Bochum. Mit Bowie-Songs und kuriosen Einfällen: Hans Dreher zeigt zum Saisonstart „Amphitryon“ im Prinz-Regent-Theater Bochum – und dreht gehörig auf.
Die Aufführung biegt langsam auf die Zielgerade ein, da fallen auf der Bühne sämtliche Masken. Welche Rolle er denn jetzt spielen soll, fragt der Schauspieler Felix Zimmermann etwas hilflos in Richtung Regie. Merkur? Amphitryon? Oder etwa beide auf einmal? „Dafür wirst du bezahlt“, ermahnt ihn eine strenge Stimme aus dem Off. Laut seufzend macht sich Zimmermann ans Werk – und das Publikum im ausverkauften Saal ist aus dem Häuschen.
Premiere von „Amphitryon“ in Bochum gefeiert
Mit dem geistreichen Lustspiel „Amphitryon“ von Heinrich von Kleist startet die neue Saison im Prinz-Regent-Theater. Es ist die vorletzte Spielzeit unter der Leitung von Hans Dreher und Anne Rockenfeller, die im Juni etwas überraschend ihren Abschied angekündigt hatten. Gut möglich, dass mit dieser Entscheidung einiger Ballast bei den beiden abgefallen ist, denn so gelöst, spaßig und mit solch ungebremster Lust am Schabernack ist zuvor noch keine Inszenierung des scheidenden Theaterleiters am PRT zu sehen gewesen.
Der größte Coup ist die Besetzung: Drei Schauspieler teilen sich sechs Rollen. Das ist auf freien Bühnen nicht ungewöhnlich und meist dem Sparzwang geschuldet – doch diesmal ist etwas anders. Das Spiel auf der Bühne wird oft als schnöder Job enttarnt, den irgendwer halt machen muss. „Ich gehe schonmal in die Kantine“, sagt Matthias Hecht, während sein Kollege rasch noch einen von Kleist fein gedichteten Monologen zu schultern hat.
Das dreiköpfige Ensemble spielt hinreißend
So will Dreher die klangvolle, aber eben auch sperrige Sprache mit einem Höchstmaß an Lässigkeit aufbrechen, was dank des hinreißend aufspielenden Ensembles ansehnlich funktioniert. Allzu ernst nimmt die extraschwere Identitätskrise aller Beteiligten auf der Bühne scheinbar niemand, die Gagmaschine läuft hochtourig. Zwischen all dem „Ach!“, „Oooh!“ und „Shit!“ wähnt man sich bisweilen in einem Louis-de-Funès-Film.
Vor allem Laura Thomas, die als Alkmene und Diener Sosias laut fluchend von einem Kostüm ins nächste hüpft, scheint am aufgedrehten Spiel gehörigen Gefallen zu finden. Matthias Hecht gelingt das Kunststück, den Donnergott Jupiter mit großer Stimme ebenso gewitzt zu geben wie die Dienerin Charis im gelben Kleid. Als Feldherr Amphitryon flirtet auch Felix Zimmermann mit mancher Albernheit, zeigt aber auch starke, konzentrierte Auftritte.
Songs von David Bowie kommentieren das Geschehen raffiniert
Die vierte Hauptrolle spielt übrigens kein geringerer als David Bowie: Klassiker wie „Space Oddity“ und eher unbekannte Songs wie „If I’m dreaming my life“ bereichern den Dreiakter spitzfindig. Die Musik ist weit mehr als ein Pausenfüller, sondern kommentiert das Geschehen auf der Bühne mit viel Raffinesse. Großer Jubel!
Wieder am 30. September, 26. Oktober und 19. November. Karten: 0234 77 11 17