Essen. Ein Essener ist nach Passau gefahren, um einen Schwan zu retten. Dustin Tanallari hat uns von diesem und weiteren Einsätzen erzählt.

Dustin Tanallari ist Dachdecker. Seinen Feierabend, die Pausen und seinen Urlaub nutzt er, um in Not geratene Tiere zu retten. Das Motto des Esseners: „Jedes Leben zählt und ist schützenswert.“ Er kümmert sich gleichermaßen um Kaninchen, Mäuse und Ratten, die vom Hochwasser eingeschlossen wurden, um verletzte Tauben und zuletzt ist er bis nach Passau gefahren, um einen Schwan zu retten, der sich im Treibgut verfangen hatte. Feuerwehr, Polizei und Tierheim waren ratlos. Uns hat er von fünf besonderen Rettungsaktionen erzählt.

Essener rettet Rabenkrähe auf der Landstraße

1. Dustin Tanallaris erste Rettung: Die Rabenkrähe auf der Landstraße: Auf dem Weg zur Arbeit habe der heute 26-Jährige vor einigen Jahren einen Vogel auf der Straße liegen sehen. „Die Rabenkrähe lag auf dem Rücken und die Autos sind um Haaresbreite an ihr vorbeigefahren“, so Tanallari. Er habe dann gesehen, dass sie noch lebte und habe angehalten. „Die wäre überfahren worden.“ Der Essener nahm das Tier auf, formte aus seiner Arbeitshose, die er im Auto hatte, ein Nest und nahm die Krähe mit. Auf der Fahrt ins Tierheim habe sich das Tier dann schon aufgerappelt und stand plötzlich im Fußraum.

Der gelernte Dachdecker arbeitet eng mit Veterinäramt, Tierheim und anderen Tiernothilfen zusammen und steuert mit den Tieren, die er rettet, entweder Pflegestellen, Gnadenhöfe oder sein eigenes Zuhause an. Mit den Jahren habe er gelernt, wie man Flügel taped und kleine Tiere wieder aufpäppelt. Ein paar Kaninchen und Taube „Jochen“ durften nach ihrer Rettung bei ihm bleiben: „Der wollte nicht weg.“ Alles bis zur Größe eines Hundes könne er retten und in Obhut nehmen („Wo soll ich mit einer Kuh hin“).

Tierschützer Dustin Tanallari kümmert sich auch um Stadttauben.
Tierschützer Dustin Tanallari kümmert sich auch um Stadttauben. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Tierretter holt Gans von der Autobahn 43

2. Die Gans auf der A43: Eine Kanadagans war vor etwa eineinhalb Jahren auf der A43 am Mittelstreifen notgelandet. Tanallari: „Wenn die Sonne schlecht steht, verwechseln Gänse die Autobahn manchmal mit Wasser.“ Jetzt konnte das Tier nicht mehr starten und der Tiernotretter arbeitete eng mit der Polizei zusammen. Die Beamten stoppten kurzfristig den Verkehr, während der Essener die Gans mit einem Kescher einsammelte. „Wäre ein Auto mit dem Tier zusammengeprallt, hätte es einen Unfall gegeben und es wären auch Menschenleben gefährdet gewesen“, so Tanallari, der über verschiedene Kanäle zu seinen Einsätzen gerufen wird.

Über Facebook und Instagram (instagram.com/tiernothilfeessen) wird er kontaktiert, manchmal aber auch direkt angerufen, oder beispielsweise vom Tiernotdienst oder Tiernotruf um Hilfe gebeten. Manchmal würden ihn auch Privatmenschen anrufen, etwa als eine Katze nicht mehr vom Dach eines Mehrfamilienhauses hinunterkam. Tanallari: „Die Besitzerin war eine Studentin, die kein Geld hatte. Sie suchte verzweifelt nach Hilfe, da die Feuerwehr ihr gesagt hatte, sie müsse den Einsatz eventuell selbst bezahlen.“

Essener Tiernotretter im Hochwasser-Einsatz

Der Essener Dustin Tanallari rettete Kaninchen, die beim Hochwasser in Not geraten waren.
Der Essener Dustin Tanallari rettete Kaninchen, die beim Hochwasser in Not geraten waren. © Tanallari | Tanallari

3. Kaninchen und Mäuse im Hochwasser: Während der Weihnachtstage hatte das Team vom Tiernotruf Düsseldorf den Essener um Hilfe gebeten, um Kaninchen zu retten, die vom Hochwasser eingeschlossen waren. Ausgestattet mit Trockenanzug und Wärmebildgerät stieg er zusammen mit einem Kollegen ins Boot und verbrachte neun Stunden damit, Wildkaninchen, Mäuse und auch eine Ratte zu retten: „Wenn wir schonmal da sind, nehmen wir alle mit.“ Diese Tiere könnten nur bedingt schwimmen, ihre Bauten seien geflutet gewesen, sie wären also ertrunken.

