Bochum-Wattenscheid. 1996 wurde ein Bochumer erstochen, erst jetzt der mutmaßliche Täter ermittelt. Ex-Chefermittler Axel Pütter über den Fall, der ihn nie losließ.
„Es ist für mich eine unglaubliche Genugtuung, dass der Täter nach so langer Zeit ermittelt werden konnte.“ Das sagte am Donnerstag (9.) Axel Pütter auf Anfrage dieser Redaktion. Der Kriminalhauptkommissar, seit acht Jahren im Ruhestand, war damals viele Jahre der Chefermittler in dem Wattenscheider Mordfall, der mit der Verhaftung des 58-jährigen Tatverdächtigen nun eventuell geklärt wurde. Dieser Mann soll 1996 einen Wattenscheider (55) auf offener Straße mit 20 Messerstichen umgebracht haben.
Lesen Sie auch
- Ermittlungserfolg nach Mordfall von 1996: Mann verhaftet
- So viele „Cold Cases“ beschäftigen die Polizei Bochum noch
„Der Fall hat fast mein ganzes Berufsleben begleitet“, sagt Pütter. Von Anfang an, seit dem Tattag, hat er versucht, den Täter aufzuspüren. Der Fall taucht auch in dem 2012 erschienenen Buch „15 Morde und andere Todesfälle“ auf, in dem Pütter über seine reichhaltige Ermittlungsarbeit als Leiter einer Mordkommission berichtet. „Irgendwann werden wir ihn haben“, hatte er der Ehefrau des Getöteten versprochen und meinte den Täter.
- Mordanklage in Bochum: Beschuldigter sah „Zombies“ und „Tote“
- Überfall in Bochum vor 31 Jahren: Angeklagter freigesprochen
- Bochumerin vermisst: Staatsanwalt glaubt an Verbrechen
Mit der Verhaftung des 58-jährigen Deutsch-Polen am 8. Januar 2025 am Bochumer Amtsgericht scheint dieses „irgendwann“ eingetreten zu sein.
Mordfall in Bochum: Viele Spuren, aber keine führte zum Täter
Pütter musste Schwerstarbeit leisten in diesem Fall. Es gab zwar viele Spuren, aber keine einzige führte zu dem Täter. „Gäbe es doch nur ein Motiv!“, schreibt Pütter in seinem Buch. Irgendeinen Grund, warum dieser Mann sterben musste. Dann hätte ich vielleicht eine Spur, die zum Täter führte. „Doch es gibt kein Motiv. Jedenfalls kein erkennbares.“ Wohl nur der Täter wird es wissen.
Immer wieder tauchten zwar Hinweise auf. „Hinweise, die manchmal äußerst vielversprechend waren, dann aber zerplatzten wie Seifenblasen. Es herrscht in diesem Fall einfach kein Stillstand, bis heute nicht. Obwohl es keinen Tatverdächtigen gibt. Das ist sehr ungewöhnlich.“
Zwar hatte die Kripo reichlich DNA vom Täter, weil sie an seinen in Tatortnähe gefundenen Kleidungsstücken anhaftete. Allerdings war die identische DNA in keiner Spurendatei der deutschen Polizei gespeichert, weil der Täter bisher polizeilich nicht aufgefallen war und deshalb keine DNA-Probe abgeben musste. Deshalb hatten die Ermittler keinen Namen, der zu der DNA passte.
Dass es keine zweite DNA gab, war für Pütter „unbegreiflich“. Denn jemand, der mit so großer Brutalität wie am 3. März 1996 vorgegangen war, hätte doch schon vorher oder nachher noch einmal polizeilich auffallen müssen.
Internationaler DNA-Abgleich durch Polizei Bochum: Erst 2022 ein Treffer
War er aber offenbar nicht. Erst nach einer Straftat 2022 in Großbritannien, wo er damals lebte, musste er eine DNA-Probe abgeben. Nur deshalb war ein erfolgreicher DNA-Abgleich möglich. Das ist wohl auch Pütters Verdienst, obwohl er schon seit 2016 in Pension ist: Noch zu Dienstzeiten hatte er dafür gesorgt, dass die Tatort-DNA auch international abgeglichen werden kann.
Diese Texte haben viele Menschen interessiert
- Decathlon zieht in Bochumer Ruhrpark – Standort überrascht
- Doch kein Abriss: Bochumer will historischen Altbau retten
- Drei Jahre im Camper: Warum diese Familie nun ein Zuhause sucht
Pütter zitiert in seinem Buch die noch heute lebende Witwe des Opfers. „Ich möchte dem Täter in die Augen sehen. Ich finde einfach keine Ruhe, bis der Mörder gefasst ist.“ Pütter fährt fort: „Genau das will ich auch. Auch ich will ihn ansehen und ihn fragen: ,Warum musste dieser Mann sterben?‘“
Die Gelegenheit könnte es beim Prozess geben, den die Justiz jetzt vorbereitet.