Bochum. Wenn die Graf-Adolf-Straße in Wattenscheid saniert wird, sollen 26 stattliche Platanen fallen. Was Anwohner zu den Plänen der Stadt Bochum sagen.

Die Graf-Adolf-Straße in Bochum-Wattenscheid soll komplett erneuert werden. Das Vorhaben der Stadt sorgt bei Anwohnern und vielen Wattenscheidern im Allgemeinen weiterhin für heftige Diskussionen. Im Zuge der umfassenden Sanierungsarbeiten sollen 26 alte Bäume gefällt werden. Die Platanen, die seit mehr als 120 Jahren das Straßenbild prägen, stehen laut Stadtverwaltung den Bauarbeiten im Weg. Doch sowohl Anwohner als auch Umweltverbände und die Politik sehen das Vorhaben kritisch und hinterfragen, ob es wirklich notwendig ist, die Bäume zu fällen.

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Die Sanierung der Straße umfasst eine vollständige Erneuerung der Fahrbahn, Gehwege und einen neuen Kanalbau. Besonders umstritten ist die geplante Breite der neuen Gehwege, die auf 2,50 Meter ausgelegt sind, um Menschen mit Rollatoren, Kinderwagen oder Rollstühlen ausreichend Platz zu bieten. Die Verwaltung argumentiert, dass die Wurzeln der Platanen den Gehweg bisher erheblich einschränken und Schäden an angrenzenden Grundstücken verursachen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Wurzeln durch die Arbeiten so stark beschädigt würden, dass die Bäume ihre Standsicherheit verlören.

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Bochum-Wattenscheid: 26 Bäume an Straße sollen gefällt werden

Trotz intensiver Bemühungen der Wattenscheider Bezirksvertreter und eines Ortstermins mit der Verwaltung blieb die Suche nach alternativen Lösungen bislang erfolglos. Die Grünen und Umweltverbände wie das Bochumer Klimaschutzbündnis äußern jedoch scharfe Kritik an der geplanten Fällung. Die Bäume würden „der Graf-Adolf-Straße nicht nur ihren Charakter geben, sondern auch viel Feinstaub aus der Luft der verkehrsreichen Straße filtern und durch ihre Verschattung für deutlich kühlere Luft in den Sommermonaten sorgen“, erklärt Oliver Buschmann, stellvertretender Bezirksbürgermeister von Wattenscheid und Grünen-Politiker.

„Ohne die großen Bäume wird die Graf-Adolf-Straße zu einem weiteren Klima-Hotspot werden. Unser Ziel ist es aber, die Anzahl der Klima-Hotspots in Wattenscheid zu verringern, nicht neue zu schaffen.“ Das Bündnis schlägt vor, die Bäume weitgehend zu erhalten und nur dort, wo es unvermeidbar ist, punktuell Fällungen durchzuführen. Maßnahmen wie die Verwendung eines wassergebundenen Belags könnten die Gehwegproblematik entschärfen und gleichzeitig die Wurzeln schonen.

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Kritik an Stadt Bochum: „Gleiche Vorlage erneut zum Beschluss vorgelegt“

Die Stadt Bochum hingegen hält an ihrem Plan fest. Neben der Barrierefreiheit betont die Verwaltung auch die langfristige Perspektive: Die neuen Rot-Ahorne, die als Ersatz gepflanzt werden sollen, seien besser an den Standort angepasst. Kritiker bezweifeln jedoch, dass Jungbäume in absehbarer Zeit die ökologischen Leistungen der Bestandsplatanen, etwa in Bezug auf die Luftreinhaltung und Kühlung, ersetzen können: „Sie würde auf viele Jahre fehlen, auch wenn, wie hier angedacht, den 26 Platanen am Ende 40 Neupflanzungen gegenüber stehen sollten“, teilt das Klimaschutzbündnis in einem offenen Brief mit. „Bereits vor über einem Jahr haben wir der Verwaltung bei einem Ortstermin unsere Kritik an der Vorlage mitgeteilt und eine Änderung gefordert. Dass die gleiche Vorlage jetzt erneut zum Beschluss vorgelegt wird, ist nicht nachvollziehbar“, bemängelt auch Oliver Buschmann das Vorgehen der Stadt.

Wattenscheider Grüne kritisieren Planungen zu Graf-Adolf-Straße, Leser beschweren sich auch.
Hans-Heinrich Scheffer kennt die Platanen an der Graf-Adolf-Straße in Bochum-Wattenscheid sein Leben lang. Obwohl er den Sanierungsbedarf der Straße anerkennt, sollten die Bäume seiner Meinung nach unbedingt bleiben. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Auch bei den Wattenscheidern kommt dieses nicht gut an. Bei einer Umfrage der Redaktion sind sie sich einig: Es muss eine andere Lösung her. „Es gibt keine Alternative, die Bäume müssen bleiben“, bringt Hans-Heinrich Scheffer seine Meinung zu dem Thema auf den Punkt. Und das, obwohl er den Neubau eines Kanals für längst überfällig hält. Der, der derzeit unter der Straße verbaut ist, sei viel zu klein. „Wenn es viel regnet, laufen uns hier die Keller voll“, das gelte auch, wenn man verschiedene Maßnahmen zum Hochwasserschutz ergreife. Die Heizung seines Hauses hat er deshalb sogar weiter nach oben verlegt, damit sie nicht so schnell zu Schaden komme. Trotzdem bleibt der Senior, der sein Leben lang in der Graf-Adolf-Straße in Bochum-Wattenscheid gelebt hat und sie nicht ohne ihre Platanen kennt, bei seiner Meinung: „Ich bin dafür, dass die Bäume bleiben.“

Graf-Adolf-Straße: Anwohner gegen Fällung der Bäume

Auch Jacqueline Czerdinski findet eindeutige Worte: „Es wird immer über Öko und Nachhaltigkeit gesprochen und dann werden die Bäume gefällt“, sagt die Anwohnerin einer Querstraße zu der Graf-Adolf-Straße. „Man muss nicht viel über Naturwissenschaften wissen, um zu wissen, dass wir Bäume brauchen. Für uns Menschen und für die Tiere. Sie produzieren Sauerstoff und schützen uns vor Sonne und Wind.“

Wattenscheider Grüne kritisieren Planungen zu Graf-Adolf-Straße, Leser beschweren sich auch.
Sabine Beckermann fragt, warum Bäume in anderen Stadtteilen bei Straßensanierungen stehenbleiben durften, aber nicht in Wattenscheid. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Sabine Beckermann, die ebenfalls in der Nachbarschaft wohnt, denkt vor allem an ähnliche Fälle aus der Stadt: „In Bochum konnten die Bäume an der Königsallee stehen bleiben. Ich verstehe nicht, warum das hier nicht auch geht.“

Wattenscheider Grüne kritisieren Planungen zu Graf-Adolf-Straße, Leser beschweren sich auch.
Helga und Addi Radtke finden es wichtig, verschiedene Interessen zu berücksichtigen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Lediglich ein Argument für die Fällung der Bäume kommt bei der Umfrage zur Sprache: Letztendlich sei aber ein Abwägen der verschiedenen Interessen wichtig, meint Addi Radtke. Dass die Bäume gefällt werden, sei aber nur gerechtfertigt, wenn es wirklich keine verhältnismäßigen Alternativen gebe. Dennoch seien sie grundsätzlich gegen das Fällen von Bäumen, sagt er. „Gegen jeden einzelnen Baum, der gefällt wird“, ergänzt seine Frau Helga Radtke.

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