Bottrop. Das Josef-Albers-Museum Quadrat fiel 1983 nicht vom Himmel. Lange Vorarbeiten und Verhandlungen haben den Quantensprung für Bottrop ermöglicht.

Bottrop im Juni vor 40 Jahren: Großer Bahnhof für die Polit-Prominenz. Wann besuchen schon einmal ein US-Vize-Präsident und der Bundeskanzler eine Stadt im Ruhrgebiet? In Bottrop macht das die Kunst möglich.

Neben den damaligen Spitzenpolitikern, die wie bei einem großen Staatsbesuch mit Gattinnen anreisen, erregt natürlich die gesamt Entourage aus Politik, Gesellschaft und Kultur Aufsehen in der damals noch vom Bergbau geprägten Stadt. Die besitzt erst seit sieben Jahren überhaupt ein modernes Museum: das Quadrat. Dessen Erweiterung um das Josef-Albers-Museum, das am 25. Juni 1983 eröffnet wird, ist der Anlass für den Besuch.

Juni 1983: Museumseröffnung mit prominenten Gästen rückt Bottrop ins Rampenlicht

Mitten im ganzen Trubel aus Begleitern, Sicherheitskräften, Limousinen und Fahnen könnte man die Hauptperson leicht übersehen. Anni Albers, die Witwe von Bottrops international bekanntem Künstler Josef Albers sitzt im Rollstuhl, den zumeist Maximilian Schell schiebt. Der berühmte Schauspieler ist Vertrauter und Freund von Anni Albers. Den hat sie bereits früher nach Bottrop geschickt, um, wie man so sagt, das Terrain für die geplante großherzige und umfangreiche Stiftung zu sondieren, die bis heute das Herzstück der seither immer wieder erweiterten Sammlung bildet.

Anni Albers wird bei der Eröffnung des neuen Josef-Albers-Museums am 25. Juni 1983 von August Everding begrüßt. Schauspieler und Albers-Vertrauter Maximilian Schell schiebt den Rollstuhl der Künstlerwitwe. Links neben Schell der Leiter der Josef-and-Anni-Albers-Foundation, Nicholas Fox-Weber.
Anni Albers wird bei der Eröffnung des neuen Josef-Albers-Museums am 25. Juni 1983 von August Everding begrüßt. Schauspieler und Albers-Vertrauter Maximilian Schell schiebt den Rollstuhl der Künstlerwitwe. Links neben Schell der Leiter der Josef-and-Anni-Albers-Foundation, Nicholas Fox-Weber. © Funke Foto Services | WAZ

Schell sieht die bereits existierenden Teile des Küppers-Baus, die Moderne Galerie und die Eiszeithalle, die bereits seit 1976 fertiggestellt sind, und zeigt sich angetan. Der Bau eines Museums für die Werke von Josef Albers ist eine der zentralen Forderungen, die Anni Albers an den künftigen Ort der Stiftung stellt.

Am Verhandlungsende steht 1980 ein Schenkungsvertrag über Werke von 2,8 Mio. Dollar

„Es folgten schwierige Verhandlungen mit dem Ergebnis, dass Frau Anni Albers 95 Originale, 300 Blatt Grafiken und einige Glasarbeiten im Wert von etwa 2,8 Millionen Dollar der Stadt Bottrop unter der Bedingung schenkte, dass die Stadt unverzüglich den Bau des Josef-Albers-Zentrums beginnt.“

Hannelore Kohl trägt sich im Juni 1983 ins Besucherbuch ein. Rechts der damalige Kanzler Helmut Kohl. Links Anni Albers (im Rollstuhl), Bottrops damaliger Oberbürgermeister Ernst Wilczok mit Amtskette, hinter ihm (leicht verdeckt), Barbara Bush, Frau des damaligen US-Vizepräsidenten George H. W. Bush.
Hannelore Kohl trägt sich im Juni 1983 ins Besucherbuch ein. Rechts der damalige Kanzler Helmut Kohl. Links Anni Albers (im Rollstuhl), Bottrops damaliger Oberbürgermeister Ernst Wilczok mit Amtskette, hinter ihm (leicht verdeckt), Barbara Bush, Frau des damaligen US-Vizepräsidenten George H. W. Bush. © Funke Foto Services | WAZ

