Essen. Trauriger Clown und leichtfüßiger Liebhaber: Im Aalto Theater ist eine unterhaltsam-pralle Tanzrevue über die Filmikone Charlie Chaplin zu sehen.
Der Tramp tanzt. Unverkennbar mit Spazierstock, Melone, zu kleiner Jacke und zu großen Schuhen ausgestattet bewegt sich Charlie Chaplin auf der Bühne des Aalto Theaters in Essen schwungvoll durch Stationen seines Lebens, seines Werkes und seiner Zeit. Das Choreografen-Duo Ben van Cauwenbergh und Armen Hakobyan widmet sich mit dem opulenten, poetisch-melancholischen Ballettabend „Smile“ der Filmikone Chaplin (1889-1977). Eine bildgewaltige Hommage an eine Hollywood-Legende und eine großartige Revue, die das Publikum bei der Premiere im ausverkauften Haus euphorisch bejubelte.
Mit Witz, Kraft und Eleganz
Ein Kind mit einem Blecheimer voller Licht schreitet zu Beginn die Stufen durch den Zuschauerraum hinunter zur Bühne. Der erste Aha-Effekt von vielen in dieser Produktion. „The Kid“ aus dem gleichnamigen Film wird den Tramp zum Leben erwecken und dann treu begleiten. Maya Palme verkörpert die Rolle des Kinderstars Jackie Coogan mit wunderbarer Präsenz und beachtlicher Professionalität.
Die Titelfigur tanzt und spielt Davit Jeyranyan, der aus einem Blumengrab aufersteht und sich dann faszinierend mit Witz, Kraft und Eleganz durch Chaplins Leben bewegt. Er überzeugt gleichermaßen als trauriger Clown, als leichtfüßiger Liebhaber in klassischen Pas-de-deux-Szenen (berührend mit Mariya Tyurina als blinde Frau oder Yuki Kishimoto als Anna Pawlowa) oder als komischer Slapstickheld im Kampf mit Moises Leon Noriega als reicher Mann.
Herrlich die Begegnung von Chaplin und Josephine Baker, mit Witz und Verve verrucht getanzt von Larissa Machado, in der Blue Moon Bar, wo das Ensemble noch einen flotten Charleston aufs Parkett legt.
Filme, Frauengeschichten, Träume und Lebenskämpfe
Den Rahmen für den nostalgischen Szenenreigen, der schlaglichtartig an Filme, Frauengeschichten, Träume und Lebenskämpfe Charlie Chaplins erinnert, bildet die Künstlergarderobe. Keine neue, aber doch sinnstiftende Idee. Der Mensch verwandelt sich am Schminktisch in die Kunstfigur, am Ende wird er genau hier die Maske wieder fallen lassen.
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Dazwischen liegt eine tänzerisch, musikalisch und optisch unterhaltsam-pralle Revue. Facettenreich die Bewegungssprache der ausgezeichneten Compagnie, in der sich klassische Tanzelemente, choreografiert von Ballettchef Ben van Cauwenbergh, mit dem eher zeitgenössischen, abstrakten Vokabular von Co-Choreograf Hakobyan ein spannendes Stelldichein geben. Mal wird federleicht auf Spitze getanzt oder perfekt die Pirouette gedreht, mal in Socken auf den Boden gestampft und die Faust geballt.
Unterstützt wird das Ensemble in einigen Szenen von talentierten Schülerinnen und Schülern des Fachbereichs Tanz am Gymnasium Essen-Werden, die mal als kleine Tramps, mal als Polizisten agieren.
Ein weiterer Star des Abends ist die Bühne von Dorin Gal, der auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet. Den Raum begrenzen nostalgisch anmutende schwarz-weiße Filmnegative. Die Bühne dominiert ein gigantischer, liegender Chaplin-Kopf, der sich ab und zu öffnet und aus waberndem Nebel heraus Figuren, Träume und Erinnerungen freigibt, der aber auch als Projektionsfläche für Filmsequenzen dient. Ein großartiger Hingucker.
Eine Filmszene aus „Der große Diktator“
Während manche Momente zum wehmütigen Lächeln einladen, startet der zweite Akt mit einem echten Lacherfolg, wenn vier athletisch-elegante Herren im Engelskostüm zu Bobby McFerrins „Don’t worry, be happy“ tanzen (William Emilio Castro Hechavarria, Ige Cornelis, Watara Shimizu, Enrico Vanroose). Es folgt ein moderner Höllentanz zu loderndem Feuer und „Way down in the Hole“ von Tom Waits.
Zu den intensivsten, weil bedrückend aktuellen Momenten gehört die eingespielte Szene aus „Der große Diktator“ (1940), in der Chaplin in seiner „Rede an die Menschheit“ gegen Hass, Gewalt und Kriege predigt.
Das Gros der Musik, darunter klassische Themen von Beethoven und Wagner, Filmmelodien von John Williams oder Klänge aus Chaplin-Filmen, kommt vom Band, allerdings begleitet Boris Gurevich punktgenau und aufmerksam am Klavier, vom Bühnenrand aus und im Trampkostüm.
Die titelgebende Musik „Smile“ aus dem Film „Modern Times“ (1936) beschließt den Abend: „Lächle, auch wenn Dein Herz schmerzt.“ Das Publikum freute sich über eine gelungene, bittersüße Hommage an Chaplin. Sehenswert!
>>> Die Termine im Essener Aalto-Theater <<<
Die nächste Vorstellung „Smile“ ist am Samstag, 29. April, 19 Uhr. Danach 18. Mai, 18 Uhr, 20. Mai, 19 Uhr, 29. Mai, 18 Uhr und 21. und 23. Juni, 19.30 Uhr.
Karten gibt es unter 0201 8122200. Alle Informationen unter www.theater-essen.de