Bochum. Für Bochumer Tagesmütter wird es immer schwieriger, freie Plätze in der Betreuung zu vergeben. Dafür gebe es viele Gründe, sagen die Betroffenen.
Seit zehn Jahren arbeitet Nicole Krokowski als Tagesmutter in Bochum. Eigens für diesen Job hat sie bei sich zuhause das Souterrain ausgebaut, betreut dort fünf Kinder – eigentlich. In diesem Jahr sind es nur vier, vergangenes Jahr waren es teilweise nur drei Kinder. „Das ist wirtschaftlich eine Katastrophe“, sagt die 51-Jährige.
Die Tagesmutter aus Günnigfeld bietet pro Woche eine Betreuungszeit von 35 bis 45 Stunden an, jeweils zwischen 7 und 16 Uhr. „Dies wurde von den Eltern immer gern angenommen, da viele arbeiten oder alleinerziehend sind“, sagt Krokowski. Doch seit Corona seien die Zahlen sehr rückläufig. Das gehe ihr so, aber auch anderen Tageseltern.
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Tagesmütter in Bochum versuchen ihre Plätze zu belegen: „Es ist ein Auf und Ab“
Neun Kinder besuchen die Großtagespflege von Ricarda Neumann und Lisa Dellke, die sich ebenfalls in Wattenscheid befindet. „Wir haben unsere Plätze alle belegt, doch dieses Jahr hat es sehr lange gedauert, beziehungsweise war es ein Auf und Ab“, schildern die beiden. Den letzten freien Platz hätten die beiden Tagesmütter erst vor zwei Wochen belegen können. „Immer wieder sind uns Kinder abgesprungen, weil sich dann doch noch eine Kita gemeldet hat“, erklären sie.
Das bestätigen auch andere Tageseltern aus Bochum, die sich nach einer Umfrage der WAZ bei uns zurückgemeldet haben. Wie Tamara Kohlrausch, Tagesmutter aus Langendreer. Sie betreut zusammen mit einer Kollegin neun Kinder in der gemeinsamen Großtagespflege. „Wir haben zum Sommer hin sieben Plätze belegen müssen.“ Das sei teils erst sehr kurzfristig möglich gewesen.
Existenzängste, finanzielle Einbußen, schlaflose Nächte
„Da ich die Hauptverdienerin in meiner fünfköpfigen Familie bin, bereitet so eine Situation echte Probleme“, sagt sie und spricht von Existenzängsten, finanziellen Einbußen und schlaflosen Nächten. „Einfach nur Stress in allen Bereichen. Der Urlaub dient dann nicht zur Erholung, sondern es wird versucht, die Plätze zu belegen, um laufende Kosten abdecken zu können“, berichtet Kohlrausch.
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Zum Beginn des Kita-Jahres (1. August) gab es in Bochum 86 freie Plätze in der Kindertagespflege. Im Vergleich zum Vorjahr sind es mehr als doppelt so viele. Zum 1. August 2023 waren 35 Plätze frei, 2022 waren es 53, 2021 41 und 2020 32. Derzeit seien 59 der 1716 Plätze in Bochum nicht belegt. Ähnlich wie in ganz NRW gebe es auch in Bochum einen Rückgang. Die Gründe dafür seien mehr Homeoffice, ein Rückgang der Geburtenraten und mehr Anmeldungen in den Kitas.
Tageseltern erzählen: In diesen Stadtteilen ist es besonders schwierig
Wie sich die freien Plätze auf die einzelnen Stadtbezirke verteilen, konnte die Stadt Bochum auf Anfrage nicht sagen. Bei unserer Umfrage zeigte sich jedoch: Gerade in Wattenscheid, Langendreer, Werne, Riemke oder Hamme gibt es Probleme, die Plätze zu belegen.
Christine Bode, Tagesmutter aus Linden, schildert: „Ich glaube, das ist stark stadtteilabhängig. Ich hatte noch nie Probleme, meine Plätze vollzubekommen.“ Das gehe auch ihren Kolleginnen zu. Sie biete eine relativ geringe Betreuungszeit an, 24 Stunden an vier Tagen pro Woche. „Eltern, die zu mir kommen, entscheiden sich bewusst dafür.“ Zum Beispiel, weil sie in Teilzeit arbeiten oder weniger bezahlen als bei einem 45-Stunden-Platz in der Kita.
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Eine Tagesmutter aus Stiepel schreibt: „Ich kann nur rückmelden, dass ich sehr viele Anfragen auch schon für 2026 habe. Viele Tagesmütter gehen nicht mit der Zeit.“ Wichtig seien flexible Öffnungszeiten.
Wunsch nach mehr Planbarkeit
Deutlich wird im Gespräch mit etwa zehn Tagesmüttern aus Bochum: Fast alle wünschen sich mehr Planbarkeit. Es sei problematisch, dass Kitas jüngere Kinder abwerben, ältere Kinder – Ü3-Kinder – dann aber keinen Platz mehr bekommen. Eine Tagesmutter aus dem Südwesten der Stadt sagt: „Meiner Meinung nach muss hier entgegen gewirkt werden, z. B. muss im Online-Verfahren deutlich werden, wer schon versorgt ist und wer noch Betreuungsbedarf hat.“
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Eine andere Tagesmutter aus demselben Stadtteil ergänzt: „Die Verunsicherung der Eltern wird immer größer.“ Sie würden ihre Kinder gerne erst ab drei Jahren in den Kindergarten schicken. „In der Realität sieht es jedoch so aus, dass die Kindergärten massiv den U3-Bereich ausbauen.“ Dazu führe der finanzielle Anreiz, weil die Kitas für die jüngeren Kinder mehr Geld bekommen.
„„Ohne uns Tageseltern geht es nicht. So viele Kindergärten können wir gar nicht bauen.““
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Alleinstellungsmerkmal: Betreuung zwischen 15 und 18 Uhr
Um ihre Plätze auszulasten, hat manch eine Tagesmutter mittlerweile kreative Ideen und Konzepte. „Ich persönlich betreue acht Kinder in zwei Schichten, von 6 bis 15 und 15 bis 18 Uhr, als einzige in Bochum“, berichtet Maaren Jenderny aus Harpen. Deshalb sei sie nicht ganz so betroffen wie andere Tageseltern. Trotzdem: „Es schmerzt mich zu sehen, wie viele Tagespflegestellen in diesem Jahr geschlossen haben und ich kann nur für uns alle hoffen, dass dies alles nicht der Beginn unseres Untergangs ist“, sagt sie. Auch die Inhaberin der Kindertagespflege Billerbüh in Weitmar-Mark macht deutlich: „Ohne uns Tageseltern geht es nicht. So viele Kindergärten können wir gar nicht bauen.“