Oberhausen. Die Corona-Krise hat die Welt der Einkaufszentren stark beeinflusst. In Oberhausen öffnen zwei Malls, die ganz unterschiedliche Wege gehen.

Es sieht aus als hätte jemand den Stecker gezogen. Als im Frühjahr 2020 zum ersten Mal die sonst so belebten Gänge im Centro Oberhausen fast menschenleer sind, wirkt die Szenerie wie in einem Stillleben. Einzelne Kunden laufen zu einer Handvoll Ladenlokalen, Apotheken und Drogerien, die öffnen dürfen. In vielen Gesichtern sind Fragezeichen abzulesen: Was verändert Corona dauerhaft - wie geht es weiter?

Anderthalb Jahre später schlendern wieder fast so viele Kunden wie vor Ausbruch der Pandemie durch die Mall. Die Mund-Nase-Maske tragen sie im Gesicht. Doch der Spuk der Pandemie ist noch nicht vorbei. Alpha-Shopping in Delta-Zeiten - die Frage aus der ersten Lockdown-Welle stellt sich weiterhin.

Centro Oberhausen: Internet und Ladenlokal stärker verbinden

Knapp 250 Geschäfte, Cafés und Restaurants sind in Europas größtem Einkaufs- und Freizeitzentrum beheimatet, nicht alle haben wieder geöffnet. Einzelne Ketten wie „Topshop & Topman“ sind ausgezogen, andere Shops wie „Huawei“ haben eröffnet. Die Pandemie sorgt für einen Wechsel. An einigen Nachfolge-Läden müssen die Manager noch arbeiten.

Der Online-Handel hat in der Krise zugelegt - wie sehen die Malls ihre Zukunft? „Die Menschen werden weiterhin in Geschäften einkaufen gehen“, sagt Centro-Chef Marcus Remark. „Und dadurch Einkaufszentren besuchen.“ 

Internet-Konzepte sind für Ladenbesitzer kein Neuland. Vermutlich wird Corona den Hybrid-Betrieb aber beschleunigen. „Wir bieten schon jetzt Multichannel-Angebote an, bei denen das Internet mit dem Einkaufen in den Geschäften verbunden wird“, sagt der Centro-Chef. Das können Rabatt-Aktionen, vorbestellte Artikel und Sonderverkäufe sein. Formate wie „Click & Meet“ und „Click & Collect“ haben die Hemmschwelle fürs Shoppen in Pandemie-Zeiten bei den Kunden gesenkt.   

Corona hat bereits vor der Pandemie gehegte Wünsche verstärkt: Der Weg der Einkaufszentren soll stärker als bisher über Emotionen funktionieren. Noch mehr Visionen wünscht sich der Center-Manager dabei von der Stadt Oberhausen für die Neue Mitte. Eine bereits angeregte Seilbahn, die ausgelagerte Parkplätze mit dem Centro verbindet - Remark ist ein Befürworter.

Centro Oberhausen: Freizeitangebote werden wichtiger

„Kunden suchen das Erlebnis, um hier einen halben, einen ganzen Tag oder mit einem Freizeitangebot ein komplettes Wochenende zu verbringen“, sagt der Center-Manager. Zuversicht verbreitet darum das hoffnungsvolle Grün vor den Türen. Mit Karls Erlebnis-Dorf steht endlich wieder ein Pächter in den Startlöchern. Die sechs Hektar große Parkfläche soll mit Hofläden, Karussells und Gastronomie umgebaut werden.

Bauernmarkt und Freizeitpark könnten ab Ende 2022 nicht nur Besucher aus den Nachbarstädten, sondern überregional und durch die nahe Grenze zu den Niederlanden auch wieder vermehrt internationale Kunden anlocken.

Das unterstreicht der kürzlich verkündete Namenszusatz „Westfield Centro“. Das Centro sieht das weltweit für Vorzeige-Einkaufszentren des Betreibers Unibail-Rodamco-Westfield vergebene Label als Ritterschlag. Klar ist: Neben einem Signal für Touristen und Auswärtige versprechen sich die Initiatoren mehr Zugkraft beim Anwerben von weltweit agierenden Ladenmietern.

