst, sei für die Werkskantinen gedacht, stehe aber so auch im VW-Katalog: „Mit der Bestellnummer 199 398 500 A.“ Der Ketchup dazu hat am Ende ein B statt des A.

Dort in Braunschweig wurde die VW-Wurst übrigens ungeschnitten serviert. Und dann erst auf dem Teller zerteilt. Allgemeines Kopfschütteln ob solcher barbarischer Essgewohnheiten. Aber womit sollte man die Wurst teilen? Mit einer, das Wort hat Lauenburger doch jetzt bestimmt erfunden, mit einer „Flapp Flapp“-Maschine? Oder doch Schere? Die drücke das Fleisch ein wenig, sagt eine der Gäste und so könne es mehr Sauce aufnehmen.

In Essen-Werden war die Pommesbude von „Porno Erwin“ legendär

Die Gäste ließen es sich schmecken. In gemütlicher Runde wurden Anekdoten aus dem Dorf erzählt.
Die Gäste ließen es sich schmecken. In gemütlicher Runde wurden Anekdoten aus dem Dorf erzählt. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Gast Christoph Fleischer kommt das waddische Imbiss-Idol Erwin Hoffmann in den Sinn: „Bei Porno Erwin, wie wir ihn nannten, konnte man technologische Entwicklungen beobachten. Erst schnitt er mit der Schere, später hatte er automatische Fleischschneider.“ Hoffmann hatte nicht mehr alle Finger an der Hand und spielte Neukunden gerne einen Scherz. Das „Porno“ im Namen des 1986 Ermordeten hat zwei Erklärungsansätze. Die einen meinen, dass es von den nackten Grillhähnchen stamme, die gut sichtbar im Fenster rotierten. Andere wissen, dass da noch ganz andere Nackedeis waren, aber sorgfältig hinter der Theke versteckt.

Nochmals zurück zur tierleidlosen Ernährung. Tim Koch ist Vegetarier. Also fast zumindest. Und missionarisch unterwegs: „Ich find’s total gut, wenn sich vegetarische und vegane Produkte durchsetzen. Das ist gut für die Umwelt, für den Planeten, für unsere Kinder.“ Irgendwann erwarte er nur noch pflanzliche Produkte bei der Currywurst. Geschmacklich könnten die „Vürste“ längst mithalten: „Total cool. Das beste Produkt, das es gibt, auch von der Konsistenz her.“

Demnächst ist ein Streitgespräch im Werdener Mariengymnasium geplant

Gregor Lauenburger hat recherchiert, was das Zeug hält. Hat nach langen Gesprächen, Korrespondenzen, Studien in Familienfotoalben und Rechnungsbüchern und natürlich unzähligen Currywurst-Probier-Portionen ein Schatzkästlein an Geschichten beisammen, die den Rahmen des Buches gesprengt hätten. Zumindest des ersten, zwinkert Lauenburger: „Vielleicht kommt ein zweites Buch?“

Das hört auch Buchhändler Dennis Hasemann (Schmitzbuch) gern, der mit einem kleinen, aber feinen Büchertisch vor Ort ist. Hasemann wird Tim Koch und Gregor Lauenburger die große Bühne bieten, am 15. Februar 2025 im Forum des Werdener Mariengymnasiums. Dort soll ein „Streit- und Kulturgespräch“ geboten werden. Denn immer noch ist zu klären: „Currypulver nur in der Sauce oder auch obendrauf?“

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