Bottrop. Welheimer ärgern sich, dass sie bei Innovation City nicht dabei waren. Ihr Verdacht: Es lag an der Kokerei. Die sorgt dort weiter für Verdruss.

Vor einem Jahr haben Familie Krüger und die anderen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft eine neue Heizung angeschafft. 14 Parteien in Welheim haben investiert, eine moderne Gasbrennwerttherme versorgt die Wohnungen nun mit Wärme. „Wir sehen das auch als unseren Beitrag zum Klimaschutz“, sagt Martina Krüger. Umso mehr ärgert es sie, dass sie und die anderen Welheimer nicht von den Förderungen der Innovation City profitieren konnten.

Klar, streng genommen ist das Projekt beendet, die zehn Jahre sind um. Aber die Eigentümergemeinschaft war nicht zu langsam. Auch wenn sie sich schon früher zum Heizungstausch entschlossen hätte – vom Klimaschutzprojekt hätte sie nicht profitiert. Denn der Teil Welheims im Bottroper Süden war beim Projekt ausgeklammert. Rundherum konnten Fördergelder fließen, nur bei ihnen nicht. Bei den Anwohnern sorgt das im Nachhinein immer noch für Verdruss.

Martina Krüger ist verärgert: Die Gartenstadt Welheim hat nicht von Innovation City profitiert und wegen der Kokerei darf kein Gemüse aus dem Garten verzehrt werden.
Martina Krüger ist verärgert: Die Gartenstadt Welheim hat nicht von Innovation City profitiert und wegen der Kokerei darf kein Gemüse aus dem Garten verzehrt werden. © FFS | Thomas Gödde

Aussagen des Bundeskanzlers haben die Nachbarn in Welheim verärgert

Vor allem, wenn dann wie zuletzt Bundeskanzler Olaf Schulz zu Besuch in Bottrop ist und am Ende verkündet, von Bottrop könne ganz Deutschland lernen. „Wenn wir das hören, fühlen wir uns vernatzt“, formuliert Martina Krüger den Ärger zurückhaltend. Nun hat Scholz aus Sicht eines Bundeskanzlers, der sieht, wie die Energiewende funktionieren kann, womöglich nicht ganz unrecht, doch in Welheim fühlt man sich benachteiligt.

Klaus Müller, Technischer Beigeordneter, erinnert an den Wettbewerb, den der Initiativkreis Ruhr ausgerufen hatte. Der suchte ein Stadtbezirk mit maximal 70.000 Einwohnern. Und bewusst habe man sich dann entschieden, die Gartenstadt Welheim auszunehmen, weil deren Sanierung durch die Internationale Bauausstellung ja noch nicht so lang zurückgelegen habe. Durch den Zuschnitt der statistischen Bezirke in Bottrop seien schließlich auch andere Teile Welheims rausgefallen.

Gemüse aus eigenem Garten darf in Welheim weiter nicht verzehrt werden

Auch die Kokerei habe man ausgenommen, weil die Vorgabe gewesen sei, einen typischen Ruhrgebietsstadtteil abzubilden. Und eine von fünf Kokereien in Deutschland, die Koks für die Stahlproduktion in ganz Deutschland produziert, sei eben nicht typisch, erläutert Müller die Überlegungen beim Zustandekommen des Projektgebiets.

Überhaupt die Kokerei: Sie bereitet den Anwohnern große Sorge. Auch wenn die Zielwerte für Benzo(a)pyren nun wohl eingehalten werdendas Gemüse aus ihren Gärten dürfen sie immer noch nicht essen. Dabei wäre es angesichts überall steigender Preise doch so praktisch, zum Selbstversorger zu werden, sagt eine Nachbarin. Stattdessen aber ließe man nun Kinder und Enkel nicht mehr auf der Wiese spielen, aus Sorge, dass es ihnen langfristig schadet.

Bottroper hoffen auf Gespräche mit Politikern vor der Landtagswahl

Zuletzt hatten sie die Hoffnung, mit dem NRW-Spitzenkandidaten der SPD, Thomas Kutschaty, über ihre Sorgen sprechen zu können. Doch ein vereinbartes Telefonat wurde kurzfristig abgesagt. Auch ein Gespräch mit der Landes-CDU sei am Ende nie zustande gekommen, sagt Martina Krüger.

Vor dem Hintergrund der Problematik rund um die Kokerei interessiert die Welheimer auch: Wenn Bottrop als nächstes komplett klimaneutral werden möchte, wie sieht es da mit der Kokerei aus? Klaus Müller macht deutlich, dass die Stadt bei diesem Ziel nun zunächst einmal da ansetzen müsse, wo sie Einfluss nehmen kann. Sein Beispiel: „Auch bei den Autobahnen im Stadtgebiet haben wir keine Handhabe.“

Bezogen auf die Kokerei versuche man natürlich, Projekte anzustoßen. Doch es sei schwierig. Mit Interesse verfolge er daher die Bemühungen der Stahlindustrie, zur Produktion Wasserstoff einzusetzen. Gelinge das, stelle sich sowieso die Frage, was das für die Kokerei bedeutet.

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Welheim könnte in einer der nächsten Runde auch Innovation-City-Gebiet werden

Gleichzeitig macht er den Welheimern Hoffnung. Mit Fuhlenbrock und Vonderort habe die Stadt die nächsten Projektgebiete geschaffen; Ziel sei es noch weitere Stadtteile in den Blick zu nehmen, dazu zähle auch Welheim. „Wenn es nach der Verwaltung geht, wird auch das hier irgendwann Projektgebiet“, sagt der Technische Beigeordnete – wenn der Rat die finanziellen Mittel dafür bereitstelle.

Glücklich sind die Anwohner mit dieser Auskunft nicht. Auch ohne Innovation-City-Mittel wollen sie sich nun weiter für den Klimaschutz einsetzen, lassen sich aktuell beraten, ob sie auch mittels Wärmepumpe und Solar heizen könnten. Hier gibt es ja andere Fördertöpfe seitens des Bundes.

Erneut Runder Tisch gefordert

Die Anwohner der Kokerei hoffen, dass es noch einmal zu einem Runden Tisch kommt, bei dem die Problematik rund um die Kokerei besprochen wird. Die Grünen hätten eine entsprechende Runde ins Gespräch gebracht, bisher gebe es da aber noch keine Reaktion. Für Martina Krüger, Mitglied der Welheimer Bürgerinitiative, ist aber klar, dass man sich an einem solchen Gespräch beteiligen würde. „Wir sind bereit.“