Essen-Werden. Auf ihrer gastronomischen Dreikönigs-Tour erleben die erwachsenen Sternsinger in Essen-Werden allerhand Erstaunliches und begegnen sogar Promis.
Dreikönigssingen. Ein guter Brauch, der bereits im 16. Jahrhundert nachweisbar ist. Das passt zum uralten Werden. Als Könige und Königinnen verkleidet, stiefeln Sternsinger durchs Abteistädtchen. An den ersten beiden Freitagen im Januar gibt es eine erwachsene Variante, die abends die Werdener Gastronomie abklappert.
Ein Lied und kurze Erklärungen, dann wird um Spenden gebeten fürs Kindermissionswerk. Das diesjährige Projekt sammelt für Umweltbildungs-Projekte im Regenwald Amazoniens. Dabei stoßen die hier und heute vier Weisen aus dem Morgenland auf viel positive Rückmeldungen – auch von höchster Stelle, wie sich noch herausstellen sollte.
Eltern von Marienschülern engagieren sich bei Aktion
Erfunden hat’s Schulseelsorger Gregor Lauenburger vom bischöflichen Mariengymnasium. Da Kinder nun mal nicht abends losgingen, und schon gar nicht in Kneipen, wolle man das Engagement der Gemeindejugend komplettieren. Zumal immer weniger Haushalte aufgesucht würden, denn auch Sternsinger hätten Nachwuchssorgen.
Treffpunkt ist am Mariengymnasium. Umhänge und Kronen liegen bereit. Königin Iris Budach und König Christopher Böhmer haben Kinder auf dem Mariengymnasium, helfen regelmäßig bei Aktionen der Schulseelsorge und machen selbstredend auch bei der Gaststättentour mit. Seelsorgerin Agathe Jänike arbeitet beim Bistum im Bereich der „Glaubenskommunikation“ und findet sich hier genau richtig: „Ins Gespräch werden wir sicherlich kommen.“ Wie recht sie doch haben wird…
Schneller Kostümwechsel, dann geht es los. Bis zur „Vinothek“ ist es nicht weit. Die vier Sänger erklären kurz ihr Anliegen und legen stimmgewaltig los mit ihrem „Seht ihr unsern Stern dort stehen?“. Das Publikum ist leicht überrumpelt, findet’s aber gut: „Tolle Idee“. Reihum werden „Christus mansionem benedicat“-Aufkleber verteilt und es klimpert in den Spendendosen. Lauenburger erklärt in seinem besten Englisch einem sichtlich irritierten Gast den Sinn der Sache.
Sternsingern schlägt beim Publikum viel Sympathie entgegen
Und erinnert sich an die Vorwoche: „Beim ersten Teil unserer Tour wollten zwei junge Männer unbedingt wissen, was wir da treiben.“ Die beiden Muslime kannten den Brauch nicht und nahmen nach einem Gespräch sehr gerne den christlichen Segen entgegen.
Gregor Lauenburger ist überzeugt, dass vieles besser laufen würde, wenn sich die Religionen vorurteilslos und auf Augenhöhe begegnen würden. Mit ein wenig Verständnis für das Gegenüber.
Im „Amalfi“ schlägt den Sternsingern und ihrem fröhlich vorgetragenen Engagement viel Sympathie entgegen Lauthals wird mitgesungen. Bernd Steinmann und Stefan Loos vom Essener Gitarrenduo scherzen, sie hätten leider ihre Instrumente vergessen. Auch Herbert Knebels Bassist „Ernst Pichl“ ist ganz privat hier und grinst: „Ich könnte höchstens was auf dem Kamm blasen.“ Vielleicht im nächsten Jahr.
Im „I love Bowls“ waren die Gäste gerade gegangen. Doch dann geht die Tür auf und eine sichtlich überraschte Kundin tritt ein. Sie bekommt eine exklusive Privatvorstellung und ist geradezu gerührt. Nur mit einer Spende werde es schwierig, da sie kein Bargeld dabei habe. Kein Problem, erklärt Agathe Jänike: „Auf dem Infozettel ist eine Kontonummer notiert.“ Zukünftig solle man sich Möglichkeiten bargeldlosen Zahlens überlegen, schreibt sich Lauenburger ins Notizbuch.
Stattliche Summe gesammelt
Nicht überall wurde das königliche Quartett mit offenen Armen empfangen. So wollte ein bekannter Gastronom ihnen ausdrücklich keine Herberge gewähren. Leicht frustriert gab Seelsorger Lauenburger zu Protokoll: „Ihm hat‘s im Vorjahr nicht gefallen. Wir wollen und werden uns nicht aufdrängen.“
Die Sternsinger wurden auch in Diskussionen verwickelt, die wenig Verständnis für die Sammelaktion zeigten. Doch der Zuspruch war hoch, was auch das Gesamtergebnis dokumentierte. So wurden stattliche 1340,47 Euro an Spendengeldern gezählt.
Erinnerungsfoto mit Bischof Overbeck beim Italiener
In der „Piazetta da Mario“ staunen die Könige nicht schlecht. Denn plötzlich steht ihr Bischof vor ihnen. Franz-Josef Overbeck ist zurzeit „auf Visitation“ in der Pfarrgemeinde St. Ludgerus und hat offenkundig Spaß am ungewöhnlichen Auftritt. Schnell noch ein Erinnerungsfoto mit dem Bischof und dem fast vor Stolz platzenden Wirt Mario Francese und dann geht es in die „Tuchmacher Stuben“.
Die Traditionskneipe ist gerammelt voll. Als Gäste während des Singens weiter quatschen, gebietet Wirt Wolfgang Werk ihnen mit einem energischen Glockenschlag Einhalt. An der Luciuskirche vorbei eilen die Könige in Richtung Stauwehr. Im „Andalucia Casa Pedro“ hat man Mitleid mit der dürstenden Karawane und Padron Pedro fragt: „Wollt ihr ein Bier?“ Vorm „Apfelbaum“ wartet schließlich das Wirtspaar Kia und Saša Mijatovic schon auf die Könige. Auch hier zeigt sich die Kundschaft spendabel und die Sternsinger lassen einen erfreulichen Abend gutgelaunt ausklingen.
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