Bottrop. Gemüse aus Bottrops Süden soll man weiter nicht essen. In Welheim ist es sogar im Sommer belastet, wenn weniger Schadstoffe in der Luft sind.

Das Landesumweltamt rät für den Bottroper Süden vorsorglich noch immer davon ab, Gemüse aus eigenen Gärten zu verspeisen. Das teilweise Verzehrverbot gilt damit nun bereits im vierten Jahr. Anlass sind die Ergebnisse einer erneuten Untersuchung der Schadstoffbelastung von Gemüse, das während des vorigen Sommers im Umkreis der Kokerei Prosper wuchs. Danach haben die Forscher vor allem an einem Messpunkt in Welheim zu viele Umweltgifte vorgefunden; und dies, obwohl die Schadstoffbelastung durch die Kokerei in den Sommermonaten zumeist deutlich geringer ist als sonst.

Die Stadtverwaltung stuft die Studie, mit der sich der Bottroper Umweltausschuss am Mittwoch befassen wird, nicht als belastbares Zwischenergebnis über die derzeitige Gesundheitsbelastung im Bottroper Süden ein. Diese zeige „allenfalls Tendenzen“ auf, heißt es in ihrem Bericht an die Ratsmitglieder. Das Fazit des Landesumweltamtes ist aber unmissverständlich klar. „Aufgrund der Ergebnisse der hier vorliegenden Grünkohluntersuchungen von Mai bis August 2021 können die bisherigen Verzehrempfehlungen nicht zurückgenommen oder verändert werden“, rät Katja Hombrecher, die Autorin des Untersuchungsberichtes.

Messpunkte liegen in der Windachse aus Kokerei-Richtung

Die Wissenschaftler hatten an sechs Stellen jeweils fünf Grünkohlpflanzen eingesetzt, um vor allem mehr über ihre Belastung mit gesundheitsgefährdenden Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen zu erfahren: an der Welheimer Straße etwa 750 Meter nordöstlich der Kokerei, An der Knippenburg 200 Meter westlich der Kokerei, an der Johannesstraße 1,7 Kilometer nördlich der Kokerei, auf dem städtischen Betriebshof des Ostfriedhofes 2,1 Kilometer nördlich der Kokerei, im Kleingartenverein An der Boye drei Kilometer nördlich der Kokerei und auch auf dem Gelände des städtischen Jugendamtes an der Prosperstraße gut 2,7 Kilometer westlich der Kokerei.

Der Grünkohl wurde nach 72 Tagen geerntet, um ihn dann genauer zu untersuchen. Alle Messpunkte liegen in den Stadtgebieten, für die Umweltbehörden bisher schon abgestuft strenge Verzehrwarnungen ausgesprochen hatten. Nach dieser neuen Untersuchung lagen die Schadstoffbelastungen an fünf dieser Messstellen unter den landesweit durchschnittlichen Maximalwerten der letzten zehn Jahre.

In Welheim findet sich zu viel Benzo(a)pyren im Gemüse

Allerdings überschritt der gemessene Gehalt an Benzo(a)pyren (BaP) an der Welheimer Straße den NRW-Durchschnittswert um ein Mehrfaches. Liegt der Orientierungswert für den maximalen Hintergrundgehalt für BaP bei 0,27 µg/kg, betrug er in Welheim 1,2 µg/kg.

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Die Umweltbehörden weisen darauf hin, dass der Welheimer Messpunkt in der Hauptwindachse aus Richtung der Kokerei liegt und damit die dort ausgestoßenen Schadstoffe offensichtlich vor allem dorthin geweht werden. Auch der am zweitstärksten belastete Messpunkt an der Johannesstraße liegt demnach in dieser Hauptwindachse, allerdings deutlich weiter entfernt von der Kokerei, die für die Behörden somit nach wie vor als Verursacherin der Schadstoffbelastung gilt.

Umweltbehörde hält vorsichtshalber an Verzehrverbot fest

Darum untersucht man Grünkohl

Weil die Grünkohlpflanzen mit ihren aufgegliederten Blättern und ihrer starken Wachsschicht sehr gut geeignet sind, fettlösliche Substanzen wie die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe aus der Luft aufzunehmen, werden sie gezielt bei Umweltuntersuchungen wie im Bottroper Süden eingesetzt.Es handelt sich dabei um ein standardisiertes Verfahren. Für die bei der Grünkohlexposition erhobenen Daten gibt es außerdem über viele Jahre ermittelte Vergleichswerte des Landes, anhand derer eingeordnet werden kann, ob und wie sehr die in Bottrop gemessenen Schadstoffe vom Landesdurchschnitt ab weichen oder zu hoch sind.

Das Landesumwelt kommt zwar zu dem Ergebnis, dass dennoch zumindest im Sommer auch in Welheim Grünkohl oder anderes Blattgemüse aus eigenen Gärten inzwischen wieder durchaus einmal pro Woche verzehrt werden könne. Bisher empfiehlt die Stadt den Welheimern dagegen noch, Gemüse aus eigenen Gärten möglichst gar nicht zu essen.

Katja Hombrecher vom Landesumweltamt rät allerdings, zur Sicherheit an dieser Warnung vorerst auch festzuhalten, weil die Ergebnisse der weitaus umfangreicheren Messungen an Gemüse aus dem vorigen Winter noch ausstehen. Dabei wird Grünkohl, der zwischen August und November an 20 Messstellen wuchs, auf seine Schadstoffbelastung untersucht.