Bochum-Wattenscheid. Tierschützer sind entsetzt. Der Eigentümer hatte Fenster und Türen verschließen lassen. 50 Tauben verhungerten und verdursteten qualvoll.
Es war ein entsetzliches Bild, das sich Dustin Tanallari zeigte, als er die Schrottimmobilie mitten in der Wattenscheider Innenstadt betritt. Über 50 Tauben sind in dem Gebäude in Bochum gestorben. Verhungert oder verdurstet, wie der Tierschützer sagt. „Das ist ein grausamer Tod. Niemand von uns möchte auf diese Weise sterben“, sagt er. Der WDR berichtete zuerst über den Fall.
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Tanallari, der als privater, ehrenamtlicher Tierretter die Tiernothilfe Essen betreibt, sei durch einen Zufall vor Ort gewesen. Er wollte Unterlagen für die Tauben, die er selbst zu Hause pflegt, bei einer Anwohnerin abholen. Vor Ort habe er mit ihr über das Haus gesprochen. Er wunderte sich, dass das die Türen und Fenster alle verschlossen waren. „Sie sagte mir, dass das Haus seit etwas mehr als zwei Wochen dicht ist“, sagt Tanallari: „Da habe ich mir schon gedacht, dass man da nicht mehr viel retten kann.“ Dennoch wollte er es versuchen.
Tauben in Schrottimmobilie in Bochum-Wattenscheid gestorben
Es komme immer wieder vor, dass der Tierschützer zu Problemhäusern fährt, um Tiere zu retten. Meistens rufen ihn besorgte Anwohner an. Der Fall in Wattenscheid sei allerdings schlimmer gewesen als andere, sagt Tanallari. „Mal hat man zwei, mal fünf oder auch mal zehn tote Tiere. Aber 50, da musste ich auch schlucken.“
Oftmals würden er oder andere Tierschützer rechtzeitig gerufen, sodass die meisten Tiere noch gerettet werden können. In diesem Fall kam er jedoch zu spät. Die Tauben seien länger als zwei Wochen in dem Gebäude eingeschlossen gewesen, sagt der Tierschützer: „Wäre ich nicht zufällig vor Ort gewesen, wüsste vermutlich bis heute niemand etwas davon.“
Tierschützer zeigt Eigentümer der Bochumer Immobilie an
Er habe den Eigentümer angezeigt wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Persönlich in Kontakt mit ihm sei Tanallari nicht gewesen. Oliver Buschmann, stellvertretender Bezirksbürgermeister in Wattenscheid, allerdings schon. „Das mit den Tauben hat er abgestritten. Es seien wohl nur zwei oder drei tote Vögel in dem Haus gewesen.“ Außerdem habe der Eigentümer betont, dass er das Gebäude verkaufen wolle.
Zunächst müsse jedoch eine Beweisaufnahme in dem Haus stattfinden. „Das war eine Straftat“, sagt auch Buschmann. „Der Tod von dutzenden Tieren wurde in Kauf genommen. Das muss geahndet werden.“ Er warte auf eine Rückmeldung der Verwaltung, da das Veterinäramt am vergangenen Mittwoch geschlossen hatte, als er es informiert hat.
Aber hat der Eigentümer tatsächlich in Kauf genommen, dass die Tiere in seinem Haus sterben? „Der Nachweis dafür ist noch nicht erbracht“, sagt Peter van Dyk, Sprecher der Stadt Bochum. Der Stadt war nicht bekannt, dass in dem Gebäude Tauben wohnen.
Tierretter meint: Fall in Wattenscheid hätte verhindert werden können
„Was mich so schockiert hat ist, dass viele Leute das bestimmt wahrgenommen haben, aber nicht so ernst genommen haben, um es zu melden.“ Die Tiere seien in ihrer Verzweiflung gegen die geschlossenen Fenster geflogen, sagt der Tierschützer. Auch im ehemaligen Ladenlokal im Erdgeschoss habe er Tauben gefunden. „Man hätte sehen können, dass die Tiere um ihr Leben kämpfen.“
Nach Ansicht des Tierschützers hätte der Vorfall vermieden werden können: „Wenn die damaligen Gespräche wegen eines Taubenhauses in Wattenscheid nicht im Sande verlaufen wären.“ Er wünscht sich, dass der Vorfall zum Anlass genommen wird, um erneut darüber zu diskutieren.
„Es ist wichtig, dass wir eine Lösung finden, die für die Taubenschützer annehmbar und für uns ebenfalls praktikabel ist.“
Auch Oliver Buschmann ist für weitere Gespräche offen, sagt er. „Es ist wichtig, dass wir eine Lösung finden, die für die Taubenschützer annehmbar und für uns ebenfalls praktikabel ist.“ Generell sei er von einem Taubenhaus nicht abgeneigt. Wichtig sei es aber, zunächst den richtigen Ort für dieses zu finden. „Das muss aber mit begleitenden Maßnahmen verbunden sein“, sagt Buschmann.
Wattenscheider Schrottimmobilie ist in der Stadt bekannt
Die Schrottimmobilie, die seit Mitte 2016 eingerüstet ist, ist in der Stadt keine Unbekannte. Immer wieder war sie in der Bezirksvertretung Thema und auch die Stadt Bochum ist seit längerem im Rechtsstreit mit dem Eigentümer. Zuletzt berichtete diese Redaktion im Januar darüber, dass die Klage gegen die Verwaltung, die Maßnahmen zum Denkmalerhalt verhängte, weiterhin läuft. Diese zog der Eigentümer jedoch einen Tag vor der mündlichen Verhandlung im März dieses Jahres zurück, sagt Peter van Dyk, Sprecher der Stadt Bochum. „Damit ist die Instandsetzungsverfügung rechtskräftig.“
Im Juli 2024 verhängte die Stadt daher ein Zwangsgeld, gegen das der Eigentümer erneut Klage einreichte. „Diese Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung, so dass ein erneutes höheres Zwangsgeld angesetzt werden könnte, sollten die Eigentümer weiterhin untätig bleiben“, sagt van Dyk. Sollte der Eigentümer die Verfügung weiterhin nicht beachten, werde die Stadt ersatzweise die Instandsetzung veranlassen.