Bochum. Laura Thomas beeindruckt am Prinz-Regent-Theater: Ganz allein spielt sie das schwere Stück. Selbst die Zuschauer müssen beruhigt werden.
Es ist schon verflixt kompliziert mit den alten Griechen! Wer damals im Geschichtsunterricht nicht richtig gut aufgepasst hat, kann zwischen Laios, Kadmos, Pentheus und Ödipus schnell die Übersicht verlieren. Ein Glück gibt es die Schauspielerin Laura Thomas, die inmitten der vielen Namen, familiären Verstrickungen und blutigen Todesfälle die Übersicht behält. „Keine Sorge. Gemeinsam bekommen wir das hin“, beruhigt sie die Zuschauer, um sie dann knapp 90 Minuten lang in den Bann dieser monströsen Geschichte zu ziehen. Ihr Solo „Laios“ im Prinz-Regent-Theater wird zur beeindruckenden One-Woman-Show.
Prinz-Regent-Theater: Leitungspaar verabschiedet sich am Ende dieser Spielzeit
Nach sieben Jahren geht die Theaterleitung von Hans Dreher und Anne Rockenfeller im Prinz-Regent-Theater so langsam ihrem Ende entgegen. Wie schwierig es ist, eine kleine, freie Bühne außerhalb des Stadtzentrums in Bochum-Weitmar zu führen, war den beiden in den letzten Jahren durchaus anzumerken. Ab Herbst übernimmt Sabine Reich, ehemalige Dramaturgin am Schauspielhaus, die Leitung.
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
Immerhin: Künstlerisch brauchen sich Dreher und Rockenfeller nicht viel vorwerfen zu lassen. Die jüngste Premiere „Laios“ zeigt erneut, dass Hans Dreher ein handwerklich geschickter Regisseur ist, der aus sparsamen Mitteln eine Menge Atmosphäre zaubern kann. Anders als beim reichlich verjuxten „Amphitryon“ lässt er diesmal eine unbedingte Ehrfurcht vor dem Text erkennen und setzt dabei ganz auf die immense Spielfreude seiner Hauptdarstellerin.
Laura Thomas fällt die schwere Aufgabe zu, den herausfordernden Monolog des Dramatikers Roland Schimmelpfennig, der in der Theaterwelt einen Ruf wie Donnerhall besitzt, ganz allein zu schultern. „Laios“ wurde 2023 in Hamburg uraufgeführt, gespielt von Theater-Superstar Lina Beckmann. Das Prinz-Regent-Theater ist erst die dritte Bühne überhaupt, die sich an diesen Text herantraut – denn es braucht eine wahrhaft unerschrockene Schauspielerin, damit dieser Parforceritt überhaupt gelingen kann.
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„Laios“ in Bochum: Laura Thomas macht das bestens
Mit einiger Erleichterung lässt sich festhalten: Laura Thomas macht das bestens. Auf nahezu leerer Bühne (von Clara Eigeldinger), die eine einsame Landstraße wie einst im Kinofilm „Lost Highway“ zeigt, nähert sie sich behutsam, aber auch keck, lustig und mit lockerem Mundwerk der komplizierten Geschichte. Zur Auflockerung gibt es zunächst ein paar direkte Ansprachen an die Zuschauer, die ihr Wissen über die griechische Mythologie testen dürfen, ehe kurz danach die Reise in die Finsternis beginnt.

Thomas ist nicht nur die Erzählerin des Abends, sie schlüpft immer wieder auch in verschiedene Rollen, spielt sogar ganz allein den Chor. Sie erzählt von Laios, dem Vater des Ödipus, der später von seinem eigenen Sohn umgebracht wird, und die ganze blutige Geschichte drumherum. Zu Beginn sieht man sie unter der Decke des Theaters baumeln, gegen Ende gelingt ihr ein ziemlich gruseliger Auftritt als maskierte Katze. Höhen und Tiefen dieser Tragödie durchschreitet sie mit größtmöglicher Leichtigkeit. Und dazwischen: kaum Musik, nur wenige Lichtwechsel, höchst sparsame Kulissen – und eine junge Schauspielerin, die anderthalb Stunden lang Vollgas gibt.
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Offensichtlich bis an den Rand der Erschöpfung: Beim donnernden Schlussapplaus schaut Laura Thomas erleichtert, aber auch reichlich erledigt in die Runde. Die Kraftanstrengung, die solch eine Aufführung erfordert, ist ihr anzusehen. Chapeau!
Die nächsten Spieltermine
„Laios“ ist wieder zu sehen am Sonntag, 2. März, um 18 Uhr sowie am Mittwoch, 19. März, um 19.30 Uhr im Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Straße 50-60. Karten: 0234 771117.
Als letzte große Premiere in dieser Spielzeit wird im Mai eine Neueinrichtung von „Dracula“ gespielt. Das genaue Premierendatum steht noch nicht fest.