Bochum. Wattenscheid und Steilmann waren untrennbar miteinander verbunden. Heute ist die Firma aus dem Stadtbild fast verschwunden. Erinnerungen bleiben.

Früher war Steilmann in Wattenscheid allgegenwärtig: Die große Firmenzentrale war Dreh- und Angelpunkt eines europäischen Mode-Giganten. Mehrere Tausend Menschen, viele von ihnen Wattenscheider, arbeiteten im Unternehmen, der Fußballclub SG 09 war ohne die Unterstützung durch Klaus Steilmann undenkbar. Heute erinnert nicht mehr ganz so viel an die glorreichen Zeiten von einst.

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Berufskolleg Wattenscheid ist nach Klaus Steilmann benannt

Das Kaufmännische Berufskolleg trägt seit 2011 den Namen des Firmengründers und bodenständigen Weltbürgers Klaus Steilmann, der sich über sein unternehmerisches Tun hinaus an vielen Stellen in der Stadt – im Sport, in der Kultur, in der Gesellschaft – engagiert hat. Natürlich gehörte er zu den glühendsten Verfechtern für die Eigenständigkeit Wattenscheids, das dann aber doch ein Opfer der Eingemeindung wurde und seit fast 50 Jahren nur noch ein Stadtteil von Bochum ist. 1999 gab der Patron die Leitung seines Lebenswerks ab. Es war eines der schmerzhaftesten Kapitel im Buch vom Aufstieg und Niedergang eines bemerkenswerten Unternehmens.

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„Mode für Millionen und nicht für Millionäre“ zu produzieren, das hatte sich Klaus Steilmann auf die Fahnen geschrieben, als er 1958 seine Firma gründete. Mit Erfolg, Ende 1990er Jahre machte seine Gruppe einen Umsatz von fast 1,5 Milliarden DM. Und immer wieder gelang es ihm, Erstaunliches zu bewerkstelligen. So gab er 1987 eine Zusammenarbeit mit Modezar Karl Lagerfeld bekannt. Die unternehmerische Liaison zwischen Steilmann und Lagerfeld hielt sieben Jahre lang.

Direkt an der Bahnlinie liegt die ehemalige Konzernzentrale von Steilmann (Mitte). Immobilie und Grundstück wurden 2020 verkauft.
Direkt an der Bahnlinie liegt die ehemalige Konzernzentrale von Steilmann (Mitte). Immobilie und Grundstück wurden 2020 verkauft. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

47 Steilmann-Standorte allein in Deutschland

Neben dem Stammsitz in Wattenscheid hatte Steilmann zu Spitzenzeiten 46 weitere Standorte in Deutschland. Als letzter wurde Ende April 2004 das Werk im brandenburgischen Cottbus geschlossen. Es war 1990 aus dem Textilkombinat Cottbus entstanden. Nach und nach wurde die Produktion von Textilien ins Ausland verlagert, vor allem nach Osteuropa und Asien.

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Heute ist der Name Steilmann von der Modeweltkarte verschwunden. 2006 gab es die erste Insolvenz und den Verkauf der Firmengruppe. 2016 folgte die zweite Insolvenz des mittlerweile in Bergkamen ansässigen Unternehmens und damit das endgültige Aus. Vor knapp vier Jahren hat sich die Klaus Steilmann Immobilien GmbH von der einstigen Unternehmenszentrale im Dreieck von Feldstraße, Berliner Straße und Bahndamm getrennt. Geblieben sind vor allem Erinnerungen an das Wattenscheider Unternehmen.

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So wie die von Ralf Düster. Der heute 56-jährige Mitgründer und Geschäftsführer des Bochumer IT-Unternehmens Setlog war zehn Jahre lang als Logistik-Chef für die globale Beschaffung sowie den Export der Steilmann-Gruppe mit den mehr als ein Dutzend Tochterunternehmen verantwortlich. Wattenscheid war damals ein Drehkreuz der internationalen Modeindustrie. „Von hier aus wurden alle Materialien, jeder Knopf, jeder Stoff, jede Garnrolle der Steilmann-Produkte nach Osteuropa zur Produktion geschickt. Fertige Artikel wurden aus Asien bezogen, vor allem aus China, Indien und Vietnam. Die fertige Ware kamen dann wieder zu uns und wurden hier verteilt“, erinnert sich Düster.

Steilmann hat für viele große Abnehmer produzieren lassen

Millionen Teile wurden jährlich von Wattenscheid aus verschickt. Karstadt, Kaufhof, Marks & Spencer, für viele große Häuser hat Steilmann produziert und produzieren lassen, das eigene Label „Klaus Steilmann Select“ war eher ein erfolgreiches Nischenprodukt. Am Ende haben aus Düsters Sicht vor allem zwei Entwicklungen den Niedergang des einstigen Modegiganten verursacht. „Steilmann hat die Entwicklung hin zum großen Label verpasst.“ Gerry Weber, die Winter Holding mit Betty Barclay, Brands wie Marc O‘Polo, s.Oliver und andere haben ihm den Rang abgelaufen. Und: Die großen Abnehmer haben im Laufe der Jahre einfache Produkte selbst herstellen lassen und nur die schwierigen Produkte über Steilmann abgewickelt.

2001 hat Ralf Düster gemeinsam mit Partner sein eigenes Unternehmen gegründet. An seinen früheren Arbeitgeber hat er immer noch beste Erinnerungen. Es habe so etwas wie ein „Mia-san-mia-Gefühl“ gegeben. Wer für Steilmann arbeitete, war stolz darauf. Auch wenn es buchstäblich streng hierarchisch zuging. „Klaus Steilmann war der Boss. Was er gesagt hat, das galt. Er war für jeden ansprechbar. Seine Tür war wortwörtlich offen. Immer!“ 

Ralf Düster

„Klaus Steilmann war der Boss. Was er gesagt hat, das galt.“

Ralf Düster

Nun soll es in Wattenscheid bald einen neuen Ort geben, der an den Menschen und Macher Klaus Steilmann erinnert. Vor dem Haupteingang des umgebauten Lohrheidestadions soll ein meterhohes Konterfei des SG09-Mäzen angebracht werden. Angemessen für einen Boss.

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