Duisburg. Ein sorgenloses Fest ist nicht für jeden normal. Deshalb unterstützt der Verein „Bürger für Bürger” Bedürftige dabei, über die Feiertage zu kommen.
Obdachlose, Rentner, Geflüchtete: Es ließe sich ein Buch über die Geschichten der Menschen schreiben, die am Montag vor Heiligabend zur Weihnachtsausgabe der Lebensmittelhilfe „Bürger für Bürger“ gekommen sind. Eine halbe Stunde vor Ausgabebeginn stehen schon Dutzende Menschen vor der Eingangstür. Das Vereinshäuschen an der Brahmsstraße wird einmal mehr zum Schmelztiegel der Kulturen. Die Wartenden unterhalten sich – auf Deutsch, Ukrainisch oder Arabisch.
Normalerweise wird der Verein durch Lebensmittelspenden von circa 60 Großhändlern aus Duisburg und Moers versorgt. Im vergangenen Jahr entschloss man sich, für die Feiertage Einkaufstaschen mit zugekauften Waren auszugeben. „Das lief so gut, dass für uns schnell feststand, dass wir das in diesem Jahr wieder machen wollen“, erklärt der Vereinsvorsitzende Stefan Lüben. Für jeden gibt es vier randvoll gepackte Taschen: zwei mit Grundnahrungsmitteln, eine mit Getränken und eine weitere mit frischem Obst und Gemüse. Insgesamt wurden an diesem Tag 300 Menschen versorgt.
Duisburger Verein „Bürger für Bürger“ hatte für jeden vier Taschen mit Lebensmitteln
Viele Geflüchtete aus der Ukraine sind zu der Weihnachtsausgabe gekommen. Unter ihnen ist Olena, die 2022 vor dem russischen Angriffskrieg geflohen ist. Die deutsche Sprache fällt ihr schwer. Doch das Team von „Bürger für Bürger“ ist mit rund 60 Helfern aus verschiedenen Nationen und Altersklassen ebenso vielfältig wie die Kundschaft. Ein Ukrainisch sprechender Helfer eilt sofort heran, um die Sprachbarriere zu überwinden.
Olena freut sich sehr über die Hilfsbereitschaft der Menschen, die sie seit ihrer Ankunft in Deutschland erfahren hat. „Ohne das Angebot müssten wir an Heiligabend auf das traditionelle Abendessen mit der ganzen Familie verzichten“, erklärt sie. Ein anderer ukrainischer Geflüchteter stimmt ihr zu. „So bleibt etwas Geld für die Geschenke der Kinder übrig“, sagt Serhii.
Das ist der Effekt, den sich Lüben und seine Mitstreiter von der Aktion erhoffen. Menschen mit prekärer Einkommenssituation seien daran gewöhnt, das ganze Jahr auf Sachen zu verzichten. „Wenn wir dazu beitragen, dass die Leute nur zehn bis 20 Euro mehr in der Tasche haben, um sich etwas Schönes an Weihnachten zu gönnen, ist unser Ziel schon erreicht“, so der Vorsitzende.
„Bürger für Bürger“: Ein Ort, an dem sich Menschen verbinden
Jedem Kunden wurde im Vorfeld ein festes Zeitfenster zugewiesen, wann er seine Taschen abholen kann. Trotzdem kommen einige früher, um mit Nachbarn und alten Bekannten ins Gespräch zu kommen. Darunter auch Elfi aus Rheinhausen. Sie packt selbst seit sieben Jahren ehrenamtlich im Verein an. Heute nimmt die Rentnerin allerdings einen Platz in der Warteschlange ein. Sie wird Heiligabend gemeinsam mit ihrer Familie verbringen. Sorgenfreie Feiertage seien ihr in diesem Jahr besonders wichtig. Denn vor Kurzem wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. „Ich möchte in Ruhe die Zeit mit meiner Familie genießen, um für die kommende Zeit Kraft zu schöpfen“, sagt sie.
Ihre Freundin Doro ist durch den Verein „Regenbogen Duisburg“, der Menschen mit psychischer Erkrankung unterstützt, auf die Rheinhauser Lebensmittelhilfe aufmerksam geworden. Die Neudorferin nimmt gerne den langen Weg auf die andere Rheinseite auf sich. „Das ist alles richtig familiär hier“, sagt sie. Ihr gefällt es, dass die Helfer einen so akzeptieren, wie man ist. Obwohl sie in ihrer Vergangenheit „viel Scheiße gebaut“ hat, ist sie sehr dankbar, dass sie sich zwischenzeitlich sogar selbst als Helferin engagieren durfte.
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Weihnachten wird Doro allerdings nicht feiern. Sie habe sowieso den Kontakt zu vielen ihrer Familienmitglieder verloren. Ihre Mutter werde sie über die Feiertage zwar besuchen, gefeiert wird aber nicht, weil sie nicht gläubig ist. „Ich pass mich da ihr zuliebe an“, sagt sie. Trotzdem hilft ihr die Weihnachtsausgabe, um einigermaßen sorgenfrei über das Jahresende zu kommen. Zumal die Lebensmittelhilfe bis zum 2. Januar Betriebsferien haben wird.
>> „BÜRGER FÜR BÜRGER“ BRAUCHT DRINGEND SPENDEN
- „Im Jahr 2023 haben wir zum ersten Mal für die Weihnachtsausgabe Lebensmittel aus Mitteln des Stärkungspaktes NRW zugekauft. Dieses Jahr gab es diese Finanzierungsmöglichkeit nicht“, sagt Lüben.
- Insgesamt sind knapp 9000 Euro für die Aktion gesammelt worden. Es wurde mit 50 Euro pro Familie kalkuliert. Deshalb wurden etwas über 15.000 Euro für die Aktion ausgegeben. Um die Lücke schließen zu können, hofft Lüben immer noch auf Spenden über die Spendenplattform der Sparkasse Duisburg.