Bochum. Bochumer Schauspielerin und Comedian mag die humoristische Darstellung des alltäglichen Miteinanders. Aber Shakespeare mag sie auch.
Sahar Raie hat man bislang in eher kleineren Rollen erlebt – sie agierte als Pantomime in „Switch reloaded“, war eine unter vielen in „Kinder der Revolution“ am Schauspielhaus, und als lebende Schaufensterpuppe im City Point war sie auch mal aktiv. Man merkt es schon: Wählerisch darf man nicht sein, wenn es voran gehen soll.
Und voran gehen soll es; um durchzustarten tut die in Bochum lebende deutsch-persische Schauspielerin und Kabarettistin im Moment allerhand. Ein ganzer Schwung witziger Clips auf You Tube und ihre erste abendfüllende Produktion im Thealozzi zeugen davon. Power genug hat sie, dazu verfügt Sahar Raie über Charme, Können und das nötige Selbstbewusstsein, um ihren Weg zu gehen.
Seit 1990, als die Neunjährige mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland kam, stand für sie fest, dass sie zur Bühne wollte: „Ich wollte kreativ sein, mich entfalten. Das war nicht immer durchzusetzen“, blickt Sahar zurück. Und schickt gleich hinterher: „Aber ich habe mich durchgesetzt!“
Auch bei den Hottenlotten aktiv
Über Kontakte zur freien Szene in Bochum kam sie vor zwei Jahren zur Improgruppe Hottenlotten ins Thealozzi; im Kulturhaus in Stahlhausen ging jetzt auch ihre erste eigene Produktion „Inklusionsgefahr! Comedy klärt auf!“ über die Bühne. „Der Abend basiert auf Videos der Mini-Comedyserie ,Eine total verrückte WG“, erzählt Sahar Raie. Hauptdarstellerin sind sie als Mana und André Dinter als Edd; sie deutsch-persisch-russisch, er deutsch. Sie temperamentvoll, lebensfroh, sexy. Er ein Fachidiot und „Klemmi“. Ob das gut geht?
Mit Augenzwinkern
Es geht vor allem deshalb gut, weil sich der Zuschauer über die beiden ziemlich amüsieren kann (siehe Clips auf Youtube). Die Produktion ist schräg, und Sahar ist nicht eben zimperlich, was die brutal-humoristische Darstellung des alltäglichen Miteinanders angeht. Als schusselige „Zigeunerin“ Silvana nimmt sie die Klischees ebenso auf die Rolle wie als Türkin Bingül. „Man muss mit einem Augenzwinkern durchs Leben gehen“, findet Sahar Raie. Sie hat keine politische Botschaft, und „missionieren“ will sie schon mal gar nicht. Ihr behagt der komödiantische Blick aufs Menschlich-Allzumenschliche. Deutsch, persisch, türkisch, rumänisch – „das interessiert mich alles nicht“, sagt Sahar, „wir sind Menschen. Nur darum geht’s!“
Demnächst im „Sommernachtstraum“
Dass sie auch außerhalb des komödiantischen Fachs bestehen kann, will sie sich und ihrem Publikum als nächstes beweisen. In Julie Stearns Shakespeare-Produktion „Sommernachtstraum“ steht sie als Helena auf der Bühne. Gespielt wird übrigens auf Englisch. Kein Problem für Sahar Raie. Denn ein Sprachtalent ist sie zufällig auch!