Centro Oberhausen: Visionen für die Zukunft - Tages-Spa und Kino?

Das Einkaufszentrum könnte gegenüber dunklen Konsum-Bunkern einen architektonischen Vorteil stärker ausspielen: Hohe Decken und viel natürliches Licht. Bislang fehlt in der Mall ein Block, der in Fachkreisen als fester Baustein gilt: die Gesundheits- und Wellness-Branche. Bislang äußern sich die Betreiber zu solchen Gedankenspielen nicht. Aber ein Tages-Spa innerhalb der Mall gilt nicht als Spinnerei.

Auch ein Kino, bislang vor den Toren der Coca-Cola-Oase, in die Mall zu verlagern, könnte ein Denkanstoß für die Zukunft sein. Dieses Konzept fahren Mitbewerber wie das Rhein-Ruhr-Zentrum und City-Forum in Mülheim.  

Innovativen Schwung halten Fachleute für die Zeit nach Corona für besonders wichtig. Das Marktforschungsinstitut EHI Retail aus Köln hatte zuletzt die Stimmung der Branche unter die Lupe genommen. Während 2019 sechs Malls mit einer Fläche von mehr als 10.000 Quadratmetern neu eröffneten, waren es im vergangenen Jahr vier. Für 2021 rechnet man nur noch mit zwei Neulingen zu den 493 deutschen Einkaufszentren. Tenor der Analysten: Die Branche wartet noch ab.

Bero-Zentrum: Schwerpunkt liegt auf der Nahversorgung

Auffällig: Alle zuletzt neu in Deutschland eröffneten Shopping-Center beinhalten einen großen Supermarkt als Kernstück. Dass Lebensmittelgeschäfte für die Center mit Kunden aus der Nachbarschaft eine größere Rolle spielen, kann Thomas Wiess-Micheel vom Bero-Zentrum nur bestätigen. 

Anders als das Centro Oberhausen mit vielen Textilgeschäften und angeschlossener Unterhaltungsbranche legt das 44.000 Quadratmeter große Center hinter dem Hauptbahnhof Oberhausen seinen Kern auf die Nahversorgung. Mit den Zugpferden Kaufland und Aldi - aber auch acht Arztpraxen.

Selbst Ende 2020 in der härtesten Phase des Corona-Lockdowns durfte ein Drittel der Mieter im Bero-Zentrum mit einem Hygiene-Konzept öffnen. „Durch die Lebensmittelkunden hatten andere Geschäfte des täglichen Bedarfs weiter ihre Laufkundschaft“, sagt Wiess-Micheel: Blumengeschäfte, Reinigungen und Drogerien.  

Insolvente Geschäfte gibt es derzeit kaum. Eine Spielhalle, ein Frisör und ein niederländisches Modegeschäft sind ausgezogen. Der Rest bleibt stabil. Die Kundenfrequenz blieb meist bei 70 Prozent gegenüber den Normalzahlen.

Der Trend, so der Bero-Manager, gehe in Einkaufszentren zu mehr Mischfläche. „Unser Konzept wollen wir daher nicht ändern." Zwar sei es im Gegensatz zum Centro schwieriger, größere Marken wie H&M zu locken, da diese häufig einen zweiten Standort in der Stadt scheuen, dafür seien Handel, Dienstleistungen und Medizin bereits gemeinsam im Bero verankert.

>>> Musical-Theater und Rollschuhbahn

Weitere Mieter aus dem Unterhaltungssektor wären in der Neuen Mitte gern gesehen, etwa um das geschlossene Metronom-Theater wieder als Musical-Magnet zu betreiben. Das bringt Touristen, die benachbarte Mall würde profitieren.

Das Bero-Zentrum verfolgte früher ebenfalls Unterhaltungskonzepte. So öffnete 1981 eine Rollschuhbahn für bis zu 500 Besucher. Später war im ehemaligen „Rollerdrome“ das Spielzeuggeschäft „Bonniland“ beheimatet. Heute gibt es die Halle an der Concordiastraße nicht mehr.

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