Bochum-Weitmar. Axel Walter vom Kulturhaus Thealozzi flog im August 2018 in den Urlaub nach Griechenland. Seitdem gilt er als vermisst. Der Fall bleibt mysteriös.
Das mysteriöse Verschwinden des Bochumer Theatermachers Axel Walter bleibt bis heute unvergessen. Im Sommer 2018 flog der Leiter des Kulturhauses Thealozzi für eine Woche in den Urlaub nach Griechenland und kehrte nicht mehr heim. Was dort mit ihm passiert sein könnte, ist ein Rätsel, das seine Weggefährten auch sechs Jahre später nicht loslässt. „Es zermürbt einen“, sagt der Schauspieler Giampiero Piria, wenn er an seinen guten Freund Axel Walter denkt.
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Rätselhaftes Verschwinden von Axel Walter bleibt ungeklärt
Der damals 71-jährige Schauspieler und Regisseur gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Thealozzi, das 1982 in einer ehemaligen Schule an der Pestalozzistraße eröffnet wurde. Gemeinsam mit seiner Frau Gudrun Gerlach führte er das Haus als lebendigen Ort für Kreative über viele Jahre an – und schrieb nebenbei ein Stück Bochumer Theatergeschichte. Lange bevor die Jahrhunderthalle zum Spielort der Ruhrtriennale wurde, entdeckten Gerlach und Walter die riesige Halle fürs Theaterspiel und zeigten hier von 1995 bis 2001 unter anderem den „Bochumer Jedermann“.
„Er ist wie vom Erdboden verschluckt, und bis heute kann sich niemand erklären, warum.“
Zu seinem Geburtstag am 13. August 2018 plante Walter eigentlich eine Reise mit seiner Frau ins Tessin: „Das klappte dann nicht, weil die Ferienwohnung schon vergeben war“, erinnert sich Andrea Homersen aus dem Vorstand. Stattdessen entschied er sich dazu, allein für eine Woche auf die griechische Insel Ägina zu reisen, wo sein verstorbener Bruder lange lebte. „Er kannte dort einige Leute und wollte das Grab seines Bruders besuchen.“ Das Flugticket schenkten ihm seine Kollegen aus dem Thealozzi zum Geburtstag: „Wir haben alle gesammelt, ich habe das Ticket dann für ihn gebucht“, sagt Homersen. „Mir wird heute noch ganz anders, wenn ich daran denke.“
Zum letzten Mal gesehen wurde Axel Walter am 22. August 2018, als er ohne Brieftasche, Schlüssel, Handy und Medikamente sein Appartement auf Ägina verließ. Zur geplanten Rückkehr wollten ihn Philipp Regener und Anja Balzer, die damals im Thealozzi-Team dabei waren, vom Flughafen in Düsseldorf abholen. „Sie kamen zurück und erzählten, dass Axel nicht in der Maschine saß“, erzählt André Dinter aus dem Vorstand. „Wir haben uns riesige Sorgen gemacht.“
Suchaktion im griechischen Fernsehen
Mehrere Anrufe bei der griechischen Polizei und bei Walters Zimmerwirtin führten zu keinem Ergebnis. „Seine Sachen inklusive sämtlicher Papiere waren noch da“, sagt Giampiero Piria. „Und die Polizei war nicht sonderlich hilfreich.“ Das Konsulat und das Auswärtige Amt wurden eingeschaltet, es gab auch eine Suchaktion im griechischen Fernsehen.
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Dianna Mertins und Sahar Raie vom Thealozzi flogen schließlich selbst nach Griechenland, um herauszufinden, was mit Axel Walter passiert sein könnte. Doch auch ihre Nachforschungen blieben letztlich ergebnislos. „Er ist wie vom Erdboden verschluckt, und bis heute kann sich niemand erklären, warum“, sagt Frank Schönlau vom Vorstand.
Natürlich gab es direkt mehrere Erklärungsversuche. Eine davon: Er könnte beim Wandern auf felsiger Strecke verunglückt und/oder von wilden Hunden, die es auf Ägina einige gibt, angegriffen worden sein. „Das wäre natürlich die absolute Horrorvorstellung, wenn er dort irgendwo abstürzte und schwerverletzt lag“, sagt Schönlau.
Beim Schwimmen ertrunken? Oder gar Selbstmord?
Ebenso könnte er beim Schwimmen ertrunken sein. „Dagegen spricht allerdings, dass er gar keine Badesachen dabei hatte, als er die Pension verließ“, meint Andrea Homersen. Auch ein Selbstmord könne als möglicher Grund nicht ausgeschlossen werden. Walter erhielt vor seiner Reise die Diagnose Parkinson. Seine Frau Gudrun Gerlach, die am 11. August 2019 starb, litt in den letzten Jahren ihres Lebens an Demenz. „Aber er war fit und voller Schaffenskraft“, sagt Homersen, „obwohl er sich in den Monaten vor seinem Verschwinden deswegen schon große Sorgen machte.“
Ein halbes Jahr danach ging das Thealozzi mit der traurigen Nachricht seines Verschwindens an die Öffentlichkeit. Eine Abschiedsfeier Mitte 2019 sorgte für enorme Anteilnahme. Dort wurde auch Walters letztes Theaterstück „Café Demenz“ als szenische Lesung vorgetragen, das unvollendet blieb. Offiziell gilt er weiterhin als vermisst: „Für tot erklärt werden kann er erst nach zehn Jahren.“
Fotos erinnern an Walter und Gerlach
Fürs Thealozzi begann danach die schwierige Phase, sich neu aufzustellen. Etwas erleichtert wurde dies dadurch, dass Walter sich schon vorher aus der Leitung weitgehend zurückgezogen hatte. An den Grundsätzen hat sich seitdem nichts geändert. Das Haus steht immer noch in Selbstverwaltung und wird basisdemokratisch geleitet. Zwölf Gruppen, darunter Musiker, Theatermacher und bildende Künstler, sind hier beheimatet. „Viele junge Künstler sind mittlerweile bei uns, es entwickelt sich richtig gut“, meint Giampiero Piria. An Axel Walter und Gudrun Gerlach erinnern zwei Fotos im Eingangsbereich.
Und was würde Axel Walter sagen, wenn er heute aufs Thealozzi schaut? Piria muss nicht lange überlegen. „Er würde sagen: Ihr macht das schon!“
Neues aus dem Thealozzi
Zum beliebten „Bochumer Allerlei“ lädt das Thealozzi, Pestalozzistraße 21, wieder am Samstag, 21. September, um 18 Uhr ein. Bei gutem Wetter findet der bunte Abend auf dem Hof statt. Es gibt feine Texte, wunderbare Musik und beste Laune. Mit dabei sind die Band Ryan Ant House und der Bochumer Autor Dirk „Olly“ Oltersdorf. Eintritt frei.
Unter dem Titel „Mein Herz schlägt nur für dich“ plant die Theatergruppe „Die Unwilligen“ ein neues Stück rund um den VfL Bochum. Premiere: 23. November. Karten und Infos: 0234 17590.