Mülheim. Das Streichorchester von Jurek Dybal hatte in Mülheim ein stimmungsvolles Programm im Gepäck. Wie auch ein preisgekrönter Oboist begeisterte.

Nach einer längeren Corona-Zwangspause durfte am Freitagabend in der Stadthalle endlich die Reihe der Sinfoniekonzerte fortgesetzt werden. Dazu reiste das namhafte Streichorchester Sinfonietta Cracovia mit seinem Musikalischen Leiter Jurek Dybal an; es hatte ein kontrastreiches und stimmungsvolles Programm im Gepäck.

Den tänzerischen Auftakt macht die höfisch klingende Ball Polonaise des unbekannten Grzegorz Gorczycki. Mit den drei Stücken im alten Stil verneigt sich das Orchester vor seinem Gründer und Förderer Krzysztof Penderecki, der sich 1963 seinerseits mit seinen drei barocken Miniaturen vor den Altmeistern Bach und Händel verbeugte. Ein Sprung führt in die Romantik zu Mendelssohns Streichersinfonie mit ihrem Lamento-Beginn, ihren kantablen Melodien und einem rasenden Presto-Finale; sie gelingt besonders stimmig und klangvoll.

Vielfach ausgezeichneter Oboist spielt Konzert von J. S. Bach

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Vor und nach der Pause kam mit dem Oboisten Ramon Ortega Quero ein wahrer Meister seines Instruments dazu. Der vielfach ausgezeichnete Musiker und „Rising Star“-Künstler ist ein Solist ohne Allüren: Er gestaltet das vom Cembalo auf die Oboe transkribierte C-Dur-Konzert von J. S. Bach mit der nötigen barocken Strenge und schlichter Schönheit aber ebenso mit dem nötigen Gefühl und lebendigen Verzierungen.

Die Sinfonietta Cracovia in der Stadthalle Mülheim.
Die Sinfonietta Cracovia in der Stadthalle Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lukas Claus

In Mendelssohns durchweg lyrisch-sanglichen Liedern ohne Worte, hier wieder für die Oboe arrangiert, führt er einen wechselvollen Dialog mit dem Orchester – mal hüpfend lustig, mal klagend traurig, mal tänzerisch im Walzertakt oder mit trillernder Sololinie über einem sanften Streicherteppich, stets mit sonorem Ton. Im romantischen Sinne glänzt der Solist mit seinem exponierten Part, das Orchester blüht auf, wenn die Oboe schweigt – eine gute Balance, wenn auch das 20-köpfige Orchester hier und da ein wenig leiser den Solisten noch besser getragen hätte.

Konzertmeisterin stimmt selten gespieltes Kleinod auf der Geige an

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Ein weiterer Höhepunkt ist der musikalische Sprung in die modernen Gefilde, als die Konzertmeisterin aufsteht und solo ein selten gespieltes Kleinod auf der Geige anstimmt: Roxanas Lied aus Karol Szymanowskis Oper „König Roger“. Ganz allein stellt sie die Melodie vor, das Orchester setzt später ein und beide verschmelzen homogen zu einem spätromantischen Duett – mit zukunftsweisenden Harmonien und viel Schmelz in filmmusikalischer Qualität.

Nach diesem Ausflug kehrt Dirigent Jurek Dybal zurück in vertrautere Tonalität, bleibt aber mit Karlowiczs Streicherserenade auf polnischem Boden und schlägt mit den vier effektvollen Sätzen den Bogen zum salonhaften Anfang des Abends. Volksmusikalische Anklänge, eine lyrische Romanze, schwungvoller Walzer und ein finaler Galopp runden den gut ausgewählten Querschnitt durch die Streichermusik ab. Stanislaw Moniuszkos „Alla Polacca“ ist schließlich der Abschiedsgruß des Abends. Aber nur bis zum 20. März, wenn das nächste Sinfoniekonzert zu Bach und Mozart einlädt. . .