Bochum. Wegen mutmaßlicher Tierquälerei von „Brieftauben“ steht ein Bochumer vor Gericht. Er ist sich aber keinerlei Schuld bewusst.
Große Hitze, kein Licht, nur wenig Wasser, keine Nistplätze, keine richtige Lüftung, viel zu viel Staub: In diesen Verhältnissen sollen 13 Tauben in einem geparkten Sprinter im Bochumer Norden gehalten worden seien. Der 36-jährige Halter musste am Montag auf der Anklagebank des Amtsgerichts Platz nehmen. Vorwurf: Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Konkret: Tierquälerei.
Schwungfedern der Tauben waren gestutzt
„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, heißt es in Paragraf 1 des Tierschutzgesetzes. Genau das soll der Angeklagte aber getan haben. An einem Nachmittag im vergangenen Juli wurde die Polizei durch einen Hinweis auf einen geparkten Sprinter aufmerksam. Dort entdeckten die Einsatzkräfte in einer abgetrennten Hälte des Innenraumes 13 Tauben, darunter drei Küken. Das Außenthermometer zeigte 30 Grad Celsius. Ein Beamter protokollierte, dass ihm beim Öffnen der Fahrzeugtür trotz der hohen Außentemperaturen noch deutliche heißere Luft und ein beißender Gestank entgegenschlugen. Außerdem waren die Schwungfedern der Tiere gestutzt.
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Der Angeklagte soll das Leiden der Tiere „billigend in Kauf genommen“ haben, wie es in der Anklage heißt. Zum Zeitpunkt der Entdeckung sei er im Schwimmbad gewesen. Er habe seine Freizeitinteressen über das Wohl der Tiere gestellt.
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Der Angeklagte kann die Aufregung gar nicht verstehen. Tauben könnten sogar auch 60 Grad vertragen, das sei „ganz normal“, sagte er. Die Anklagevertreterin wirkte wie vor den Kopf gestoßen und fragte: „Hätten Sie auch Ihre Tochter in das Fahrzeug gesperrt?“ Wörtliche Antwort: „Meine Tochter ist nicht Tauben.“
Nach Überzeugung der Stadt hat der Angeklagte gleich „mehrfach gegen das Tierschutzgesetz zuwider gehandelt“. Deshalb sei er als Halter der Tauben ungeeignet. Sie ließ die Stadt die Vögel von der Tierschutzgruppe „Stadttauben Bochum“ sicherstellen und in Obhut bringen. Dort befinden sie sich bis heute.
Umfangreiche Nachermittlungen erforderlich - Prozess beginnt später erneut
„Das sind Tauben für Wettrennen“, erklärte der Angeklagte, der sie zu Hause auch im Freien gehalten haben soll. Die Anklagevertreterin fragte ihn, ob er die Tiere „für einen Marathon“ einsetzen wolle, weil sie ja nicht mehr fliegen könnten. Eine Antwort gab es nicht. Auch Näheres zu den „Wettrennen“ und zur sonstigen Haltung wurden im Prozess nicht erörtert. Zeugen waren nicht geladen. Der Angeklagte betonte nur, dass er 5000 Euro für Medikamente für die Tauben ausgegeben habe.
Die Richterin schien geneigt, das Verfahren ohne Verurteilung einzustellen, wenn der Angeklagte bereit wäre, dauerhaft auf die 13 Tauben zu verzichten. Diese Prozesslösung machte die Anklagevertreterin aber nicht mit. Und so sind jetzt umfangreiche Nachermittlungen der Staatsanwaltschaft erforderlich. „Das wird dauern“, so die Richterin. Wohl erst in einigen Monaten wird der Prozess erneut beginnen.