Bochum. Das Stück „Vier Piloten“ im Jungen Schauspielhaus Bochum ist so lustig wie kurzweilig – und besticht durch klasse Schauspieler. Ein echter Tipp!
Es sind turbulente Tage auf der „Wattenscheid High“: Kurz nach den Sommerferien beschließt die Direktorin, einen Wettbewerb auszurufen. Für die beste Leistung einer Schüler-AG winken 100.000 Euro! Also machen sich die ungleichen Freunde Sam, Skip, Gabriel und Korbinian beherzt ans Werk. Ihre Idee: Sie holen eine Kamera aus dem Schrank und drehen die Pilotfolge für eine Serie. Was dann passiert, ist eine der lustigsten und kurzweiligsten Aufführungen, die das Schauspielhaus Bochum seit einer Weile herausgebracht hat.
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„Vier Piloten“ heißt das Stück des Autors Till Wiebel, das am Freitagabend seine frenetisch gefeierte Uraufführung im Theaterrevier des Jungen Schauspielhauses erlebte. Auf der Bühne der ehemaligen Zeche Eins, die eine große Turnhalle zeigt, ist rund 90 Minuten lang dermaßen viel los, dass die Zuschauer schon genau aufpassen müssen, um kein Detail dieser vor Ideen fast überquellenden Aufführung zu verpassen. Und nebenbei besticht der Spaß durch eine Top-Besetzung.
Dominik Dos-Reis, Victor IJdens und Alexander Wertmann: Bei diesem mehrfach preisgekrönten Cast sollten die Bochumer Theaterfans hellhörig werden. Gemeinsam gehören sie seit einigen Jahren zu den gefeierten jungen Darstellern im Ensemble von Johan Simons. Es ist schön zu sehen, dass sich keiner von ihnen zu schade dafür ist, auch die vermeintlich kleineren Produktionen im Theaterrevier mit gehöriger Spielfreude zu bereichern, was nebenbei bemerkt für das gesamte Ensemble gilt. Als Vierter im Bunde fügt sich Marcel Jacqueline Gisdol im Bochumer Debüt leichthändig ins Spiel mit ein, was gewiss keine leichte Aufgabe ist.
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Erinnerungen an die Schulzeit
„Vier Piloten“ wird ab 13 Jahren empfohlen und ist clever erdacht, weil das Stück viele Zuschauerschichten anspricht. Die Älteren im Saal erinnern sich wehmütig an ihre Schulzeit, was durch eine Reihe von 80er- und 90er-Jahre-Hits noch verstärkt wird, während die Jüngeren einige ihrer eigenen Probleme wiedererkennen dürften. Es geht um Mobbing, Identitätsfindung und zerplatzte Träume – vor allem aber geht es um Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt, denn die vier Jungs auf der Bühne sind eine saucoole Gang.
Um ihre strenge Direktorin (aus dem Off erklingt die Stimme von Anna Drexler) zu beeindrucken und den Preis einzustreichen, drehen sie live auf der Bühne mehrere Kurzfilme: darunter ein echtes Mantel- und Degenabenteuer, in dem Victor IJdens einen schillernden Auftritt als Ritter hat, sowie einen Detektivfilm mit Alexander Wertmann als Inspektor Fletcher. Das im Grunde recht spartanische Bühnenbild nimmt in der Regie von Juli Mahid Carly verschiedene Formen an: Aus zwei großen Schränken mit Schließfächern und den wenigen Requisiten aus der Turnhalle entstehen immer neue Bilder. Auch das muntere Quartett auf der Bühne springt in mehrere Rollen.
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Hochtouriges Spiel lässt Zeit für stillere Momente
Es dauert nicht lang, da haben die Zuschauer die vier Jungs komplett ins Herz geschlossen, zumal neben all dem hochtourigen Spiel auch Zeit für etwas stillere, leicht traurige Momente bleibt, die aber nie die Überhand gewinnen. Und nebenbei gibt es noch kleinere Wahrheiten: Wer nur „sorry“ sagt, möchte sich bei seinem Gegenüber bestimmt nicht anständig entschuldigen. Und wer dauernd schwarz gekleidet über den Schulhof läuft, muss keinesfalls ein trauriger Tropf sein.
Ein echter Tipp!
Infos und Spieltermine
Entstanden ist das Stück „Vier Piloten“ von Till Wiebel gemeinsam mit den Mitgliedern der Drama Control. Die Jugendlichen zwischen sechs und 22 Jahren aus dem Jungen Schauspielhaus konnten ihre Ideen und eigene Erfahrungen aus der Schule mit einbringen.
Dauer: etwa 90 Minuten ohne Pause. Die nächsten Spieltermine: am Sonntag, 22. Dezember, um 16 Uhr (Fünf-Euro-Tag) sowie am 17. Januar und 22. Februar im Theaterrevier (Prinz-Regent-Straße 50-60). Es gibt auch einige Schulvorstellungen. Karten: 0234 3333 5555.