Bottrop. Bei seinem Besuch in Bottrop lobte Bundeskanzler Olaf Scholz die Erfolge der Innovation City. Sie könnte Vorbild für ganz Deutschland sein.
Von langer Hand geplant war dieser Termin nicht und doch passte der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Innovation City gut in die Zeit, entscheidet doch der Bottroper Rat am Dienstag, ob die Stadt zehn Prozent Beteiligung an der ICM, der Innovation City Management GmbH, hält.
Während Scholz am Samstagvormittag auf dem Essener Burgplatz SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty beim NRW-Wahlkampf-Auftakt unterstützte, informierte er sich anschließend in Bottrop in seiner Rolle des Bundeskanzlers über das Potenzial der „Energiewende von unten“, wie sie Bottrop seit über zehn Jahren praktiziert. Mit dem Fazit: „Aus den beeindruckenden Erfolgen hier in Bottrop kann man viel lernen und mitnehmen.“
Krieg in der Ukraine macht den „Bottroper Weg“ aktueller denn je
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und die Bestrebungen der Bundesregierung, sich unabhängig zu machen von Russlands Gas, sei der „Bottroper Weg“, so Oberbürgermeister Bernd Tischler, „die Energieeffizienz in den Vordergrund zu stellen, aktueller denn je“.
In den Räumen der ICM am Südringcenter hatten Tischler und ICM-Geschäftsführer Burkhard Drescher den Bundeskanzler am frühen Nachmittag empfangen und sich mit ihm eine halbe Stunde lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Möglichkeiten unterhalten, wie sich die Innovation-City-Idee deutschlandweit ausrollen ließe.
Beide sagten anschließend, Olaf Scholz sei „sehr detailliert informiert gewesen“ über die Strategie Bottrops. „Ich hatte den Eindruck, der Kanzler weiß genau, was wir hier gemacht haben“, sagte Drescher. Durch den Besuch habe er noch mehr Tiefenschärfe bekommen. „Ich glaube, das wird von Vorteil sein für das politische Handeln in Berlin.“
Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Plus-Energie-Haus in Bottrop
Gemeinsam mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Göddertz – ein bisschen Wahlkampf am Rande spielte in den Besuch schließlich doch hinein – sowie Bernd Tischler und Burkhard Drescher schaute sich Olaf Scholz bei eisigen Temperaturen und Schneefall das Plus-Energie-Haus der städtischen Baugesellschaft GBB am Südring an, das mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Hier leben seit 2015 sechs Familien, die außer ihrem eigenen Stromverbrauch keine Energiekosten zahlen müssen. Angesichts der massiv steigenden Preise, vor allem für Gas, ein Modell mit hoher Attraktivität.
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„Gerade im Gebäudebestand haben wir nach dem Bottroper Vorbild enorme Chancen, mit Experimentierfreude und ohne Kostensteigerung für Mieter einiges zu erreichen, um Energie zu sparen, das Klima zu schützen und das Leben der Bewohner noch angenehmer zu gestalten“, sagte Scholz im Anschluss an seinen gut zehnminütigen Besuch in dem Gebäude.
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Energie von unten made in Bottrop bald in ganz Deutschland?
Das Bottroper Modell könnte ein Element auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität bis 2045 sein, zeigte sich Bernd Tischler optimistisch. Noch dazu, weil mit dem Erreichen der Klimaschutzziele in Bottrop auch ein wirtschaftlicher Erfolg einhergegangen war und in den Branchen „viele neue Jobs geschaffen worden sind“.
Zwar habe Olaf Scholz natürlich noch keine Zusagen gemacht, aber aus seinen Nachfragen habe der Oberbürgermeister schließen können, „dass auch in Berlin überlegt wird, wie wir den Eigentümern Zuschüsse auch für kleinere Maßnahmen geben können“. Dass diese Energiewende von unten mit ihren niederschwelligen Angeboten made in Bottrop bald in ganz Deutschland vorangetrieben werden könnte, „macht mich auch stolz“, sagte Bernd Tischler.
Zukunft der ICM
Mit Start des Pilotprojektes Innovation City hatte sich Bottrop vorgenommen, seinen C02-Ausstoß innerhalb von zehn Jahren zu halbieren. Das sei gelungen, bilanzierte die ICM vergangenes Jahr.Das nächste Ziel soll nun die Klimaneutralität Bottrops bis 2035 sein – das gleiche Ziel hat sich Deutschland bis 2045 gesetzt. Am Dienstag wird der Bottroper Rat darüber entscheiden, ob die Stadt ihre Anteile von zehn Prozent an der Innovation City GmbH halten wird. Die SPD ist dafür, auch die zunächst skeptische CDU hat nun auch ihre Zustimmung signalisiert. Die Stadtverwaltung erwartet, dass die auf klimagerechte Stadtumbauten spezialisierte Beratungsfirma künftig Gewinne abwerfen wird.