Bochum. Vereinbart ist, eines der Thyssenkrupp-Werke in Bochum schließt 2030. Nun soll das schon 2027 passieren. „Nicht mit uns“, sagen Betriebsräte.

Von „Roten Linien“ ist dieser Tage oft die Rede. Rote Linien, die der Konzern Thyssenkrupp nach Ansicht von IG Metall und Betriebsräten mit seinem Plan zum Abbau von 11.000 Stellen im Stahlbereich überschritten hat. Dazu gehört die Ankündigung, das Werk von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) an der Castroper Straße in Bochum drei Jahre früher als vereinbart zu schließen.

Thyssenkrupp: Vorzeitige Schließung in Bochum kommt für Betriebsrat nicht in Frage

Plötzlich steht nicht mehr das Jahr 2030 als Fixpunkt im Raum, so wie es im Tarifvertrag zwischen Konzern, Gesamtbetriebsrat und Gewerkschaft vereinbart wurde. Nun ist von 2027 die Rede. „Die Zahl ist am Montag gefallen“, bestätigt Dirk Stahlschmidt, TK-Betriebsratsvorsitzender an dem betroffenen Standort.

Auch interessant

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Im Eckpunktepapier, das der Vorstand dem Gesamtbetriebsrat und den Betriebsräten der einzelnen Standorte am besagten Abend vorgestellt hat, stehe sie zwar nicht. Aber auf Nachfrage der Arbeitnehmervertreter sei sie genannt worden. Die Reaktion des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Tekin Nasikkol kam prompt: „Das ist mit uns nicht zu machen.“

Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel.

„Das ist mit uns nicht zu machen.“

Tekin Nasikkol
Thyssenkrupp-Gesamtbetriebsratsvorsitzender; zu Plänen des Konzerns, das Bochumer Werk an der Castroper Straße drei Jahre früher zu schließen.

600 Frauen und Männer arbeiten derzeit noch in dem Bochumer Werk, dessen Tage zwar gezählt sind. Aber nach Ansicht der Beschäftigten und ihrer Interessenvertreter vergehen bis dahin noch knapp 2200 Tage – und nicht die Hälfte davon.

+++ Folgen Sie der WAZ-Lokalredaktion Bochum auf Instagram! +++

Auf der Kippe stand der Standort schon mehrfach und beinahe wären in diesen Tagen, mit der Endphase der Modernisierung des Standorts einige Kilometer weiter an der Essener Straße in Bochum, die Tore auch schon bald geschlossen worden. 2025 sollte das ursprünglich der Fall sein. Doch dann gab es eine neue Übereinkunft; nämlich die, „dass wir die Brücke bilden“, so Dirk Stahlschmidt. Die Brücke in die technologisch neue Zeit.

Also wurde tariflich festgelegt: Die Castroper Straße schließt erst 2030. Und die Menschen, die dann noch im Werk beschäftigt sind – die Rede ist von mehr als 400 – gehen entweder flankiert mit finanziellen Vereinbarungen früher in Rente oder werden innerhalb des Unternehmens in naheliegende Standorte versetzt, „also an die Essener Straße, nach Dortmund oder in eines der beiden Duisburger Werk“, so Stahlschmidt. So sei es vereinbart. „Und wir geben kein Stück der Vereinbarung preis“ kündigt er an.

Mehr zum Thema

Es dürfte das zentrale Thema der Belegschaftsversammlung nächste Woche im Ruhrcongress sein. „Ich erwarte, dass der Vorstand persönlich da ist und den Fragen und Ängsten der Belegschaft Rede und Antwort steht“, so der Betriebsratschef. Und erinnert daran, was bislang bei Kohle und Stahl üblich gewesen ist: „Der Personalabbau wurde sozialverträglich gemacht. Die Leute wurden verteilt oder über zusatzfinanzierte Regelungen in Richtung Rente geschickt. Das kostet natürlich immens viel Geld. Und das will der Konzern nicht bezahlen.“

Mehr zur aktuellen Krise bei Thyssenkrupp

Auf dem Gelände an der Castroper Straße in Bochum, das einst zu den Bochumer Stahlwerken gehörte, befindet sich das Elektrobandwerk, das sogenannte nicht kornorientierte Werkstoffe walzt. Das speziell beschichtete und behandelte Stahlband wird bei Stromgeneratoren, etwa in Kraftwerken oder in Elektromotoren, eingesetzt.  Auf diese Technik setzt Thyssenkrupp, jedenfalls hat der Konzern Anfang des Jahrzehnts in der Elektromobilität die Zukunft gesehen.

Nach Investitionen von gut 300 Millionen Euro in neue Aggregate soll Elektroband künftig nur noch an der Essener Straße gewalzt werden, aber eben erst von 2030 an. So jedenfalls sah bislang der Plan aus.

Diese Texte haben viele Menschen interessiert