Bochum-Linden. Das „Lindener Büdchen“ ist bei den Kunden beliebt. Der Laden brummt mächtig. Doch der Pächter will aufhören. Refik Gülcü hat seine Gründe.
Refik Gülcü ist mit viel Herzblut bei der Sache. Seit 2017 betreibt er das Lindener Büdchen an der Hattinger Straße 747 in Bochum-Linden. Mit Leidenschaft und Engagement. Doch jetzt sucht der 47-Jährige einen Nachfolger für seinen Kiosk. Nicht, weil dieser nicht läuft. „Das tut er durchaus.“ Doch Gülcü bewegen andere Gründe.
Kiosk-Besitzer aus Bochum sucht Nachfolger – „obwohl es gut läuft“
„Die Uhr tickt ja gegen mich“, sagt er. Die Arbeit im Büdchen mache ihm „großen Spaß“, doch sie zehre auch an den Kräften. Zwar unterstütze ihn die Familie, doch 16-Stunden-Schichten sind für Refik Gülcü keine Seltenheit. „Früher, mit 30, da habe ich Party und anschließend locker so eine Schicht gemacht.“ Jetzt falle ihm das deutlich schwerer. „Das ist kein Zuckerschlecken.“
Um nicht völlig auszubrennen, habe er schon die Öffnungszeiten geändert. „Ich mache jetzt abends schon zwei Stunden früher zu, um 21 Uhr. Und samstags ist seit einiger Zeit ganz geschlossen. Den Tag gönne ich mir einfach.“ Sonst ist Gülcü immer schon um fünf Uhr auf den Beinen, um die Frühstücksbrötchen vorzubereiten. Das Geschäft frühmorgens laufe immer noch gut, sagt er. Dazu Getränke, Zigaretten und „Knabberzeugs“. Und die berühmten „gemischten Tüten“. Die würden gerade die Erwachsenen gerne bestellen, „in großen Mengen für mehrere Euro.“
„Ich mache weiter, bis alles geregelt ist. Es läuft ja auch noch gut.“
Er wolle aufhören, solange es ihm noch Spaß macht und er gesundheitlich auf der Höhe ist. „Ich möchte das hier im Guten beenden.“ Deshalb wartet Refik Gülcü auch, bis er einen passenden Nachfolger gefunden hat. Auf sein Inserat im Internet hätten sich gleich schon ein paar Interessenten gemeldet. „Zwei sind auch direkt vorbeigekommen.“ Es gehe aber nicht allein darum, die monatliche Pacht (470 Euro) aufzubringen. Auch bei der Übernahme von Waren und Interieur müsse man sich finanziell einigen.
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Zeitdruck verspürt Gülcü nicht. „Ich mache weiter, bis alles geregelt ist. Es läuft ja auch noch gut.“ Obwohl er aus erster Hand erfahre, dass das nicht für die allgemeine Lage gilt. „Ich merke schon, dass die Menschen weniger Geld haben und knapp bei Kasse sind. Das sehe ich am Kaufverhalten, bekomme es aber auch in vielen Gesprächen mit.“ Gülcü ist selbst überrascht, wie sehr einige Leute vor ihm ihr Herz ausschütten. „Das ist schon krass, wie die unaufgefordert ihre Seele öffnen und mir von ihren Sorgen und Nöten, aber auch freudigen Ereignissen berichten.“
Vielleicht liegt es aber auch einfach an Refik Gülcüs offener und sympathischer Art. Er hat stets ein Ohr für seine Kundschaft, die ihn in den vergangenen sieben Jahren ins Herz geschlossen hat. „Nett, freundlich, sauber“, so bringt es Stammkunde Felix Klare kurz und knapp auf den Punkt, was er an seinem Lindener Büdchen so schätzt. Er bedauert Refik Gülcüs Entscheidung, aufhören zu wollen, könne sie aber nachvollziehen. „Beste Bude“, ruft jemand anderes im Vorbeigehen. „Der Nico“, sagt Gülcü. Auch dieser würde gerne Positives berichten. „Aber geht jetzt nicht, ich muss zum Zahnarzt.“
„Ich werde die Menschen vermissen, die Quätschchen, die man bei einem gemeinsamen Kaffee hält.“
Die meisten hätten von seinen Plänen gewusst. „Ich mache das ja nicht aus einer Laune heraus.“ Doch jetzt werde es ernst und auch dem letzten klar, dass die Tage von Refik Gülcü als Büdchen-Betreiber gezählt sind. „Das berührt mich alles schon“, sagt er. „Ich werde die Menschen vermissen, die Quätschchen, die man bei einem gemeinsamen Kaffee hält.“ Doch nun stehe ein neues Kapitel an. Gülcü will wieder in seinem eigentlichen Beruf als Einzelhandelskaufmann arbeiten. „Als Angestellter, bis zur Rente.“ Und ohne 16-Stunden-Schichten.