Essen. AfD-Chef Bernd Lucke ist ein eloquenter Verkäufer populistischer Parolen. Nun verkauft der studierte Volkswirt auch pures Gold – über die Internetseite seiner Partei. Bei „Hart aber fair“ bot ihm Frank Plasberg eine kostenlose Werbesendung. ARD goes QVC.
Ralf Stegner ist so etwas wie der miesepeterpolitische Sprecher der SPD. Keiner guckt so penetrant schlecht gelaunt aus der Wäsche wie der Partei-Vize aus dem hohen Norden. Und wenn er, wie gestern Abend bei „Hart aber fair“, direkt neben Bernd Lucke platziert wird, quillt ihm der Widerwillen gleichsam aus jeder Pore. Und tatsächlich - schon bald platzte dem Sozialdemokraten der Kragen. „Ich glaub’, wir sind hier beim Online-Shop“, blaffte Stegner Richtung Gastgeber Plasberg. Was war geschehen?
Der Moderator hatte ein Filmchen einspielen lassen, in dem gezeigt wurde, wie die die Eurofeinde von der AfD auf ihrer Internetseite Gold-Barren und –Münzen feilbieten – die Münzen natürlich mit dem Logo der D-Mark. „Wir sind die Partei mit dem Goldhandel“, flötete Lucke und strahlte über alle Backen. Die AfD verkaufe das Edelmetall sogar „viel günstiger als die Banken“, durfte er werbewirksam verkünden. Die goldige Aktion sei aber nicht nur gut für die Parteikassen, sondern natürlich auch eine „Botschaft für die, die Zweifel am Euro haben“.
SPD-Politiker Stegner platzte bei "Hart aber fair" der Kragen
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Kein Wunder also, dass SPD-Mann Stegner der krawattenfreie Kragen platzte. „Morgen geht er hin und verkauft Rheumadecken“, stichelte er gegen Lucke. „Das zeigt doch nur, dass Ihr Programm nichts taugt.“ Und das Kürzel AfD stehe für „Arbeitslosigkeit für Deutschland“. Angesichts des hitzigen Duells Lucke-Stegner geriet das eigentliche Thema der Runde beinahe in den Hintergrund. „Mini-Zinsen und Wackel-Euro – Macht uns die Krise arm?“ fragte Gastgeber Plasberg seine Diskutanten. Das Thema trifft ins Mark fast jeden Bürgers, die angesichts einer Zinsquote an der Nullgrenze ihr Erspartes dahinschmelzen sehen. Dass Häuslebauer und sonstige Kreditnehmer damit prima leben können, wird dann gern ausgeblendet.
Für Bernd Lucke ist es dagegen ein dankbares Thema – und er hat auch den Schuldigen für die Zinsmisere ausgemacht: Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, der die Zinsen auf immer niedrigere Niveaus treibt, um so die schwächelnde Wirtschaft in Europa anzukurbeln. Gleichzeitig profitieren Länder wie Italien und Spanien, weil sie sich billiger frisches Geld besorgen können. Draghi, der diesen Kurs vor zwei Jahren, auf dem Höhepunkt der Eurokrise, einschlug, gilt heute als Retter des Euros.
Ober-Populist Lucke war in seinem Element
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„Herr Draghi hat die Interessen der Südländer im Auge und richtet seine Politik danach aus“, wetterte dagegen Lucke gegen den Italiener an der Spitze der EZB. Und zwar „koste es was es wolle“. Die europäische Niedrigzinspolitik vernichte „gewaltige Vermögenswerte“ und sei eine „Enteignung des Sparers“. Ober-Populist Lucke in seinem Element: Scheinbar einfache Antworten auf komplizierte Sachverhalte, dazu ein klar definiertes Feindbild – so holt man sich den schnellen Applaus
Während die Journalistin Anja Kohl, die bei der ARD in der Rolle der vorabendlichen Börsenexpertin zu sehen ist, Lucke beisprang und dafür von CDU-Mann Ralph Brinkhaus als „Untergangs-Kassandra“ tituliert wurde, die „eine Angstsalve nach der anderen“ abfeuere, gingen besonnene Stimmen im Zins-Palaver nahezu unter. Wie etwa die von Michael Kemmer vom Bundesverband Deutscher Banken, der wie Brinkhaus auch die Vorteile der Niedrigzinspolitik betonte und mahnte: „Dies ist nicht der Untergang des Abendlandes.“ Aber da hörte Bernd Lucke schon längst nicht mehr zu. Vielleicht zählte er insgeheim schon seine Gewinne aus dem Goldgeschäft.