Bochum. Die Bogestra erneuert die Fahrzeuge der Campus-Linie. Die erste Stadtbahn ist fertig. Doch so richtig neu ist die „U-Bahn der Zukunft“ gar nicht.
Jetzt ist es da, das erste Fahrzeug der neuen U-Bahn-Flotte der Bogestra. Bis der „B80-Neo“ erstmals auf der Campus-Linie zwischen Bochum und Herne eingesetzt wird, dauert es aber noch ein Weilchen. Noch stehen viele Prüfungen und Tests an. Anfang 2025 soll es dann so weit sein. Der WAZ gewährte die Bogestra aber schon jetzt erste exklusive Einblicke.
Exklusiv: So sehen die neuen Bahnen der U35 in Bochum und Herne aus
Neo – da denken Kino-Fans automatisch an die Hauptfigur in den „Matrix“-Filmen. So futuristisch wie der Filmstoff kommt die „U-Bahn der Zukunft“ allerdings nicht daher. Wäre auch verwunderlich. Denn so richtig neu sind die „B80-Neo“-Fahrzeuge eigentlich gar nicht. Die Bogestra baut nämlich die aktuellen Bahnen komplett um. Aus Kostengründen.
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„Das ist einfach wirtschaftlicher“, sagt Leo Hinzmann, der Projektleiter Modernisierung bei der Bogestra. Alle 25 Fahrzeuge der Stadtbahn würden jetzt nach und nach überholt, umgebaut und für die Zukunft fit gemacht. Auf knapp unter 50 Millionen Euro schätzt die Bogestra das Kostenvolumen. Hätte man komplett neue Fahrzeuge gekauft, wäre man bei mehr als der doppelten Summe gelandet, überschlägt Hinzmann.
Die alten Modelle seien alle noch einsatzbereit, betont die Bogestra. Aber eben in die Jahre gekommen. „Die U35 wird in diesem Jahr 35. So alt sind auch die Bahnen“, erklärt Hinzmann. Ein großes Problem sei inzwischen, Ersatzteile für die Elektrotechnik zu bekommen. „Viele Bauteile sind weltweit nicht mehr erhältlich.“ Da aber die Grundsubstanz, also die Karosserie der Bahnen, immer noch gut sei, habe man sich entschieden, die alten Bahnen zu „pimpen“.
Das übernehmen die Mitarbeiter der Bogestra in Bochum zum Teil selbst. Weil sie das Know-how haben, aber auch, um Kosten einzusparen. So ist Schrauber Phil Erber zum Beispiel dafür zuständig, die Zangenbremsen für den „B80-Neo“ komplett zu erneuern. Auch werden auf dem Betriebsgelände in Riemke Drehgestelle aufgearbeitet, Stromabnehmer überholt und Lüfter und Kompressoren runderneuert. Für die übrigen Arbeiten werden die U35-Wagen zu einer Spezialfirma nach Berlin-Reinickendorf transportiert.
Beim Blick in den neuen B80-Neo wird den Fahrgästen zunächst vielleicht gar nicht so viel Neues auffallen. Die Anordnung der Sitze ähnelt den anderen Modellen ebenso wie das Stoff-Design der Polster. Jeweils an den Enden der Bahn gibt es mehr Platz für Rollstühle, dazu auch an den Türen ausklappbare Rampen. Apropos Türen: Diese sind komplett neu. „Da es die bisherigen Außenschwenktüren nicht mehr zu kaufen gibt, bauen wir jetzt moderne Schwenkschiebetüren ein“, verrät Leo Hinzmann.
„Uns geht es darum, dass alles praktisch ist. Das ist wichtiger als Schnickschnack.“
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Die LED-Beleuchtung sei erneuert worden, der Bodenbelag – und das Multimedia-Angebot. „Es gibt jetzt viele USB-Buchsen“, berichtet Hinzmann. Freies WLAN gehöre in Bogestra-Fahrzeugen ja eh schon zum Standard. Dass man die U-Bahn nicht neu erfunden habe, räumt er ein. „Uns geht es darum, dass alles neu und praktisch ist. Das ist wichtiger als Schnickschnack.“
Der Bau des ersten B80-Neo habe ein Jahr gedauert. Bis zur Inbetriebnahme dauere es auch insgesamt nochmal ein Jahr. „Da stehen viele Tests, Prüfungen und Abnahmen an“, erklärt Hinzmann. „Die neuen Bahnen müssen ja auch zuverlässig sein. Die Campuslinie ist mit ihrer engen Taktung durchaus herausfordernd.“
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Zwei weitere Fahrzeuge befinden sich bereits im Umbau, bis 2028 soll die gesamte U-Bahn-Flotte modernisiert sein. „Die nächsten Bahnen werden dann auch schneller fertig sein“, ist Leo Hinzmann optimistisch. „Dann soll der Umbau drei Monate dauern und die Bahnen anschließend innerhalb von drei, vier Wochen auf der Strecke sein.“
3,7 Millionen Kilometer auf dem Tacho
Ein paar Zahlen: Wie sein U-Bahn-Vorgänger, der B80D, wird auch der neue B80-Neo 66 Sitzplätze haben. Zusammen mit den Stehbereichen kommt man laut Bogestra auf rund 250 Plätze. „Wir rechnen vier Personen pro Quadratmeter“, sagt Leo Hinzmann von der Bogestra.
3,7 Millionen Kilometer hätten die alten Bahnen inzwischen auf dem Tacho. „Etwa 120.000 Kilometer pro Jahr.“
Rund 17.000 Dokumente zu Einzelteilen müsse man bei der technischen Aufsichtsbehörde für die Zulassung eines der neuen Fahrzeuge einreichen, sagt die Bogestra.
Ebenso enorm ist die Menge an Kabeln, die in den 30 Meter langen Fahrzeugen verlegt werden: 34 Kilometer.