Bottrop. Die Sammlung des Quadrats ist zuletzt um zahlreiche Schenkungen gewachsen. Dazu gibt es immer wieder Ankäufe. Welche Strategie steckt dahinter?

Die hauseigene Kunstsammlung des Museums Quadrat ist in der letzten Zeit um eine gute zweistellige Zahl gewachsen – durch Schenkungen. Allein Karin Girke hat dem Haus ein ganzes Konvolut von Papierarbeiten ihres 2002 verstorbenen Mannes, des Malers Raimund Girke, überlassen. Ein großer Teil dieser zart-filigranen Gouachen und Aquarelle ist gerade in einem eigenen Raum in der aktuellen Sonderausstellung „Sammlung2 zu sehen, die Kurator Julius Osman konzipiert hat.

Die Verbindung Girkes zum Quadrat reicht bis in die Zeit des Gründungsdirektors Ulrich Schumacher zurück. Der hatte bereits 1986 eine große Girke-Retrospektive in Bottrop gezeigt. Diese Schenkung von 2022 ermöglicht nun mit den bereits 2007 geschenkten Leinwandbildern einen erweiterten Blick auf das Schaffen des Künstlers.

Bottrops Museumssammlung wächst – vor allem durch Arbeiten noch lebender Kunstschaffender

Ein anderer Raum der Schau ist der Malerin Sabine Funke gewidmet. Ins Auge fallen sofort die großen, scheinbar fluoreszierenden Farbflächen-Bilder Funkes, die das Haus bereits in den 2000er Jahren nach der Bottroper Einzelausstellung angekauft hat. Im vergangenen Jahr hat Funke 14 Arbeiten, darunter „Pyramide“ und „Umgeblättert“, dem Quadrat geschenkt. Vor diesen Bildern, in denen sich Funke, wie einst Josef Albers, mit der Interaktion von Farbe auseinandersetzt, findet am Sonntag auch ein Publikumsgespräch mit Sabine Funke statt, bevor die Ausstellung endet.

Ein Teil der 32 Papierarbeiten von Rainmund Girke, die dessen Witwe dem Museum vor zwei Jahren schenkte, sind bis 1. September in der Ausstellung „Sammlung2“ zu sehen.
Ein Teil der 32 Papierarbeiten von Rainmund Girke, die dessen Witwe dem Museum vor zwei Jahren schenkte, sind bis 1. September in der Ausstellung „Sammlung2“ zu sehen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Josef Albers, der berühmteste Bottroper Künstler, ist im nach ihm benannten Museum so etwas wie das Maß aller Dinge. Auch die hauseigene Sammlung konzentriert sich seit der Eröffnung 1976 – und dann verstärkt nach der zweiten großen Schenkung von Albers-Werken durch Annie Albers und die Albers Foundation 1983 – auf dessen Werk und dessen Wirkung. „Wir sind ein Künstler-Museum“, sagt Julius Osman, seit dem vergangenen Jahr Sammlungsleiter des Kunstmuseums im Museumszentrum Quadrat, das ja auch die Abteilungen Ur- und Ortsgeschichte umfasst.

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Künstler-Museum? „Ja, es geht immer um Josef Albers, sein Werk, das ist der Grund, weshalb wir hier sind, und das Museum in seiner Heimatstadt Bottrop“, sagt der Kunsthistoriker. Das habe sich nicht nur in den Ausstellungen der vergangenen Jahrzehnte gezeigt, sondern auch in den Ankäufen, die das Museum großenteils im Zuge seiner Ausstellungen getätigt habe. Aber auch bei den Schenkungen schwinge dieser Grundgedanke immer mit. „Wir nehmen nicht alles, es muss passen in dieses im Grunde monothematisch ausgerichtete Haus“, sagt Julius Osman kurz und bündig.

„Passen“ heißt kurz und knapp: Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die jüngste Zeit. Wer die bald endende, völlig ruhig und unaufgeregt daherkommende Sonderschau durchstreift, merkt, was Osman meint. Es sind nicht nur Arbeiten „im Dialog mit Albers“ zu sehen, sondern das Museum tritt auch in einen Dialog mit den Künstlern, wie beispielsweise in einem weiteren Solo-Raum mit Ulrich Erben.

Auch Schenkungen sollen in die Bottroper Sammlung sinnvoll ergänzen, zur Hauspolitik passen

„Passen“ heißt aber auch: „Eine Schenkung muss immer auch in die ,Hauspolitik‘ passen, also die Sammlung sinnvoll ergänzen, eine Facette hinzufügen, sowie jetzt die Papierarbeiten von Raimund Girke oder die Skulptur neue, schwarze Skulptur von Hans Steinbrenner in der aktuellen Ausstellung“, erläutert der Sammlungsleiter. Von Steinbrenner gibt es bereits Arbeiten, zum Beispiel der steinerne Quader in der Freiluft-Skulpturensammlung. „Jetzt haben wir noch eine ganz andere, neue Raumskulptur.“ Bei eigenen Ankäufen lasse sich die Sammlungserweiterung natürlich steuern. „Bei Schenkungen nicht immer.“

Dass Privatsammler oder Galeristen ihre eigene Kollektion aufwerten wollen, in dem sie Werke aus ihren Beständen an ein etabliertes Museum geben? „Ja, das gibt es.“ Scheint aber in Bottrop keine große Rolle zu spielen. Man kennt die Ausrichtung des Hauses, die Sammlung.

Bottrop verfügt über die zweitgrößte öffentliche Josef-Albers-Sammlung weltweit

Noch ist sie vergleichsweise übersichtlich. Die Albers-Sammlung, die zweitgrößte öffentlich zugängliche ihrer Art weltweit, umfasst gut 300 Arbeiten, darunter etwa 100 wichtige Gemälde von Josef Albers, sowie Zeichnungen oder Fotografien. In der übrigen seit 1976 angelegten Sammlung befinden sich etwa 500 Werke anderer Künstlerinnen und Künstler.

Es sei gerade auch die Spezialisierung auf das späte 20. und 21. Jahrhundert, die immer wieder Fans wie Experten anziehe. Zuletzt seien viele Girke-Freunde oder Erben-Fans ins neue Haus gekommen, weiß Julius Osman. Aber auch der inzwischen sogar mit Preisen ausgezeichnete Neubau an sich ziehe immer wieder Besucher an, darunter viele Architekturstudenten, weiß der Sammlungsleiter.

Die Schau „Sammlung2“ endet am Sonntag, 1. September. Am Sonntag, 24. August, kommt um 14 Uhr Sabine Funke zum Künstlergespräch mit Julius Osman in den Neubau. Die nächste Sonderausstellung, zugleich die erste große Einzelausstellung der amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks in Kooperation mit der Düsseldorfer Kunsthalle, beginnt am 12. Oktober. Info: quadrat.bottrop.de.