Mülheim. Zirkus, Puppenbühne und Riesenspielplatz gastierten immer auf einer Wiese am Flughafen Essen-Mülheim. Dort wird bald gebaut. Was nun?
Viele Familien kennen die Wiese schräg vor dem Flughafengebäude. Der Zirkus Altano, Tränklers Puppenbühne und Sperlich’s Riesenspielplatz campieren seit Jahren dort. Nun soll das Gelände bebaut werden. Bis 2023 sollen dort vier größere Gebäude entstehen. Vorarbeiten dazu werden bis Herbst 2022 stattfinden. Für die Zirkusleute und Puppenspieler heißt das: Sie können den Standort nun nicht mehr ansteuern und – so sieht es derzeit aus – gar nicht mehr Station in Mülheim machen.
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„Wir sind dankbar, dass wir all die Jahre die Wiese nutzen konnten, aber auch sehr enttäuscht und verzweifelt. Bis jetzt wissen wir nicht, wo wir sonst in Mülheim unser Zelt aufbauen könnten“, sagt Karl Neigelt vom Zirkus Altano. Momentan halte man sich in Lintorf auf. „Die nächste Station wäre eigentlich Mülheim“. Aber der Vertrag, den die Zirkusleute mit der Flughafen GmbH (als Verwalterin des städtischen Grundstückes) geschlossen hatten, ist nichtig geworden. Darin gibt es nämlich eine Klausel, die besagt, dass das Abkommen hinfällig wird, sollte eine Bebauung der Wiese anstehe.
Auch privates Grundstück ist möglich
„Ein anderes Grundstück finden wir momentan nicht. Wir hatten die Flughafen-Gesellschaft gefragt, ob wir nicht dort campieren könnten, wo das Oktoberfest stattfindet. Man hat uns aber erklärt, dass das nicht geht“, so Neigelt. Ganz früher habe man den Saarner Kirmesplatz genutzt, aber dort seien ja dann die Häuser zur Unterbringung von Flüchtlingen errichtet worden. „Wer ein Grundstück hat oder eins weiß, es kann auch privat sein, kann sich sehr gerne bei uns melden“, so der Zirkuschef.
Ohne Standplatz in Mülheim steht nun auch Tränklers Puppenbühne da, die insgesamt schon sechs Mal mit ihrem Weihnachtstheater am Flughafen gastiert hat. „Die Leute sind das schon gewohnt, die rufen schon im Oktober oder November an und fragen, ob wir wieder kommen“, berichtet Jennifer Tränkler. Jetzt müsse man Ausschau nach einem anderen passenden Gelände halten. „Normalerweise sind wir im Dezember und Januar und manchmal auch noch mal im Februar in Mülheim“, so die Puppenspielerin.
Naturschutz könnte eine Rolle spielen
Eine andere kleine Wiese nahe des Flughafens hat sie ins Auge gefasst. „Aber, ob die ausreichend ist, weiß ich nicht. Der Naturschutz spielt auch eine Rolle, und ob es Strom- und Wasseranschluss gibt“, sagt Jennifer Tränkler. Auch ein privates Grundstück würden die Puppenspieler nutzen. „Wir sind flexibel, haben verschiedene Aufbaumöglichkeiten und verlassen den Platz ordnungsgemäß“, versichern sie.
Unglücklich ist auch Jesse Sperlich von Sperlich’s Riesenspielplatz über die neueste Entwicklung. „Wir sind hier etabliert gewesen, waren seit fünf Jahren immer sechs Wochen in den Sommerferien vor Ort, unser Angebot wurde super angenommen“, sagt er. Wie die anderen habe auch er einen Drei-Jahres-Vertrag mit der Flughafen GmbH abgeschlossen, nun aber die Kündigung erhalten aufgrund der Bebauungsklausel. Ob sich in Mülheim ein anderer Platz biete, sei unklar. Vorsorglich wirbt er: „Wir zahlen Platzmiete und Kaution und verlassen den Platz ordentlich.“ Eruieren will er, wem das freie Grundstück gegenüber vom Hauptfriedhof gehört.
Kein anderer Standort am Flughafen
Bei der Flughafen Essen/Mülheim GmbH bedauert man die Vertragskündigung, sie sei aber rechtens. „Baurecht für dieses Gelände gibt es schon seit Jahren, aber erst jetzt hat die Stadt einen Käufer gefunden, der dort bauen will. Deshalb konnten Zirkus, Puppenbühne und Spielpark dort jahrelang Station machen, laut Vertrag erlischt jetzt diese Möglichkeit“, erläutert Geschäftsführer Wolfgang Sauerland.
Einen anderen geeigneten Standort auf dem Flughafen-Gelände gebe es leider nicht. Das habe man mit den Betroffenen auch besprochen. „Es gibt keinen Wasser- oder Stromanschluss, außerdem sind luftrechtliche Regeln zu beachten.“ Das Gelände, wo das Oktoberfest stattfinde (gegenüber vom Gartencenter), könne man nicht zur Verfügung stellen. „Der Veranstalter hat eine krasse Ausnahmegenehmigung. Er muss den Bereich vollständig einzäunen. Zudem kann er ihn nur nutzen, weil im September und Oktober kein Segelflug auf dem Flughafengelände stattfindet.
Stadt weiß auch noch kein Ausweichgelände
Die Stadt Mülheim sieht auch noch keine Lösung für das Problem. „Es wird schwierig, einen Standort für fahrende Geschäfte zu finden. Gibt es Brachflächen, sind die zumeist nicht erschlossen“, meint Stadtsprecher Volker Wiebels. Planungsamtsleiter Felix Blasch macht noch nicht alle Hoffnungen zunichte: „Wir sind von den Betroffenen noch nicht angesprochen worden. Wir müssten uns gezielt auf die Suche nach einem Gelände machen.“ Der Saarner Kirmesplatz oder der Stadthallenparkplatz seien leider nicht geeignet und würden anderweitig benötigt.