Bochum-Wattenscheid. Viele Platanen sollen für einen Straßenneubau in Bochum gefällt werden. Nach Protesten soll nun nach anderen Lösungen gesucht werden.

Die 26 alten Platanen, die an der Graf-Adolf-Straße in Bochum-Wattenscheid stehen, sollen vorerst nicht gefällt werden. So will es zumindest die Mehrheit der Bezirksvertretung Wattenscheid. Die Bäume müssen Planungen der Stadt Bochum zufolge für den anstehenden Kanal- und Straßenbau weichen. Dagegen hatte sich in den letzten Wochen wieder zunehmend Widerstand formiert, insbesondere unter den Anwohnern. Nun soll nach Lösungen gesucht werden, möglichst viele Bäume zu retten.

Neue Hoffnung: Können einige alte Platanen in Bochum gerettet werden?

Laut Stadtverwaltung ist unausweichlich, dass die Platanen für die Baumaßnahme gefällt werden müssen. „Das sei zwar ein „schöner Baumbestand“, räumt Andreas Heiming vom Tiefbauamt bei seinem Besuch in der Bezirksvertretung ein, aber dieser führe leider auch zu Problemen für die Fußgänger. Die Wurzeln der zum Teil über 100 Jahre alten Bäume würden die Gehwegplatten hochdrücken, so dass man mit Rollator oder Kinderwagen kaum noch dort hergehen könne. Da bringe auch die komfortable Breite von drei Metern nichts. Für die 26 Platanen sollen 40 Rotahorne gepflanzt werden.

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Da neben dem Kanal auch Versorgungsleitungen neu verlegt würden, müsse man an den gesamten Straßenquerschnitt ran. Die Fahrbahn soll auf 5,50 Meter eingeengt werden, um das Tempo der Autofahrer zu bremsen. Die Graf-Adolf-Straße als Teil des Straßenvorbehaltsnetzes sei stark frequentiert und werde gerne als Verbindung von der A40 zur Bochumer Straße genutzt.

Aufgrund ihrer Bedeutung könne man sie aktuell nicht zur Tempo-30-Zone machen, erklärt Heiming. Noch nicht. Das ginge vielleicht ab Frühjahr, wenn dann die neue Straßenverkehrsordnung auch in Bochum greift. Diese soll es den Kommunen erleichtern, Tempobeschränkungen auf 30 Km/h anzuordnen.

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Darauf will die Bezirksvertretung Wattenscheid nun warten – so sieht es ein gemeinsamer Antrag von SPD, Grünen und der „UWG: Freie Bürger“ vor. In der Zwischenzeit soll den Bürgerinnen und Bürgern in einer Veranstaltung Gelegenheit gegeben werden, ihre Anregungen einzubringen und sich mit Politik und Verwaltung auszutauschen. Da die Bäume frühestens im Herbst 2025 gefällt werden sollen, sei eine Verschiebung der Beratung zu Art und Weise des Straßenneubaus vertret- und leicht umsetzbar.

Weil die Wurzeln die Gehwege beschädigen, sollen in Bochum-Wattenscheid 26 alte Platanen gefällt werden.
Weil die Wurzeln die Gehwege beschädigen, sollen in Bochum-Wattenscheid 26 alte Platanen gefällt werden. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Oliver Buschmann von den Grünen ist es wichtig, dass bei der Planung alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen berücksichtigt werden. Dies sei aktuell nicht der Fall, die Belange der Radfahrenden würden komplett außen vor gelassen. Stand jetzt müsste mindestens eine Fahrradspur her. Dadurch würden jedoch alle Parkplätze wegfallen, was auch niemand wolle.

Sonja Lohf, Grüne

„Wenn es zu heiß ist, geht auch niemand über einen neuen Gehweg, wo Bäume keinen Schatten spenden.“

Sonja Lohf, Grüne, kritisiert die geplante Fällung von 26 Platanen für einen neuen und sichereren Bürgersteig

Die Alternative wäre eine Tempo-30-Zone, in der kein Radweg nötig sei, weil man im Verkehr mitfahren könne. Da diese Umwidmung der Graf-Adolf-Straße aber frühestens ab Frühjahr möglich wäre, sei es unglücklich, jetzt eine Entscheidung zu treffen.

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Zugleich soll die Zeit genutzt werden, um nach Lösungen zu suchen, wie möglichst viele der Platanen zu retten sind. Sonja Lohf weist auf die Bedeutung gerade alter Bäume hin: „Die Stadt Bochum hat den Klimanotstand ausgerufen und will Hitzeinseln in der Stadt vermeiden. Die Verwaltung macht es sich teilweise ein bisschen zu einfach und fällt die Bäume, anstatt individuelle, vielleicht auch kostenintensivere Ideen zu entwickeln, um Bäume zu erhalten. Bis neue Bäume so große Kronen haben, wird es dauern. Solange ist diese Straße ein Hitze-Hotspot. Und wenn es zu heiß ist, geht auch niemand über einen neuen Gehweg, wo Bäume keinen Schatten spenden.“

+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++

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Ob die Idee der Bezirksvertretung, den Beschluss zum Umbau der Graf-Adolf-Straße noch einmal aufzuschieben, auch auf Ratsebene Anklang findet, wird sich am 18. Dezember zeigen: Dann entscheidet letztlich der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur über die Maßnahme – und den Änderungsantrag aus dem Bezirk.

Stadt Bochum: „Treffen sachliche Entscheidungen“

Die Kritik von den Grünen, man mache es sich beim Fällen der Bäume einfach, will Marcus Kamplade, Baum-Manager der Stadt Bochum, so nicht stehen lassen. Dies sei nicht der Fall. „Wir prüfen immer von Fall zu Fall: Können wir voll ausbauen und Bäume trotzdem erhalten oder sind sie nicht zu halten? Das ist Tagesgeschäft. Da werden sachliche Entscheidungen getroffen.“

Man sehe immer nur das, was oberhalb des Gehwegs liegt. „Vor einem Umbau müssen wir uns aber ein dreidimensionales Bild machen und fragen: Kann ich mit dem Saugbagger arbeiten? Wie weit ist der Wurzeleinfluss? Wie weit kann ich Wurzeln entfernen, ohne die Standfestigkeit zu gefährden?“

Im Fall der Graf-Adolf-Straße „werden wir uns nochmal Gedanken über Alternativen machen, um gemeinsam auch Lösungen zu finden“. Das habe man auch schon getan. Kamplade betont, dass die Straßen einen bestimmten Querschnitt brauchen. „Wir können uns da von gewissen Vorgaben nicht lösen und müssen auch Sicherheit bei der Nutzung garantieren.“