Bochum. Stellen streichen Standorte schließen. Stahlkonzern Thyssenkrupp steht in der Kritik. Spürbar sei auch eine „Kulturveränderung zum Schlechten“
5000 Stellen streichen, 6000 Stellen ausgliedern, Standorte schließen. Die Pläne von Thyssenkrupp stoßen auf Unverständnis und wachsenden Widerstand. Aber „das ist nicht nur eine Frage des Inhalts, sondern auch des Umgangs“, sagt Thomas Eiskirch nach seiner Teilnahme an der Belegschaftsversammlung am Donnerstagmorgen im Ruhrcongress.
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Aus Sicht von Bochums Oberbürgermeister steht noch mehr auf dem Spiel: „Wie man im Moment mit der Mitbestimmung umgeht, wie man mit Sozialpartnerschaft umgeht, das ist nicht das, was man in der Vergangenheit in Deutschland an einem Industriestandort gewohnt war und was auch für den sozialen Frieden eine Grundfeste war. Und das wird im Moment einseitig aufs Spiel gesetzt.“
Bochums OB Eiskirch fordern anderen Umgang von Thyssenkrupp mit seinen Beschäftigten
Und das in einer Zeit, in der die Demokratie ohne unsicher sei. Es sei wichtig, da „nicht noch leichtfertig mit Sozialpartnerschaft und der Verlässlichkeit des Umgangs umzugehen. Aber das passiert im Moment. So wie das Thyssenkrupp im Moment macht, wollen wir nicht miteinander umgehen.“
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An einem Punkt wird aus seiner Sicht ganz besonders deutlich, dass der Konzern auf dem Holzweg ist. Es sei die Rede davon, die nun verkündeten Eckpunkte müssten nun gemeinsam konkretisiert werden. „Ich frage mich nur, wie das gemeinsam gehen soll, wenn man nicht gemeinsam vorher die Eckpunkte entwickelt. Das ist etwas, was wir in der Vergangenheit so nicht erlebt haben und das ist eine Kulturveränderung zum schlechten bei Thyssenkrupp.“
IG-Metall-Chefin kritisierte mangelnde Kreativität von Managern
So sieht es auch Gewerkschaftschefin Ulrike Hölter. „Thomas Eiskirch hat recht“, sagt die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Ruhrgebiet Mitte. Sie wirft der Thyssenkrupp-Konzernleitung, aber nur dieser, vor, überhaupt nicht mehr an Lösungen und Innovationen zu arbeiten. „Manager sind jetzt nicht sehr fantasievoll, wie wir den Industriestandort Deutschland retten wollen. Das einzige, was sie machen, ist auf der Politik herumzuhauen, statt mal selber zu schauen, welche Fehler gemacht wurden. Ich bin es leid, dass sie immer nur eine Antwort haben: Leute herausschmeißen, outsourcen, verlagern und Entgelte senken.“
Dabei sei die Lage so prekär wie nie: „Die Industrie-Arbeitsplätze in Deutschland sind noch nie in einer so großen Anzahl gefährdet gewesen wir derzeit.“
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Auch deshalb sei die Haltung der IG Metall gegenüber dem Stahlvorstand von Thyssenkrupp klar: „Wir fangen erst an zu verhandeln, wenn sie sagen, es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen, wenn sie die Standortschließungen zurücknehmen und wir genug Geld für die Auslagerungsmaßnahmen bekommen. Wenn das vom Tisch ist, können wir anfangen zu reden.“
Noch ist die Lage eine andere, wie auch Engin Karakurt, der Betriebsratschef im TKSE-Werk an der Essener Straße in Bochum bei der Belegschaftsversammlung erfahren hat. Ausdrücklich habe er sich an den anwesenden Stahlvorstand gewendet: „Ich habe gesagt, wir wollen von euch hören, keine betriebsbedingten Kündigungen. Darauf habe ich keine Antwort bekommen. Dann habe ich gesagt, wir wollen von euch hören, wie es weiter geht mit den Kollegen an den bedrohten Anlagen. Auch darauf habe ich keine Antwort erhalten.“ Das sei ernüchternd.
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Immerhin gebe es einen kleinen Fortschritt: Der Vorstand habe sich bereit erklärt, dass eine Arbeitsgruppe mit Beteiligung des Betriebsrates über die Zukunft der beiden bedrohten Anlagen, die Tandemstraße und die Beize II, gebildet wird. Und: „Sie sind bereit, einen Berater für uns zu bezahlen, den wir aussuchen und der auf die vorgelegten Zahlen und Fakten schaut.“ Ein erster Schritt. Mehr nicht.