Bottrop. Die IHK hat die Passanten in der Bottroper Innenstadt gezählt. Im Zehnjahresvergleich werden es immer weniger. Was die Wirtschaftsförderer sagen.
Samstags um elf ist die Welt noch halbwegs in Ordnung in der Bottroper Innenstadt. 1.995 Besucher werden pro Stunde vom Wochenmarkt angezogen. Auf der von Leerständen gezeichneten Hansastraße sind zur besten Marktzeit nur knapp die Hälfte unterwegs. Und für beide Straßen gilt: Im Vergleich zum Schnitt der letzten zehn Jahre haben sie weiter an potenziellen Kunden verloren (siehe Grafik).
Diese und andere Zahlen meldet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen in ihrem Passantenfrequenzbericht. Die IHK misst die Frequenzen in den Innenstädten in ihrem Bezirk seit 2014. Mit der Zählung 2024 hat sie aber eine Methode angewandt, mit der die Ergebnisse deutlich mehr Aussagekraft bekommen als in den Vorjahren.
IHK-Handelsreferent Christian Paasche sagt dazu: „Die Zählung im Jahr 2024 erfolgte erstmalig auf Basis von GPS-Bewegungsdaten an zwei Tagen über einen Zeitraum von acht Wochen im Frühling sowie an vorher abgestimmten Standorten. Mit diesem Ansatz sind die Ergebnisse umfangreicher und damit noch aussagekräftiger, da singuläre Ereignisse oder Besonderheiten weniger stark ins Gewicht fallen.“
Was geben die Zahlen für Bottrop noch her? Auf der Hochstraße in Bottrop sind samstags immer noch viele Menschen, aber inzwischen weniger als in der gleichnamigen Straße in Gelsenkirchen (2.349). Und an einem Donnerstagnachmittag sind auf der Hansastraße gerade mal 349 Leute unterwegs. 2018 waren es noch 618. Da gab es im Karstadt-Haus auch noch das Kaufhaus Moses. Ein echter Frequenzbringer - bis zur Insolvenz und zur Schließung im April 2019. City-Managerin Ute Schimmang erinnert zudem: „Bis Corona hatten wir auf der Hansastraße auch noch Wochenmarktstände.“ Stimmt, da hatte die Hansastraße auch samstags noch um die Hälfte mehr Besucher als heute.
„Der Handel alleine kann die Kunden nicht zurückholen. “
Und was lernt Bottrop aus diesen Zahlen? Nichts wirklich Neues, sagen die Citymanagerin und die Wirtschaftsförderin Dorothee Lauter: „Das Problem der Hansastraße ist das Karstadt-Gebäude.“ Und: „Der Wochenmarkt bleibt wichtig als Frequenzbringer.“ Das ist auch ein strukturelles Problem, sagt Lauter: „Demografie und Kaufverhalten verändern die Innenstädte. Der Handel allein kann die Kunden nicht zurückholen. Wir brauchen mehr Wohnen in der Innenstadt, mehr Dienstleister, mehr medizinische Versorgung und mehr Veranstaltungen.“
Gut erkannt, sagt dazu der IHK-Handelsreferent: „In Zukunft wird die Fragestellung nicht lauten: Kaufe ich vor Ort oder online ein, sondern wo bekomme ich den höchsten Erlebniswert? Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen stehen in den Innenstädten somit vor großen Herausforderungen und die Innenstädte vor einem Transformationsprozess hin zu multifunktionalen Erlebnisräumen.“
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Und was machen wir jetzt mit diesen Erkenntnissen? Erst mal leider wenig, sagt Elena Gilcher, Leiterin des Fachbereichs Stadterneuerung. „Wir wissen, dass an der Hansastraße der größte Handlungsbedarf besteht, um mit Städtebauförderungsmitteln eine Sanierung anzustoßen. Aber dort sind uns die Hände gebunden, weil wir warten müssen auf Entscheidungen privater Investoren.“
Soll heißen: Wirtschaftsförderung und Stadterneuerung müssen darauf hoffen, dass Oliver Helmke schnellstmöglich sein Karstadt-Konzept umsetzen kann. Oder darauf, dass die Besitzer des Hansa-Center mehr vom ehemaligen Einkaufszentrum aktiviert bekommen als, wie für 2025 geplant, die Tiefgarage.
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Eine gute Nachricht liest Dorothee Lauter noch heraus aus der IHK-Studie. Es kommen zwar weniger Menschen in die Innenstadt als im Vergleich der letzten Jahre. Aber die, die kommen, haben mehr Geld in der Tasche als in umliegenden Städten. Die IHK hat sich nämlich auch den Kaufkraft-Index angeschaut im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Da liegt Bottrop zwar mit 94,5 Indexpunkten unter dem Schnitt, steht aber deutlich besser da als Städte wie Gladbeck (89,1) oder Gelsenkirchen (82,9).