Gehört das denn nicht zur Natur dazu? Für Tanallari endet die Natur dort, wo der Mensch eingreift. Und der Mensch sei für den Klimawandel verantwortlich und das Hochwasser eine Folge dessen. Auch die Gans auf der A43 könne nichts dafür, dass der Mensch eine Autobahn dorthin gebaut hat. Anders sei es, wenn ein Greifvogel beispielsweise eine Taube erlege und fressen will. Dann würde Tanallari nicht eingreifen. Im Gegenteil, er warnt davor: „Dann hat man unter Umständen eine verletzte Taube und einen hungrigen Greifvogel, der sich die nächste Taube holt.“

Einer Katze, die auf dem Dach eines mehrstöckigen Hauses festsaß, konnte Tiernotretter Dustin Tanallari helfen.
Einer Katze, die auf dem Dach eines mehrstöckigen Hauses festsaß, konnte Tiernotretter Dustin Tanallari helfen. © Essen | Tanallari

Essener fährt bis nach Passau, um Schwan zu retten

4. Der Schwan im Stauwehr: In der Silvesternacht wurde dem Tiernotretter über die sozialen Medien ein Schwan gemeldet, der in Passau gegen ein Stauwehr geflogen war und mit einem Schädel-Basis-Bruch im Treibgut festsaß. Die Donau hatte zu der Zeit Hochwasser und konnte nicht mit Schiffen befahren werden. „Der Aufschrei in Passau war groß“, erinnert sich Tanallari. Menschen hätten das Tier tagelang beobachtet, Feuerwehr, Polizei und Tierheim hatten sich beraten, verschiedene Rettungsversuche gestartet und letztendlich beschlossen, den Schwan erlösen zu müssen. „Sie hatten keine Idee mehr, wie sie ihn retten könnten, ohne Menschenleben zu gefährden“, erzählt der Essener, der sich ins Auto setzte und 700 Kilometer gen Süden fuhr.

Mit dabei hatte er eine sogenannte Reach- and Rescuestange, eine 17 Meter lange Rettungsstange, die man noch um weitere neun Meter verlängern konnte. Damit gelang es schließlich, das Tier aus dem Treibgut zu befreien. Der Essener packte das völlig erschöpfte Tier ins Auto und brachte es zurück im Ruhrgebiet direkt in eine Pflegestelle. „Jetzt ist er schon fast wieder rausgehfähig“, erzählt Tanallari, der sich täglich über den Gesundheitszustand des Schwans informiert.

Warum nimmt der Essener diese Strapazen und teilweise auch Kosten auf sich, um Tiere zu retten? „Ich mache es, weil es kein anderer macht. Ich sehe das Leid jeden Tag und kann dann nicht aufhören.“ Bei Facebook und Instagram dokumentiert er seine Arbeit, um die Menschen zu sensibilisieren und um sie selbst zum Handeln zu animieren, wenn sie ein verletztes Tier finden.

Tiernotretter hilft Vogel im Kamin

Verletzte Tiere: Tipps vom Tiernotretter

Tiernotretter Dustin Tanallari will in diesem Jahr einen Verein gründen, „um auch kleineren Tieren eine Lobby zu geben“. Er empfiehlt Menschen, die ein verletztes Tier finden, einen örtlichen Tierschutzverein zu kontaktieren. Die Kontaktdaten seien per Smartphone schnell im Internet zu finden. Im Zweifel könne man die Tiere im Essener Tierheim an der Grillostraße abgeben, die hätten ein gutes Netzwerk.

Man könne das Tier auch immer in einem Karton oder einer Transportbox mit nach Hause nehmen und von dort eine Pflegestelle kontaktieren. Man brauche keine Angst vor Bissen oder Krankheiten haben. „Eine Taube kann gar nichts, nur flattern.“

5. Die Rabenkrähe im Kaminschacht: Eine Frau hatte es tagelang in ihrem Kaminschacht kratzen hören. Der Schacht sei unten zugemauert und nur oben offen gewesen. Feuerwehr und Schornsteinfeger hätten versucht, die Ursache zu finden, allerdings erfolglos. Im nächsten Schritt hätte man Wände aufreißen müssen, um dem Geräusch auf die Spur zu kommen. Nach drei Tagen sei Tanallari zur Hilfe gerufen worden. Seine Ziele: Keine Menschen in Gefahr bringen, keine Sachwerte zerstören und trotzdem Tiere retten. Seine Überzeugung: „Es gibt für jedes Problem eine Lösung, manchmal dauert es nur, bis man drauf kommt.“ Man müsse kreativ, engagiert und zäh sein.

Seine Idee in diesem Fall: Er legte Steine in einen Kescher und ließ diesen mehrmals in den Schacht hinab. „Ich wusste nicht, was für ein Tier da drin saß, hatte dann aber Glück“, erzählt der Essener. Es war eine Rabenkrähe. Diese Vögel helfen bei ihrer eigenen Rettung mit. So krallte sich das Tier irgendwann im Netz fest und konnte hochgezogen werden – in letzter Not. Es war nämlich Hochsommer und entsprechend heiß. Ist er nach solchen Einsätzen stolz? „Ja, ich bin dann kurz stolz, bis ich zum nächsten Einsatz gerufen werde.“

Tierretter Dustin Tanallari aus Essen

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