Herne. Nach den Hubschrauberflügen über die Cranger Kirmes plant ein Herner eine Sammelklage. Er wirft dem Betreiber der Flüge Lügen vor.
Auch nach dem Ende der Cranger Kirmes ebbt die Debatte über die Helikopter-Flüge über das Kirmes-Gelände nicht ab. Der Organisator der Rundflüge Winfried Claßen von Heliflug.Info zog zuletzt Bilanz über die Bürgerbeschwerden und bezeichnete Anwohner und Anwohnerinnen der Cranger Kirmes, die ihrem Ärger persönlich bei ihm Luft machten, gegenüber der WAZ als „aufgepustete Gockelhähne“. Jetzt melden sich erneut Bürgerinnen und Bürger zu Wort. Sie wollen eine Sammelklage gegen den Flugbetreiber erwirken. Sie sagen: „Die Flüge sind die Anfänge vom Ende. Die zerstören den Ruf der Cranger Kirmes.“
Was ist passiert? In diesem Jahr wurden erstmals Rundflüge über die Cranger Kirmes angeboten, die in Herten auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Ewald starteten. Anwohner und Anwohnerinnen beklagten sich über den massiven Lärm durch den Hubschrauber und gingen auf die Barrikaden. Neben Menschen aus Herne und Herten beschwerten sich auch Bürger und Bürgerinnen aus Recklinghausen, Bochum und Gelsenkirchen. Die Bezirksregierungen Arnsberg und Münster schalteten sich nach den Beschwerden ein, ebenso die Stadt Herne. Sie habe den Flugbetreiber gebeten, seine Flugroute zu verändern und die Taktung der Flüge zu verringern, hieß es auch dem Rathaus. Wir berichteten.
Anwohner sagt, es seien ganz klar zwei Helikopter geflogen
Der Anwohner der Kirmes Jochen Michael Berger sagt: „Die Auflagen interessieren den Betreiber einen Dreck.“ Gegenüber der WAZ habe der Organisator Winfried Claßen massiv gelogen. Nicht ein Hubschrauber soll an den Freitagen und den Wochenenden im Einsatz gewesen sein, sondern hin und wieder gleich zwei. Das habe Berger von Menschen erfahren, die selbst am Start- und Landeplatz gewesen seien. Auch vereinzelte Facebook-Kommentare weisen auf den Einsatz von zwei Helikoptern hin. Von Mitarbeitern des Flugunternehmens wird das dementiert.
Darüber hinaus habe er die vorgegebene Flugroute bei der Stadt Herten erfragen können, sagt Berger - und behauptet, dass sich der Flugbetreiber nicht an diese gehalten habe. Auf Nachfrage der WAZ, ob diese vorgegebene Route korrekt sei, verweist die Stadt Herten jedoch an die Bezirksregierung Münster als zuständige Flugaufsichtsbehörde. Dieser liegt keine Flugroute vor. „Der Himmel ist frei, es gibt keine Flugrouten“, so der stellvertretende Pressesprecher Andreas Winnemöller.
Als Grenze die A42?
Ein Mitarbeiter des Flugunternehmens schilderte gegenüber der WAZ, dass die Flugroute nach Beschwerden angepasst worden sei und der Rückflug von dem Zeitpunkt an vom Kirmesgelände über das Horizontobservatorium und entlang der A2 erfolgt sei. Da hätte der Hubschrauber gar nicht fliegen dürfen, so der Anwohner.
So sei es auch kein Wunder, wenn sich auch Menschen aus umliegenden Städten beschwerten, so Berger. Er habe von der Stadt Herten die Information bekommen, dass dem Flugbetreiber die A42 als Fluggrenze vorgeschrieben wurde. Der Stadt Herten sind dazu keine Informationen bekannt. Diese Grenze hat der Helikopter laut Berger, der selbst an der A42 auf der Cranger Heide lebt, mehrfach überschritten und sei des Weiteren über mindestens drei Altenheime und auch dem Marienhospital geflogen. Eine Dreistigkeit sei das, so der Anwohner.
Anwohner betont die Verhältnismäßigkeit
Er kritisiert weiter, dass der Hubschrauber viel zu niedrig geflogen sei und gegen alle Regeln verstoßen habe. „Der ist einfach überall lang gefolgen“. Im WAZ-Gespräch schilderte Flug-Organisator Winfried Claßen auch, dass er Doppelflüge angeboten habe, wobei Flüge unter anderem bis zur Veltins-Arena möglich waren. Von Zeugen habe Jochen Michael Berger erfahren, dass der Helikopter auch direkt über die Kirmes geflogen sei, was verboten sei. „Die Menschen hatten Angst, dass der über dem Gelände abstürzt“, beschreibt Berger. Als Anwohner der Kirmes sei er Lärm, laute Gespräche und Ruhestörungen längst gewöhnt. Bei dem Hubschrauber „fliegen einem jedoch die Ohren weg“. „Das ist eine Familienkirmes, das hat hier nichts zu suchen“, sagt er.
Berger sagt, es komme auch auf die Verhältnismäßigkeit an. Nach Angaben des Flugbetreibers habe das Heli-Unternehmen insgesamt rund 220 Menschen mit den Flügen „glücklich machen“ können. Wenn jedoch jeden Tag rund 30.000 Anwohner unter dem Lärm leiden, stünde die Freude der Fluggäste in keinem Verhältnis zur Lärmbelsatung der Anwohnenden, so Berger. Daran würden die Fünf-Euro-Spenden pro Flug an das Lukas-Hospiz auch nichts ändern. „Nach der Aktion wäre es doch schön, wenn Winfried Claßen die Gesamteinnahmen der Flüge an das Hospiz spendet“, schlägt der Anwohner vor.
Bevölkerung möchte Sammelklage einreichen
Von der Stadt Herne und Herten habe er das inoffizielle Versprechen bekommen, dass diese Flüge im nächsten Jahr nicht mehr genehmigt werden, meint Berger. Er selbst möchte sich nun einen Anwalt für Verwaltungsrecht suchen und Klage gegen den Flugbetreiber einreichen. „Ich habe mit vielen Anwohnern gesprochen, wir reichen eine Sammelklage ein.“ Starten soll die Kampagne eventuell mit einer Flugblattaktion.