Bochum. Weniger „Wildwuchs in der Innenstadt“ – dafür sollen die neuen Leitlinien der Stadt Bochum sorgen. Warum auch Händler die Regeln befürworten.
Eine schicke Innenstadt? Dafür ist Bochum nicht gerade bekannt. Aber warum ist das so? „Warum sieht es anderswo so viel besser aus als in Bochum?“ Diese Frage stellte sich Marc Mauer, Unternehmer aus Bochum, vor ein paar Jahren in Bonn, wo er ein zweites Juweliergeschäft betreibt. Als Vorsitzender der Initiative Bochumer City (IBO) ist Mauer mit weiteren Akteuren der Bochumer Innenstadt (Einzelhändlern, Gastronomen, Immobilienbesitzern, Ärzten etc.) auf die Stadt zugegangen, um etwas zu ändern und die City wieder attraktiv zu machen. Nach jahrelangen Beratungen und auch einem Rückschlag wurden neue Spielregeln festgesetzt, wie das Zentrum künftig aussehen soll, damit die Menschen hier wieder gerne einkaufen.
„Bochum ist nicht Disneyland“: Deshalb gelten jetzt neue Spielregeln für die Innenstadt
Dazu wurde im Frühjahr 2024 eine neue Gestaltungssatzung beschlossen, die vorgibt, was in der Innenstadt künftig erlaubt ist – und was nicht. Die Leitlinien dafür hatte das Ahauser Büro „Farwick + Grote“ schon 2020 entwickelt, sie wurden jedoch vom Verwaltungsgericht für unzureichend erklärt. Ein Shisha-Bar-Betreiber hatte erfolgreich geklagt, nachdem ihm auf Grundlagen der damaligen Gestaltungssatzung eine Terrassenüberdachung verweigert wurde.
„Also mussten wir nachbessern“, erklärt Heike Möller, die Leiterin des Stadtplanungsamtes. Mit dem neuen Wurf will man nun den Werbe-Wildwuchs in der Innenstadt mit grellen LED-Anzeigen, Bling-Bling und Reklametafeln stoppen. „Bochum ist nicht Disneyland“, sagt Stadtplaner Heiner Farwick. Ein zu buntes und unruhiges Erscheinungsbild schade der City. Und das Stadtbild inklusive der Gebäudeoptik sei eben mitentscheidend für eine attraktive Innenstadt.
Einiges habe sich schon gebessert, meint Marc Mauer. Es gebe wesentlich weniger Werbeaufsteller vor den Geschäften und auch die blinkende Werbung werde weniger. Ein Anfang, doch insgesamt braucht man schon einen langen Atem. Das weiß auch Heiner Farwick, der jedoch guten Mutes ist. So eine Innenstadt verändere sich schneller, als viele glaubten.
„In anderen Städten klappt das auch. Wieso also nicht auch in Bochum?“
Und darauf hoffen nun alle. Denn aktuell gilt für die Gebäude in der Innenstadt ein Bestandschutz. Bei jeder Änderung aber greift dann die neue Gestaltungssatzung. Darin ist vorgeben, wie die Fassade auszusehen hat, welche Farben gewählt werden dürfen und wie die Reklame anzubringen ist.
So sollen Werbeschriftzüge künftig nicht mehr als billige Leuchtreklame daherkommen, sondern idealerweise in Einzelbuchstaben, die maximal dezent beleuchtet sein sollen. Gemäß der neuen Leitlinien dürfen höchstens 20 Prozent der Schaufenster beklebt sein, großflächige Plakate an den Fassaden sind nicht mehr erlaubt. Befinden sich mehrere Firmenlogos an einer Wand, so müssen diese künftig farblich neutral aufeinander abgestimmt werden. „In anderen Städten klappt das auch“, sagt Farwick. „Wieso also nicht auch in Bochum?“ Man müsse es als Stadt nur abverlangen, „sonst macht es keiner“.
„Ich durfte vor Jahren nicht so umbauen, wie ich wollte und habe mich darüber geärgert. Heute kann ich die Entscheidung nachvollziehen.“
Marc Mauer und seine Mitstreiter von der IBO freuen sich über den Leitfaden für die Innenstadt, auch wenn er selbst schon leidvolle Erfahrung damit gemacht hat. „Ich durfte vor Jahren nicht so umbauen, wie ich wollte und habe mich darüber geärgert. Heute kann ich die Entscheidung nachvollziehen. Ich hatte nur auf mein Gebäude geachtet und nicht die Nachbargebäude mit im Blick gehabt.“ Doch genau darum gehe es, um das große Ganze.
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Bei aller Freude will Heiner Farwick jedoch keine Garantie auf Erfolg geben. „Es müssen schon alle mitmachen“, appelliert er und erinnert an Artikel 14 im Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Kritik an Sicherheitskonzept und Weihnachtsbeleuchtung
Die neuen Spielregeln für eine einheitliche Gestaltung der Innenstadt kommen bei den Akteuren in der City gut an, gehen einigen aber nicht weit genug. So wird weiterhin eine einheitliche Lösung bei den Sicherheitsstoppern bei Festen gefordert. Gerade dann kämen viele Menschen von außerhalb nach Bochum, doch die Sperrvorrichtungen seien eine Katastrophe, sagt eine Geschäftsfrau. „Das hat doch auch mit Gestaltung zu tun. Ich schäme mich dafür.“ Auch sei die Weihnachtsbeleuchtung nicht einheitlich und höre an der Bongardstraße einfach auf, beziehe Große-Beckstraße und Untere Kortumstraße nicht mit ein. „Dieser Bruch ist tödlich.“
In Sachen Weihnachtsbeleuchtung werde man Kontakt zu Bochum Marketing aufnehmen, verspricht Heike Möller, Leiterin des Stadtplanungsamtes. An einem dauerhaften Sicherheitskonzept mit einheitlicher Optik werde bereits gearbeitet. „Es gibt da auch bereits erste Ansätze.“ Diese wurden jetzt dem Ausschuss für Umwelt, Nachhaltigkeit und Ordnung vorgestellt. Von 14 Sperrstellen werden von der Stadt derzeit demnach acht konkret geprüft. Insgesamt läuft es auf einen Mix aus fest verbauten und mobilen Elementen hin. Einige können laut Stadt auch optisch ansprechend ins Grün integriert werden.