Essen. Abschied und Neuanfang: Essener Aalto-Theater startet mit neuen Stücken und Personen in die Spielzeit. Was Oper und Ballett 2022/23 zeigen wollen
Abschied und Neuanfang: Die Spielzeit 2022/23 im Essener Aalto-Theater verbindet beides. Auf dem Programm steht, was der im Sommer an die Kölner Oper wechselnde Aalto-Intendant Hein Mulders noch geplant und künstlerisch zu verantworten hat. Auf die Bühne gebracht wird es von seiner Nachfolgerin Merle Fahrholz, die den Spielplan „mit vielen Regiehandschriften“ am Mittwoch im Aalto schon vorgestellt hat. Angesichts der zahlreichen, Corona-bedingten Ausfälle und Verschiebungen ist die kommende Spielzeit auch so etwas wie ein Post-Corona-Programm.
Die meisten Produktionen hätten schließlich schon in den vergangenen zwei Jahren herauskommen sollen und warten sehnlichst auf ihre Premieren. In Gänze fügt sich diese Mischung aus Mozart-Emotionen („Hochzeit des Figaro“) und Wagner-Gelüsten („Tannhäuser“) zu einem recht bekömmlichen Opern-Vielerlei, das viele Geschmäcker abdecken könnte.
Nach zwei Pandemie-Spielzeiten, die künstlerisch, aber vor allem wirtschaftlich für schwere Einbußen gesorgt haben, hofft man schließlich auf die zahlreiche Rückkehr des Publikum. Vor allem die Wiedereinführung der Abonnements soll ab dem Spätsommer für vollere Säle sorgen.
Auch das Publikum kann jetzt Teil einer Bühnen-Performance werden
Ganz neu ist die Einladung ans Publikum, selber Musiktheater mitzugestalten. Unter dem Titel „Aalto: StartUp“ und mit finanzieller Unterstützung aus dem „neue Wege“-Förderprogramm des Landes NRW können auch Laien gemeinsam mit semi-professionellen Musikerinnen und Musikern sowie Mitarbeitenden von Aalto und Essener Philharmonikern Oper machen. Die erste Premiere wird bereits im August 2022 gefeiert. „Aufbruch – A Merry Odyssey“ führt als musiktheatrales Performance-Projekt in die Backstage-Abteilung des Aalto-Theaters.
Auf der großen Aalto-Bühne beginnt die Saison mit einem Paukenschlag: Richard Wagners romantische Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“ ist ein Abend mit ganz großer Besetzung. Regisseur Paul-Georg Dittrich, zuletzt mit „Herzog Blaubarts Burg“ im Aalto vertreten, zeigt Tannhäuser als revolutionären Geist und Zeitreisenden, der nicht nur mehrere Jahrhunderte Kunstgeschichte vorbeiziehen lässt, sondern auch die altmodischen Rollenbilder entstauben und überkommende Mythen und Legenden entlarven soll.
Legendäre Renaissance-Fürstin und intrigante Giftmischerin: „Lucrezia Borgia“ ist eine wahrlich faszinierende Figur der Opernliteratur. Regisseur Ben Baur will das Melodramma von Gaetano Donizetti nach mehrfacher Verschiebung nun im kommenden November auf die Bühne bringen. Aalto-Bühnenpreisträgerin Jessica Muirhead wird die noble Besetzung für diese Belcanto-Feier sein.
In Verdis „Simon Boccanegra“ geht es – mittlerweile wieder durchaus zeitgemäß – um Umbrüche und das Verhältnis zwischen Volk und Machthabenden. Tatjana Gürbaca, die es mit ihrem Essener „Lohengrin“ 2017 bis in der Endausscheidung für den Theaterpreis „Faust“ geschafft hat, nimmt sich der Geschichte an.
Mit „Dogville“ hat der dänische Regisseur Lars von Trier vor fast 20 Jahren einen Ausnahmefilm gemacht, dessen Intensität bis heute nachklingt. Der Kompositionsauftrag des Aalto-Theaters ging an den aus Herne stammenden, mehrfach ausgezeichneten Komponisten Gordon Kampe, der seit zwei Jahren auf die Uraufführung wartet. Im März 2023 steht die musikalische Umsetzung des damals mit Nicole Kidman verfilmten Kinomeisterwerks in der Regie von David Hermann nun auf dem Programm. Es werde „kein veroperter Film werden“, versichert Kampe. „Ich habe versucht, eine kräftige Sänger-Oper zu schreiben.“
Die Premierenübersicht
Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, Premiere; 24. 9. 2022, Regie: Paul-Georg Dittrich, musik. Leitung: Tomáš Netopil .Giselle, Premiere 29. 10. 2022, Ballett nach Jean Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa.Lucrezia Borgia, Premiere: 26. 11. 2022, Regie: Ben Baur, mus. Leitung: Andrea Sanguineti Simon Boccanegra, Premiere: 28. 1. 2023, Regie: Tatjana Gürbaca, mus. Leitung: Friedrich Haider.Dogville, Uraufführung: 11. 3. 2023, Regie: David Hermann, musikalisch Leitung: Tomáš NetopilSmile, Choreografie von Ben Van Cauwenberg und Armen Hakobyan, 15. 4. 2023Hochzeit des Figaro, Premiere: 13. 5. 2023, Regie: Floris Visser, musik. Leitung: Tomáš Netopil
Ausklang und Abschied in doppeltem Sinne wird dann die Inszenierung der Mozart-Oper „Die Hochzeit des Figaro“ im Mai 2023 sein. Der Niederländer Floris Visser gibt damit in Essen sein Regie-Debüt. Für Generalmusikdirektor Tomáš Netopil wird es die letzte Essener Neuinszenierung nach zehnjähriger Amtszeit sein. Mozart stand dabei im Mittelpunkt, aber auch die Werke slawischer Komponisten. Vieles davon ist noch einmal in den von ihm geleiteten Sinfoniekonzerten der Spielzeit 2022/23 zu hören, deren detailliertes Programm wir in einer der kommenden Ausgaben vorstellen.
Das Aalto-Ballett huldigt dem großartigen Tramp – Charlie Chaplin
Endspurt auch für Ballet-Chef Ben Van Cauwenbergh, dessen Vertrag im Sommer 2024 auslaufen wird. In seiner vorletzten Spielzeit setzt Van Cauwenbergh noch einmal auf die bewährte Mixtur aus großem Klassiker und einem eher unterhaltsam ausgerichteten Tanzabend. Mit dem Handlungsballett „Giselle“ startet das Aalto-Ballett am 29. Oktober 2022 in die Saison. Nach einer eher modernen Interpretation sei es nun an der Zeit für die klassische Fassung von Jean Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa, erklärt Van Cauwenbergh.
Mit Melone, Spazierstock und dem unverkennbaren Gestus des tollpatschigen Tramps marschiert im April 2023 dann Charlie Chaplin auf die Bühne und sorgt unter dem Titel „Smile“ für ein Lächeln und einen Abend, der die unterschiedlichen Facetten des Multitalents in Szene setzt.
Der Abo-Verkauf startet bereits am 28. April. Einzeltickets sind ab dem 14. Mai zu haben: Ticket-Center, II. Hagen 2, Aalto-Theater, Opernplatz 10, telefonisch unter 0201-81 22-200 und online: tickets@theater-essen.de http://Mehr_Inhalte_aus_Essen{esc#233146165}[infobox]