Bottrop/Essen. Der Bottroper Klima-Aktivist Malte N. klebt sich auf Straßen und blockiert den Düsseldorfer Flughafen. Jetzt steht der 21-Jährige vor Gericht.

Der Prozess hatte noch gar nicht begonnen, da stand Malte N. schon vor dem Essener Landgericht. „Klimakatastrophe zulassen = kriminell“, stand auf einem der Plakate seiner Mitstreiter, die eine kleine Mahnwache für ihn veranstaltet hatten. Der 21-Jährige aus Bottrop gehört zur Bewegung „Letzte Generation“. Im vergangenen Jahr hat er sich an zahlreichen Protest-Aktionen beteiligt. Seit Donnerstag wird ihm deshalb der Prozess gemacht.

Malte vor dem Essener Landgericht, wo seine Mitstreiter eine Mahnwache für ihn abgehalten haben.
Malte vor dem Essener Landgericht, wo seine Mitstreiter eine Mahnwache für ihn abgehalten haben. © WAZ | Jörn Hartwich

Die spektakulärste Aktion fand am 13. Juli 2023 auf dem Düsseldorfer Flughafens statt. „Wir haben uns gefühlt wie David gegen Goliath“, sagte der 21-Jährige den Richtern. Die Aktion sei völlig „krass“ gewesen. „Wir dachten, wir schaffen etwas Großes. Wir setzen uns dem fossilen ,Weiter so‘ und der Zerstörung unserer Zukunft entgegen – friedlich und nur mit unseren Körpern.“ Außerdem habe man durch die Aktion massiv Emissionen verhindert.

Protestaktion am Düsseldorfer Flughafen: Passagiere mussten stundenlang warten

Fünf Personen hatten damals den Stacheldraht des Flughafen-Geländes zerschnitten, waren zu einem der Rollfelder gerannt und hatten sich auf den Asphalt geklebt. Eine Gefahr für den Luftverkehr habe seiner Ansicht nach aber nicht bestanden.

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Rund drei Stunden lang hatte der Flugverkehr laut Anklage damals komplett gestoppt werden müssen. Ein Hubschrauber mit einer Wärmebild-Kamera hatte auf dem Gelände nach weiteren Umwelt-Aktivisten gesucht. Flugzeuge, die bereits mit Passgieren besetzt waren, mussten mehrere Stunden auf dem Vorfeld warten, bevor ein Start möglich war.

RWE-Zentrale mit Farbe besprüht, Straße in Bottrop blockiert

Bei anderen Aktionen wurde die Zentrale der RWE AG in Essen mit orangener Farbe besprüht, genau wie das historische Rathaus in Hamburg oder eine Reiterstatue in Köln. Außerdem kam es immer wieder zu Klebe-Blockaden auf Straßen. Einmal hat sich der 21-Jährige auch an die Drehtür des NRW-Innenministeriums geklebt.

Malte mit seinem Verteidiger Christian Mertens im Sitzungssaal des Landgerichts.
Malte mit seinem Verteidiger Christian Mertens im Sitzungssaal des Landgerichts. © WAZ | Jörn Hartwich

In Bottrop wurde am 14. Juli vergangenen Jahres die Kreuzung Essener Straße/ Lehmkuhle blockiert. Dabei trugen die Teilnehmer Gesichtsmasken und hatten ein Plakat dabei. Darauf stand: „Wir brechen das Gesetz.“

Angeklagter Klima-Aktivist kommt aus behütetem Elternhaus in Bottrop

Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft über 20 Straftaten angeklagt. Es geht um Hausfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung und mehr. Malte N. kommt nach eigenen Angaben aus behütetem Haus. Das Abitur beendete er mit einer eins vor dem Komma, schrieb sich später als Student ein. Die Wende kam angeblich nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. „Da war mir klar: Ich muss etwas tun.“

Dass gerade Klebe-Aktionen auf Straßen nicht überall auf Verständnis stoßen, weiß der 21-Jährige selbst. „Wir wollen alle unserem Alltag nachgehen – und das möglichst ungestört“, sagte er am Rande des Prozesses. „Da ist es natürlich doof, wenn da plötzlich Leute sitzen und sie auch noch mit der Klimakatastrophe konfrontieren, die wir im Alltag alle ausblenden wollen.“

Zweifel an seinen Aktionen hat er nicht. „Die Umweltsituation ist so gefährlich, dass wir alles versuchen müssen, was erfolgversprechend ist.“ Deshalb könne man es sich nicht leisten, lange darüber zu diskutieren, was die angemessenen Mittel seien. „Dann ist es irgendwann zu spät.“

Malte N. (21) droht keine Gefängnisstrafe

Die Zeit der Klebe-Aktionen sei jedoch vorbei. „Wir haben gemerkt, dass sich das medial abgenutzt hat“, so Malte N. am Rande des Prozesses. Gleichzeitig sei die Gewalt der Autofahrer und auch der Polizei gegenüber den Protestierenden stark angestiegen. An „zivilem Ungehorsam“ wolle er sich aber auch weiter beteiligen.

Eine Gefängnisstrafe droht ihm nach vorläufiger Einschätzung der 25. Strafkammer nicht. Nach aktuellem Stand werde Malte N. das Gericht auch im Falle einer Verurteilung als „freier Mann“ verlassen. Die Angst vor einer Inhaftierung ist dem 21-Jährigen so schon einmal genommen worden. Das Urteil kommt möglicherweise noch in diesem Monat.