Das schreibt die Zeitzeugin und Stadtpolitikerin Erika Liesner am 1. Juni 1983 in ihrem Exposé an Helmut Kohl. Der Dankesbrief des Kanzlers erreichte sie am 22. Juni. Drei Tage später eröffnet Kohl im Beisein von George H. W. Bush das erweiterte Museum. Erika Liesner, Innenarchitektin und CDU-Ratsfrau, ist eine Frau der ersten Stunde, wenn es um das Quadrat geht. Ab 1976 als stellvertretende und von 1979 bis 1989 Vorsitzende des Kulturausschusses trägt sie die Entscheidungen für das Museum maßgeblich mit.

Kultureller Quantensprung für Bottrop

Eine Haltung für das Museum, die sich von der Stadtspitze quer durch die Parteien zieht und Bottrop so ein Alleinstellungsmerkmal und kulturelle Bedeutung verschaffen soll. Die Konkurrenz ist groß: Auch Metropolen wie München oder Berlin sind im Gespräch für eine neue und große Albers-Sammlung in Deutschland.

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1980 unterzeichnen Anni Albers, die Albers-Foundation in den USA und die Stadt Bottrop die endgültigen Schenkungsverträge. Die Arbeiten werden zunächst eingelagert. Seit 1983 sind die wichtigsten Werke dieser Schenkung in der ständigen Ausstellung des Josef-Albers-Museums zu sehen. Was alle Beteiligten damals initiieren, kann mit Fug und Recht als kultureller Quantensprung für Bottrop bezeichnet werden.

Besuch auf der Baustelle des Museums Quadrat: Bottrops damaliger Stadtdirektor Bernd Schürmann, Kulturausschussvorsitzende Erika Liesner, Museumsdirektor Ulrich Schumacher und Architekt Bernhard Küppers.
Besuch auf der Baustelle des Museums Quadrat: Bottrops damaliger Stadtdirektor Bernd Schürmann, Kulturausschussvorsitzende Erika Liesner, Museumsdirektor Ulrich Schumacher und Architekt Bernhard Küppers. © FUNKE Foto Services | Repro: Heinrich Jung

Seither wächst nicht nur das Interesse an der Bottroper Sammlung kontinuierlich, sondern auch diese selbst. Immer wieder spielt die Josef-and-Anni-Albers-Foundation mit deren jahrzehntelangem Akteur Nicholas Fox-Weber eine entscheidende Rolle bei Neuerwerbungen. Stiftungen aus Wirtschaft und Industrie, aus der Stadt selbst, des Landes, des Bundes, private Geldgeber oder der seit 2006 auch der Museumsverein tragen zur Entwicklung der größten Albers-Sammlung in Europa, aber auch der hauseigenen Sammlung zeitgenössischer Kunst bei.

Von Anni Albers geschenkte Werke müssen immer zugänglich sein

Mit der Entscheidung für die Erweiterung des Museums um den Anbau für Wechselausstellung, der neuen Josef-Albers-Galerie, und deren Finanzierung aus Landes- und Bundesmitteln und wiederum ganz erheblich durch private Stiftungen, ist Bottrop fast 40 Jahre nach Eröffnung des Josef-Albers-Museum erneut ein Coup gelungen.

Nicht zuletzt kommt Bottrop so auch einem zentralen Wunsch von Anni Albers nach. Der besagt, dass die der Stadt Bottrop geschenkten Werke ihres Mannes immer der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen. Eine Bedingung, der das Museum Quadrat so erst seit der Eröffnung des jüngsten Bauteils wirklich nachkommen kann. Bis dahin musste die Albers-Sammlung für jede Wechselausstellung abgehängt werden.